Elektrische Leitfähigkeit
Die Konzentrationsintervalle der Leitfähigkeit sind an den Perzentilen des Senatsmessnetzes innerhalb des “oberen Grundwasserleiters” GWL 2 orientiert. Nach Schleyer & Kerndorff (1992) werden Konzentrationen oberhalb von 840 µS/cm als “anthropogen beeinflusst”, nach Kunkel et al. (2003) bis etwa 1000 µS/cm als “natürlich” bewertet.
In Brandenburg wurden im Rahmen der landesweiten Bewertung des Datenbestandes aus den hydrogeologischen Erkundungen (LUA 1996; der gleiche Datenbestand, der im Umland innerhalb des Blattschnittes Verwendung fand) Konzentrationsspannen bis etwa 500 µS/cm als “Hintergrundwerte” interpretiert. Allerdings zeigt sich anhand der aktuellen Bewertung des Grundwasserzustandes in Brandenburg (LUA 2002), dass mittlerweile die Leitfähigkeiten bei den fünf Messstellen, die im unmittelbaren Umland von Berlin beobachtet werden, in Konzentrationsbereiche von 1000 µS/cm und höher angestiegen sind. In Berlin wurden Werte von 600 bis 1200 µS/cm als “typisch” interpretiert (Fugro & Hydor 2002).
Diese Tendenz zeigt sich auch anhand der berechneten flächenhaften Übersichten sehr deutlich. Konzentrationen im Bereich von 500 µS/cm und niedriger finden sich im Stadtgebiet nur in den überwiegend bewaldeten Außengebieten (im Tegeler und Spandauer Forst sowie südlich des Müggelsees, jedoch nicht im Grunewald). Im Umland nehmen diese Bereiche größere Anteile ein. Vor allem im Nordosten der Stadt erscheint dies auch heute noch plausibel, so liegt z. B. der Messwert an der Messstelle Zepernick auch im Jahre 2000 noch unterhalb von 1000 µS/cm.
Innerhalb der Stadt ist eine steigende Tendenz der Leitfähigkeiten des Grundwassers von den Außenbereichen in Richtung auf die Innenstadt erkennbar. Während in Bereichen mit gespanntem Grundwasser (unter Geschiebemergel auf dem Barnim bzw. dem Teltow) keine signifikant niedrigeren Leitfähigkeiten gegenüber den ungespannten Bereichen erkennbar sind (auch die Lage der Rieselfelder zeigen keinen eindeutigen Einfluss), konzentrieren sich die Gebiete mit den deutlich erhöhten Leitfähigkeiten (oberhalb von 1500 µS/cm) auf die dicht bebauten Flächen in den Ortsteilen Mitte (der Bereich um den Nordbahnhof), Prenzlauer Berg (das Gebiet um die Landsberger Allee / Storkower Straße), Kreuzberg (Gleisdreieck / Yorckbrücken) und Schöneberg bzw. Wilmersdorf (Volkspark). Hier deuten sich jeweils auch Bezüge zu ausgewiesenen Altlastverdachtsflächen an. Als weiterer Bereich, der auch bei vielen anderen Parametern erhöhte Gehalte zeigt, sei das Industriegebiet in Wilhelmsruh entlang der S-Bahnstrecke mit ebenfalls vielen altlastbezogenen und belasteten Messstellen genannt.
Gebiete mit Grenzwertüberschreitungen hingegen treten bei der Leitfähigkeit nur sehr untergeordnet und isoliert in den Kerngebieten der genannten Bereiche auf.
Eine Sonderstellung nimmt der Bereich in Spandau um den Hahneberg mit der größten Fläche oberhalb des Grenzwertes ein. Dieses Gebiet zeigt auch bei fast allen übrigen Parametern hohe bis sehr hohe Konzentrationen und muss als eindeutig beeinträchtigt bezeichnet werden. Der als Trümmerberg entstandene Hahneberg ist auch gleichzeitig als Altlastverdachtsfläche ausgewiesen. In seiner Umgebung existieren zudem eine Reihe von Grundwassermessstellen des Deponieprogramms, die alle deutlich erhöhte Konzentrationen aufweisen. Bei der Berechnung entstehen Flächen, die bei vielen Parametern mit solchen in der Umgebung des nordöstlich gelegenen Industriegebietes um den Brunsbütteler Damm in Verbindung stehen.
Leitfähigkeiten zwischen 1000 und 1500 µS/cm (gelbe Flächen) hingegen verteilen sich relativ diffus innerhalb der Stadt (auch in locker bebauten Gebieten) und können als aktuelles “Hintergrundrauschen” bezeichnet werden.
Chloride
Chlorid ist geochemisch äußerst mobil und verhält sich dementsprechend im Grundwasser fast wie ein idealer Tracer, d.h. in durchlässigen Gesteinen wird es zumeist nicht zurückgehalten. Quellen von Chlorid für erhöhte Konzentrationen im Grundwasser können Feuchtsalze sein, die im Rahmen des Winterdienstes der Berliner Stadtreinigung (BSR) auf Straßen eingesetzt werden. Dies wird jedoch in Berlin seit einigen Jahren nur noch in sehr geringem Maß und überwiegend auf Straßen mit Regenwasserkanalisation vorgenommen. Stark erhöhte Chloridgehalte im Grundwasser, die nicht geogen durch aufsteigende Tiefenwässer bedingt sind, können auch als Indikatoren für punktuelle Abwassereinleitungen oder für Belastungen aus Deponien gewertet werden. In der Fachliteratur (Schleyer & Kerndorff 1992) werden Konzentrationen oberhalb von 80 mg/l im Grundwasser Norddeutschlands als “anthropogen beeinflusst” bewertet. Untersuchungen der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) bezeichnen Konzentrationen bis 66 mg/l als “natürlich”.
In Brandenburg wurden Werte bis 50 mg/l als Hintergrund angegeben, in Berlin gelten Werte von 14 bis 95 mg/l als “typisch” (Fugro & Hydor 2002) für den oberen Grundwasserleiter (nur GWL 2), Brose & Brühl (1993) nennen 9 bis 69 mg/l als charakteristisch für Waldstandorte in Berlin. Durch glaziale Erosion des Rupeltons ist in einigen Bereichen Berlins ein hydraulischer Kontakt zum tiefer liegenden Salzwasserstockwerk gegeben. Grundsätzlich kann ein Aufstieg von salinar beeinflusstem Grundwasser durch anthropogene Einflüsse (Druckentlastungen durch Grundwasserförderungen oberhalb des Rupeltones) verstärkt werden. Dieses Problem ist im Berliner Raum durch die intensive Nutzung des Grundwassers (Trinkwasserversorgung, Eigenwasserversorgungsanlagen, Absenkung durch Baumaßnahmen) standortspezifisch von besonderer Bedeutung.
Die Möglichkeit höherer Konzentrationen in oberflächennahen Grundwasserleitern aufgrund geogener Versalzungen sind in der Stadt eng begrenzt; z.B. ein Gebiet im nördlichen Neukölln oder der Hauptgrundwasserleiter (GWL 2) im Gebiet des Schmöckwitzer Werders. Dies konnte mit den vorliegenden Daten leider nicht bestätigt werden, da hier keine Messstellen zur Verfügung stehen. In einigen Fassungsbereichen der Berliner Wasserbetriebe (Wasserwerk Friedrichshagen, Beelitzhof) sind lokale Salzeinflüsse in einigen Brunnen bekannt. Durch angepasste Förderstrategien wird in den Problembereichen diesen Einflüssen entgegengesteuert. Von einem flächendeckenden Problem kann derzeit nicht ausgegangen werden. Neben der laufenden Überwachung der Fassungsbereiche der Fördergalerien durch die Berliner Wasserbetriebe, wird derzeit durch die Erweiterung des Berliner Basismessnetzes um tiefere Messstellen das Problem potenziell zunehmend salinarer Aufstiege durch mögliche Klimaänderungen (Druckentlastung durch geringere Grundwasserneubildungen) künftig auch flächendeckend überwacht.
Konzentrationen unterhalb von 50 mg/l finden sich in der Stadt fast ausschließlich in den bewaldeten Außenbereichen. Auch in Brandenburg überwiegen Konzentrationen unter 50 mg/l im unmittelbaren Umland. Jedoch finden sich auch Gebiete südlich der Stadt, wo die Konzentrationen großflächig höher als 50 mg/l liegen, hier deutet sich ein Bezug zu den zumeist bis 1990 betriebenen Rieselfeldern an.
Innerhalb der Stadt zeigen die Flächen mit erhöhten Chloridgehalten unmittelbaren Bezug zu denjenigen mit erhöhten Leitfähigkeiten. Jedoch sind Bereiche mit deutlich erhöhten Gehalten oberhalb von 100 mg/l kleinräumiger ausgeprägt. Lediglich in Spandau (Hahneberg) sowie in Mitte (Nordbahnhof) und Prenzlauer Berg finden sich hier einige dieser Gebiete. Nur eine Fläche wurde mit Gehalten oberhalb des Schwellenwertes von 250 mg/l ausgewiesen (nordwestlich des Hahnebergs liegt eine Messstelle mit 480 mg/l). Angesichts dieses Ergebnisses kann bei Chlorid nicht von einer signifikant hohen flächenhaften Belastung des Berliner Grundwassers aufgrund diffuser Schadstoffquellen gesprochen werden.
Sulfat
Sulfat ist ein gut wasserlöslicher Gesteinsbestandteil und wird relativ schnell ausgewaschen. Derzeitige anthropogene Sulfateinträge in den Boden und das Grundwasser sind sehr hoch und vielfältiger Art. In Brandenburg gelten Konzentrationen bis etwa 100 mg/l als Hintergrundgehalte und auch die Untersuchungen von Schleyer & Kerndorff (1992) kommen zu ähnlichen Ergebnissen (100 bis 150 mg/l). Kunkel u.a. (2003) geben Gehalte bis etwa 200 mg/l an.
In Berlin hingegen wurden in jüngerer Vergangenheit unter Waldstandorten bereits Gehalte bis in die Größenordnung des aus der TrinkwV abgeleiteten Schwellenwertes als typisch befunden (240 mg/l). Kabelitz (1990) beschreibt Konzentrationen bis zu 1200 mg/l in jungpleistozänen Grundwasserleitern Berlins. Für den Bestandsniederschlag eines Kiefernbestandes um den Grunewald geben Renger u.a. (1989) für den Zeitraum 1986 bis 1989 hingegen nur Sulfatwerte von 5 bis 42 mg/l an. Ursache für die deutlich erhöhten Sulfatkonzentrationen im Berliner Grundwasser ist primär der großflächig über die Stadt verteilte Bau- und Trümmerschutt des 2. Weltkrieges (SenStadtUm 1986); untergeordnet wird auch der Einfluss häuslicher Abwässer genannt (Wurl 1995). Charakteristisch für die meist gipshaltigen Ablagerungen ist, dass sie mehr oder weniger diffus verstreut über die gesamte Stadt verteilt sind. So sind die Bauschuttdeponien Berlins an der Nahtstelle zwischen diffuser und punktueller Eintragsquelle einzuordnen. Vielmehr wurden auch sehr viele kleine (natürliche und künstliche) Hohlräume dazu verwendet, den in großen Mengen vorhandenen Schutt abzulagern.
Der Einfluss dieser Ablagerungen soll anhand eines Beispieles verdeutlicht werden: Siebert (1956) kommt zu dem Ergebnis, dass die riesigen ab 1949/50 angefahrenen Trümmerschuttmassen im Bereich des Teufelsberges im Grunewald Mitte der 50er Jahre noch keinen Einfluss auf die Grundwasserbeschaffenheit hatten. Eine direkt im westlichen Abstrom des Teufelsberges gelegene Grundwassermessstelle wies damals einen Sulfatgehalt im Bereich von etwa 50 mg/l auf. Im Rahmen des Hydrogeologischen Strukturmodells für das Wasserwerk Tiefwerder (GCI & AKS 1998) hingegen wird darauf verwiesen, dass in der gleichen Messstelle der Sulfatgehalt mittlerweile auf über 400 mg/l angestiegen ist.
Sulfatgehalte unterhalb von 100 mg/l finden sich im Stadtgebiet mit Ausnahme kleiner bewaldeter Areale im Nordwesten sowie im Südosten nicht mehr. Auch südlich und westlich der Stadt liegen die Sulfatwerte in Brandenburg zumeist oberhalb von 100 mg/l. Innerhalb des gesamten Innenstadtbereiches liegen die Werte oberhalb von 180 mg/l; kleinräumige Ausnahmen finden sich entlang der innerstädtischen Spree (z. B. mit einem mittleren Sulfatwert von 114 mg/l). Räumliche Bezüge zu Bauschuttdeponien sind an vielen Stellen erkennbar (Wilhelmsruh, Spandau, Teufelsberg). Die höchsten Sulfatgehalte (oberhalb von 360 mg/l) finden sich flächenhaft in den dicht bebauten Innenstadtgebieten. Hiervon betroffen ist z. B. ein ca. 30 km2 großes Gebiet beiderseits des Unterlaufes der Panke nach Osten bis nach Friedrichshain. Die Sulfatgehalte reichen hier punktuell bis oberhalb von 800 mg/l (z.B. an der Eberswalder Straße südlich des Jahn-Sportparkes mit einem Mittelwert von 872 mg/l). Bei der Berechnung der Verweilzeiten des Sickerwassers (BTU 2003) wurden hier, am Südrand des Barnims, Zeiträume von weniger als 50 Jahren ermittelt, so dass das Eintragsszenario aufgrund des Stoffinputs der Ablagerungen nach dem zweiten Weltkrieg plausibel erscheint.
Ein Sonderfall sind jedoch die ebenfalls extrem hohen Sulfatgehalte im südwestlichen Grunewald entlang des östlichen Havelufers. Auch hier liegen die Werte bis zu 900 mg/l (mit 872 mg/l an der Havelchaussee oder mit 922 mg/l in den Havelbergen). Trümmer- und Bauschuttablagerungen kommen hier zumindest bei der letztgenannten Messstelle als Ursache kaum in Frage. In Fugro & Hydor (2002) wurde als Ursache solch hoher Gehalte Grundwasserabsenkung in Folge von Entnahmen der Brunnen des WW Beelitzhof genannt. Diese könnte zur Belüftung ehemals gesättigter Bereiche und damit zur Oxidation von dispers im Sediment verteilten sulfidischen Schwefels führen. Auch Sommer von Jarmersted (1992) führt dies als Erklärung für die extrem hohen Sulfatgehalte dieser Messstellen auf. Das Schichtenverzeichnis einer der Messstellen weist zudem direkt oberhalb des Filters in 19-25 Meter unter Gelände Lagen von eemwarmzeitlichen Faulschlämmen auf, welche eine zusätzliche Quelle für den sulfidischen Schwefel sein könnten.
Um diese Hypothese zu überprüfen, zeigt die nachfolgenden Abbildungen die Ganglinien der Grundwasserstände der Messstellen 1172 und 1276. Die Geländehöhen liegen bei der Messstelle 1172 bei etwa 40 m, bei der Messstelle 1276 bei etwa 49 m. Es handelt es sich also beide Male um Flurabstände im Bereich von 10 bis 20 Meter. Deutlich zu erkennen sind drastische Schwankungen der (hier freien) Grundwasseroberfläche mit Gesamtamplituden bis zu 5 Meter. Diese können nicht durch natürliche Ursachen erklärt werden. Bei beiden Messstellen ist bis etwa Ende der siebziger Jahre ein deutlicher Rückgang der Grundwasserstände zu erkennen, der nur durch erhöhte Wasserwerksförderungen erklärt werden kann. Ob die extrem hohen Sulfatgehalte jedoch tatsächlich durch Pyritoxidation erklärt werden können, kann nur nach hydrogeochemischen Bilanzierungen der Inhaltsstoffe der hier auch sehr harten, nicht sauren Grundwässer geklärt werden. Weitere Ursachen sind zu prüfen.