Zu erwartender mittlerer höchster Grundwasserstand (zeMHGW) 2016

Methode

Für die beiden Gebiete Urstromtal und Panketal wurden unterschiedliche Methoden für die Berechnung des zeMHGW angewandt.

Urstromtal

Für das Gebiet des Berliner Urstromtals ist die zeMHGW-Karte mit Hilfe eines numerischen Grundwasserströmungsmodells berechnet worden. Das war deshalb erforderlich, weil wegen der langen z.T. starken anthropogenen Beeinflussung der Grundwasseroberfläche die Berechnung einer solchen Karte nur auf der Grundlage gemessener und daraus berechneter mittlerer Grundwasserstände im Sinne der o.g. zeMHGW-Definition nicht möglich ist.

Die Grundlage für das zeMHGW-Modell bildet das Modell, mit dem bereits die Karte des zu erwartenden höchsten Grundwasserstands (zeHGW) entwickelt worden ist. Dieses Modell ist in Limberg, Hörmann & Verleger (2010) beschrieben und wird hier zusammengefasst:

Das numerische Modell, für das das Programmsystem MODFLOW verwendet wurde, ist so angelegt, dass es die gesamte Fläche Berlins umfasst (Abbildung 4).

Abb. 4: Bereich des Grundwasserströmungsmodells zur Entwicklung der zeHGW-Karte und der zeMHGW-Karte für das Berliner Urstromtal

Abb. 4: Bereich des Grundwasserströmungsmodells zur Entwicklung der zeHGW-Karte und der zeMHGW-Karte für das Berliner Urstromtal

Das Gebiet des Berliner Urstromtals ist vertikal in mehrere Modellschichten unterteilt, von denen die oberste für den – hier im Regelfall ungespannten – Hauptgrundwasserleiter steht, dessen zeMHGW berechnet werden soll (s. Abbildung 5).

Abb. 5: Nord-Süd-Schnitt mit vertikaler Diskretisierung des numerischen Grundwasserströmungsmodells

Horizontal ist das Modell in Rechteckzellen unterteilt. Die Zellgröße variiert zwischen 50 × 50 und 100 × 100 Meter.

Dieses Strömungsmodell ist durch hydraulisch stationäre Berechnungen kalibriert und verifiziert worden. Hierzu wurden im Jahr 2004 (Kalibrierung) und 2001 (Verifizierung) gemessene Grundwasserstände benutzt. Mit Hilfe gemessener höchster Grundwasserstände ist das darauf fußende zeHGW-Modell mit sehr gutem Erfolg plausibilisiert worden (vgl. auch Beschreibung der zeHGW-Karte).

Zur rechnerischen Simulation des zeMHGW sind gegenüber der des zeHGW die Randbedingungen Grundwasserneubildung und Spiegelhöhen der Vorflutgewässer (Spree, Havel und ihre Nebengewässer) verändert worden. Entsprechend der Zielstellung sind als Spiegelhöhen mittlere höchste Wasserstände (MHW) vorgegeben worden. Zur Ermittlung der MHW wurde die Zeitreihen 1960 bis 2009 verwendet. Die langjährige mittlere Grundwasserneubildung und ihre örtliche Verteilung im stark urban geprägten Berliner Stadtgebiet sind trotz aufwändiger Ermittlungsverfahren nicht bis ins letzte Detail bekannt. Von derjenigen, die zusammen mit den Vorflutspiegeln den mittleren höchsten Grundwasserstand hervorruft, kann lediglich gesagt werden, dass sie kleiner als diejenige im Fall des höchsten Grundwasserstandes sein muss. Deshalb sind Berechnungen mit unterschiedlich verminderter Grundwasserneubildung durchgeführt worden. Ziel war hierbei eine möglichst gute Anpassung an mittlere höchste Grundwasserstände, die aus Standrohrspiegelhöhen von Grundwassermessstellen berechnet worden sind, die durch Grundwasserentnahmen oder –einleitungen möglichst nicht beeinflusst sind.

Aus mehreren tausend Ganglinien von vorhandenen und auch heute nicht mehr existierenden Grundwassermessstellen, über die bis 2010 bei der Landesgeologie Daten vorlagen, wurden in mehreren Schritten 103 geeignete herausgefiltert. Es handelt sich um Ganglinien, die folgende Kriterien erfüllen:

  • Filterstrecke der Grundwassermessstellen im Hauptgrundwasserleiter;
  • Erfassung des Grundwasserstandes mindestens in den letzten zehn Jahren vor 2010;
  • keine Messlücken von über einem halben Jahr in dem Zeitraum, für den der mittlere höchste Grundwasserstand berechnet wird;
  • keine erkennbaren unnatürlich großen Schwankungen im betrachteten Zeitraum.

Die Lage der Grundwassermessstellen, deren MHGW-Werte als Zielwerte bei der Modellierung benutzt wurden, ist in der Abbildung 6 dargestellt. Allen Modellrechnungen ist gemäß der zeMHGW- wie der zeHGW-Definition – gemein, dass weder Grundwasserentnahmen noch -einleitungen stattfinden.

Abb. 6: Lage der 103 zur zeMHGW-Modellanpassung benutzten Grundwassermessstellen

Abb. 6: Lage der 103 zur zeMHGW-Modellanpassung benutzten Grundwassermessstellen

Die Grundwasseroberfläche der Berechnungsvariante mit der besten Anpassung an diese Zielwerte entspricht der zeMHGW-Karte. Als Beispiel ist in der Abbildung 7 die Ganglinie einer Grundwassermessstelle mit dem MHGW für den Zeitraum 1998 bis 2015 und dem modellberechneten zeMHGW wiedergegeben. Hier liegt der zeMHGW 0,13 m über dem MHGW.

Abb. 7: Ganglinie der Grundwassermessstelle 214 mit eingetragenem mittlerem höchsten Grundwasserstand (MHGW) für den Zeitabschnitt 1998 bis 2015 und modelliertem zu erwartenden höchsten Grundwasserstand (zeMHGW)

Abb. 7: Ganglinie der Grundwassermessstelle 214 mit eingetragenem mittlerem höchsten Grundwasserstand (MHGW) für den Zeitabschnitt 1998 bis 2015 und modelliertem zu erwartenden höchsten Grundwasserstand (zeMHGW)

Im Jahr 2014 erfolgte eine Aktualisierung des Grundwasserströmungsmodells für den zeMHGW, da partielle Überarbeitungen im östlichen Bereich des zeHGW-Modells durchgeführt wurden. Somit sind auch Messreihen bis 2014 berücksichtigt.

Panketal

Als Basis für die Entwicklung der Karte des zu erwartenden mittleren höchsten Grundwasserstands (zeMHGW) im Bereich des Panketals und seines Übergangs zum Urstromtal stand keine zeHGW-Karte zur Verfügung, die mit einem geeigneten Grundwasserströmungsmodell berechnet worden war. Die zeHGW-Karte ist hier aus mit Zuschlägen versehenen HGW-Werten von insgesamt 105 Grundwassermessstellen, die Messreihen bis 2014 aufweisen, unter Benutzung des Programms SURFER berechnet worden (vgl. Erläuterung zur zeHGW-Karte).

Um auszuschließen, dass die zeMHGW-Karte keine Widersprüche zur zeHGW-Karte aufweist (Definitionsbedingt muss der zeMHGW überall unter dem zeHGW liegen.), ist die Karte des zu erwartenden mittleren Grundwasserstands in analoger Weise angefertigt worden. Als Stützpunkte dienten dieselben Grundwassermessstellen wie für die zeHGW-Karte.

Das methodische Vorgehen bei der Entwicklung der zeMHGW-Karte gliedert sich in folgende Schritte:

  • Ganglinienanalyse,
  • statistische Auswertungen der Grundwasserstände,
  • Festlegung der zeMHGW-Werte für 105 Grundwassermessstellen,
  • Berechnung der zeMHGW-Verteilung und Kartendarstellung.

Die Ganglinienanalyse ergab, dass die Grundwasserstände vor 1990 zum großen Teil zu stark künstlich beeinflusst sind, als dass ein MHGW, bei dessen Berechnung auch diese Daten berücksichtigt werden, als zu erwartender mittlerer höchster Grundwasserstand angesehen werden kann. Auch bei der zeHGW-Karte sind die Daten vor 1990 aus Gründen der starken Beeinflussung nicht berücksichtigt worden. Ferner lassen die Ganglinien ab Anfang der 2000er Jahre tendenziell höhere Grundwasserstände erkennen als in den 1990er Jahren, was auch statistisch belegt werden kann.

Die Abbildung 8 zeigt als Beispiel die Ganglinie der Grundwassermessstelle Nr. 293 mit den MHGW-Werten für den gesamten betrachteten Zeitraum von 1990 bis 2014 (MHGW90-14), für den von 1990 bis 2001 (MHGW90-01) und den von 2002 bis 2014 (MHGW02-14). Typisch ist, dass der MHGW für den Zeitraum von 2002 bis 2014 deutlich höher ist als der für den Zeitraum von 1990 bis 2001 und ferner, dass der Gang des Grundwasserstands durch meist tägliche Messungen besser belegt ist. Aus diesen Gründen wurden für die Berechnung der zeMHGW-Karte nur die MHGW-Werte des Zeitraums 2002 bis 2014 verwendet.

Abb. 8: Ganglinie der Grundwassermessstelle Nr. 293 mit den MHGW-Werten für die Zeiträume 1990 bis 2014 (schwarz), 1990 bis 2001 (grün) und 2002 bis 2014 (rot)

Abb. 8: Ganglinie der Grundwassermessstelle Nr. 293 mit den MHGW-Werten für die Zeiträume 1990 bis 2014 (schwarz), 1990 bis 2001 (grün) und 2002 bis 2014 (rot)

Von den insgesamt 105 Grundwassermessstellen, auf denen die Karte des zu erwartenden höchsten Grundwasserstands beruht, existierten bis 2014 noch 67. Das heißt, für 38 Messstellen liegen keine oder nicht hinreichende Grundwasserstandsdaten vor, um daraus den benötigten MHGW für den Zeitraum 2002 bis 2014 berechnen zu können, aber wohl für den Zeitraum 1990 bis 2001, zumindest mit einigen Einschränkungen (z.B. geringere Messhäufigkeit). Um ein genauso dichtes Stützstellennetz wie für die zeHGW-Karte zu erhalten, sind die MHGW dieser 38 Messstellen für den Zeitraum 2002 bis 2014 geschätzt worden. Mit Hilfe von Korrelationsanalysen zwischen verschiedenen aus den Ganglinien gewonnenen Größen wurde eine signifikante Beziehung zwischen dem zeMHGW für den Zeitraum 2002 bis 2014 (zeMHGW 02-14), dem Mittelwert der Messwerte zwischen 1990 und 2001 (MGW 90-01) und der Standardabweichung der Messwerte zwischen 1990 und 2001 (s 90-01) gefunden.

Unter Berücksichtigung eines gewählten Zuschlags von 20 cm, der den in diesem Verfahren liegenden Unsicherheiten Rechnung tragen soll, ergibt sich folgende Formel zur Berechnung des gesuchten zeMHGW 02-14:

zeMHGW 02-14 = 2,43 * s 90-01 + 0,13 + MGW 90-01

mit

zeMHGW 02-14 :gesuchter zu erwartender mittlerer höchster Grundwasserstand

s 90-01 :Standardabweichung der Messwerte zwischen 1990 und 2001

MGW 90-01 :Mittelwert der Messwerte zwischen 1990 und 2001

Nach dieser Methode sind die MHGW-Werte für die o.g. 38 Grundwassermessstellen rechnerisch geschätzt worden. Damit liegen, wie angestrebt, MHGW-Werte für 105 Messstellen vor.

Auf der Grundlage dieser 105 MHGW-Werte und weiteren 15 Stützpunkten, die an der Grenze zur zeMHGW-Karte für das Urstromtal vorgegeben wurden, um einen widerspruchsfreien Anschluss zu dieser Karte zu gewährleisten, ist die Verteilung des zeMHGW ohne Berücksichtigung der Oberflächengewässer mit Hilfe des Programmsystems Surfer berechnet und ebenso wie für das Urstromtal in Form von Linien gleichen zeMHGW dargestellt worden. Die Berechnungsmethode ist dieselbe, wie sie bei der aktuellen Grundwassergleichenkarte (Hannappel, Hörmann & Limberg 2007) benutzt wird.

Flurabstand

Für das Urstromtal und das Panketal wurde nachfolgend im Jahr 2020 auf der Grundlage der mit unterschiedlichen Vorgehensweisen berechneten Ergebnisse des zeMHGW der Flurabstand mit Hilfe der jeweiligen Grids ermittelt.

Aus den Grids wurde zur besseren Anpassung des Ergebnisses die Methode der Dreiecksnetzberechnung angewendet, um eine einheitliche Grundwasseroberfläche zu erhalten. Aus den Werten der Geländehöhe und der Grundwasseroberfläche wurde dann durch Differenzenbildung der jeweilige Wert des Flurabstandes in einer Rasterweite von 2 m ermittelt.

Der Flurabstand des zeMHGW wurde in 12 Abstandsklassen eingeteilt und als Schichtstufenkarte dargestellt. Um differenziertere Aussagen insbesondere für die flurnahen Bereiche zu ermöglichen, wurden bis zu einer Tiefe von 3 m unter Geländeoberkante (GOK) eine kleinteilige Klasseneinteilung gewählt.