Kartenbeschreibungen
Allgemeines
In den Karten wird für das Land Berlin die Temperaturverteilung im Untergrund für fünf unterschiedliche Tiefen für die Bezugshorizonte 20 m, 40 m, 60 m, 80 m und 100 m unter Gelände und die Durchschnittstemperaturen für die Tiefenbereiche 0 bis 50 m und 0 m bis 100 m dargestellt. Es muss beachtet werden, dass die dargestellten Ergebnisse zur Temperaturverteilung nicht als punktbezogene Information, sondern als Tendenz zu verstehen sind, da die Isothermenverläufe in Abhängigkeit von der vorhandenen Messstellendichte relativ große Unsicherheiten aufweisen können. Dabei gelten die durchgezogenen Isothermen als weitestgehend gesichert, während die gestrichelten Isothermen als „vermutet“ einzustufen sind.
Die Kartenangaben zur Temperaturverteilung sollten immer dann verwendet werden, wenn keine für den Standort und repräsentative Temperaturmessungen vorliegen. Es ist zu beachten, dass die Ergebnisse einer Temperaturmessung immer nur exakt für das aufgenommene Tiefenprofil gelten. Je nach Variabilität der Standortcharakteristik können schon wenige 100 m weiter andere Bedingungen vorherrschen, die zu einer Temperaturänderung im Untergrund führen. Ohne Berücksichtigung der Veränderungen kann dies bei einer Übertragung auch auf dicht benachbarte Standorte zu einer teilweise erheblichen Fehleinschätzung der Temperaturverhältnisse führen.
Temperaturen 20 m unter Geländeoberkante
Die aktuelle geothermische Karte (Messung 2015) weist für den Bezugshorizont 20 m unter Geländeoberkante (Karte 2.14.1) teilweise deutliche Unterschiede zu der vorhergehenden Kartenausgabe von 2014 auf (Messung aus dem Jahr 2012). Diese sind u. a. darauf zurückzuführen, dass wesentlich weniger Messstellen für die Ermittlung der Temperaturverteilung mit einbezogen worden sind und im Vergleich zur letzten Messung aus dem Jahr 2012 in der Ausgabe 2014 bei einzelnen Messstellen signifikante Temperaturänderungen zu registrieren war bzw. Messwertkorrekturen durchgeführt werden mussten.
Grundsätzlich ist jedoch anhand der aufgeführten Karten eine erste Abschätzung der Temperaturverhältnisse an einem Standort für die Nutzung von geothermischer Energie möglich.
Generell ist ein tendenzieller Temperaturanstieg vom Stadtrand zum Stadtzentrum hin zu beobachten. Der Temperaturverlauf im Nordosten zeigt einen kontinuierlichen Anstieg zum Stadtzentrum hin, während sich das übrige Stadtgebiet durch das Auftreten mehrerer kleinerer positiver und negativer Temperaturanomalien auszeichnet.
Das stark bebaute und versiegelte Stadtzentrum wird 20 m unter Geländeoberkante (Karte 02.14.1) von einer 12,5 °C – Isolinie eingeschlossen. Die im Stadtzentrum zu beobachtende Wärmeinsel mit Temperaturen von mehr als 12,5 °C wird durch den Großen Tiergarten, einer großen Grünfläche im Innenstadtbereich, durchbrochen. Innerhalb dieser Wärmeinsel sind Temperaturanomalien mit Temperaturen von mehr als 13,5 °C zu beobachten.
Außerhalb des Stadtzentrums korrelieren positive Temperaturanomalien ebenfalls mit hoch versiegelten Bereichen wie Nebenzentren und Industriegebieten.
Unterhalb der ausgedehnten Waldgebiete im Stadtrandbereich von Südosten, Norden, Nordwesten und Südwesten sowie im Bereich des Grunewalds liegen die Temperaturen im Bereich von weniger als 10,5 °C. Die bisher beobachteten Temperaturanomalien im Stadtgebiet mit weniger als 10,5 °C,, wie z. B. der Britzer Garten oder das Tempelhofer Feld, beides Flächen mit einem hohen Vegetationsanteil, treten in der aktuellen Karte nicht auf. Die Ursache ist u. a. in der deutlich geringeren Messstellendichte zu suchen. In diesem Fall wurden im Einzugsbereich beider Flächen keine Messdaten erhoben. Generell ergeben sich im dicht besiedelten Innenstadtbereich gegenüber dem Freiland Temperaturerhöhungen im Grundwasser von mehr als 4 K.
Temperaturen 40 m, 60 m, 80 m und 100 m unter Geländeoberkante
Die weiteren Karten (Karten 02.14.3 – 02.14.6) zeigen die Grundwassertemperaturverteilung für die Bezugshorizonte 40 m, 60 m, 80 m und 100 m unter Geländeoberkante im Land Berlin. In diesen Tiefen ist eine Beeinflussung durch die täglichen und jahreszeitlichen Temperaturschwankungen ausgeschlossen. Es können sich jedoch in diesen Tiefen langfristig anhaltende u. a. anthropogen verursachte Temperaturänderungen, die z. B. durch eine veränderte bauliche Entwicklung oder klimatische Veränderungen verursacht werden, bemerkbar machen.
Solche Temperaturanomalien sind insbesondere im Innenstadtbereich im Bezirk Mitte, aber auch an der südlichen Stadtgrenze in Berlin Lichterfelde am Teltowkanal mit einer langen baulichen bzw. intensiven industriellen Nutzung zu beobachten (Grundwassertemperaturverteilung für die Bezugshorizonte 80 m und 100 m).
Andere Temperaturanomalien wie z. B. im Südwesten von Berlin an der Grenze zu Potsdam, im nördlichen Grunewald im Bereich des Erdgasspeichers und in Lübars an der nördlichen Grenze von Berlin sind mit geologischen Strukturen im tieferen Untergrund verknüpft. Bei den benannten Temperaturanomalien ist ein Zusammenhang mit den im Großraum Berlin bekannten Salzkissenstrukturen im tiefen Untergrund zu vermuten.
Auch die in der Ausgabe 2014 dargestellten Temperaturanomalien im tieferen Untergrund mit mehr als 80 m unter Geländeoberkante wie z. B. im Gebiet Rudow/Altglienicke im Südosten Berlins, in den Ortsteilen Lichtenberg, Marzahn und Hellersdorf im Osten von Berlin treten in der aktuellen Karte nicht auf. Auch in diesen Gebieten ist die Ursache in den fehlenden Messdaten zu suchen. Die Temperaturaussagen in diesen Bereichen sind weiterhin mit relativ großen Unsicherheiten behaftet.
Durchschnittstemperatur 0 m bis 50 m und 0 m bis 100 m unter Geländeoberkante
In Ergänzung zu den Karten für die Grundwassertemperaturverteilung für die unterschiedlichen Bezugshorizonte sind zusätzlich zwei Karten für die Durchschnittstemperaturen in den Tiefenbereichen 0 m bis 50 m und 0 m bis 100 m erstellt worden. Die beiden Karten dienen u. a. als Hilfsmittel für die Abschätzung der spezifischen Leistung von Erdwärmesonden.
Die Karte für den Tiefenabschnitt 0 m bis 50 m zeigt, dass insbesondere der stark bebaute Innenstadtbereich Durchschnittstemperaturen von mehr als 11 °C aufweist. In den Außenbezirken liegen die Durchschnittstemperaturen bei ca. 10 °C bzw. in den unbebauten Randbereichen bei ca. 9 °C.
Für den Tiefenabschnitt 0 m bis 100 m ist der Bereich mit Durchschnittstemperaturen von ca. 12 °C deutlich größer als im Tiefenabschnitt 0 m bis 50 m und umfasst den Innenstadtbereich und die unmittelbar angrenzenden städtischen Gebiete. In den Außenbezirken und Randbereichen von Berlin liegen die Durchschnittstemperaturen zwischen 10 °C und 11 °C.
Im Zusammenhang mit den beiden Karten wird darauf hingewiesen, dass aufgrund der lokalklimatischen Verhältnisse und der vorhandenen Messstellendichte die ausgewiesenen Durchschnitttemperaturen kleinräumig abweichen können. So ist in Gebieten mit hohen Grünflächenanteilen eine niedrigere Durchschnittstemperatur möglich, in stark industrialisierten Gebieten mit einer hohen Oberflächenversiegelung können auch höhere Durchschnittstemperaturen auftreten.
Zusammenfassung
Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich im dicht besiedelten Innenstadtbereich gegenüber dem Freiland Temperaturerhöhungen im Grundwasser von mehr als 4 K ergeben können und dieses somit deutlich erwärmt ist. Es besteht ein eindeutiger Zusammenhang mit den stadtklimatischen Verhältnissen an der Oberfläche. Dies belegen auch die Ergebnisse der regelmäßigen Untersuchungen an ausgewählten Spezial-Temperaturmessstellen in unterschiedlichen stadtstrukturellen Lagen.
Allgemein zeigt die oberflächennahe Grundwassertemperaturverteilung im Land Berlin einen Zusammenhang mit der Verteilung von Industrieansiedlungen, größeren Baukörpern, Abwärmeproduzenten, Oberflächenversiegelung, Freiflächen und anthropogen erwärmter Oberflächengewässer (s. a. Henning, 1990). Unter Berücksichtigung des Grundwasserströmungsfeldes kann davon ausgegangen werden, dass diese Faktoren einen wesentlichen Einfluss auf die Veränderung der Grundwassertemperatur haben. Da es in der Stadt in der Regel zu einer Überschneidung dieser Faktoren kommt, überlagern sich die Einflussgrößen gegenseitig.
Auf Grundlage von Daten aus Langzeituntersuchungen kann gezeigt werden, dass aufgrund der fortschreitenden baulichen Entwicklung aber auch der allgemeinen klimatischen Veränderungen von einer weiteren tief greifenden Erwärmung des oberflächennahen (kleiner 20 m Tiefe) als auch des tieferen Untergrundes (bis 100 m Tiefe) und somit auch des Grundwassers auszugehen ist.