Gründächer 2016

Methode

Die entwickelte Methode zur Gründacherfassung mit den vorhandenen Datengrundlagen besteht aus zwei Arbeitsschritten:

  • der automatisierten Vorkartierung, einschließlich der Referenzflächenermittlung sowie
  • der Prüfung und Verbesserung der Vorkartierungsergebnisse mittels Luftbildinterpretation (visuelle Nachkartierung).

Das folgende Schema zeigt den Verfahrensablauf im Detail. Eine entsprechend detaillierte Beschreibung des Verfahrens findet sich im Abschlussbericht (Coenradie & Haag 2016a).

Abb. 1: Verfahrensschema - Erfassung des Gründachbestands des Landes Berlin

Abb. 1: Verfahrensschema - Erfassung des Gründachbestands des Landes Berlin

Automatisierte Vorkartierung

Im Rahmen der automatisierten Vorkartierung sollte innerhalb der Gebäudeumrisse die Objektklasse „Vegetation“ möglichst genau erfasst werden. Als geeignete Vorgehensweise erwies sich eine Kombination aus einer spektralen Klassifizierung der Orthophotos unter Nutzung des Normalized Difference Vegetation Index (NDVI) und einer unüberwachten Klassifizierung sowie einer regelbasierten Klassifizierung mit der Einbindung von Fachplanungs- und Geodaten. Die Gebäude- und Tiefgaragenumrisse bildeten die Analysefläche, d.h. es wurde nur innerhalb dieser nach Vegetation gesucht. Gebäude, die nicht in den Datengrundlagen (ALKIS, NOT-ALK) vorhanden waren, wurden nicht analysiert.

Der NDVI ist ein synthetischer Kanal, der Informationen aus dem Nahen Infrarot (NIR-Kanal) und dem roten Spektralbereich (Rot-Kanal) miteinander kombiniert, wodurch Vegetationsflächen besonders hervorgehoben werden. In zahlreichen Untersuchungen hat sich dieser Zusatzkanal zur Differenzierung von vegetationsbedeckten und vegetationslosen Oberflächen sowie zur Klassifizierung von Versiegelungsgraden bewährt (Coenradie et al. 2007, Coenradie & Haag 2016b). Auch in einem vergleichbaren Projekt für mehrere andere Städte (Ansel et al. 2015) wurde der Vegetationsindex für die Ermittlung von Gründächern herangezogen. In der Gründachkartierung Berlin diente der NDVI für eine erste grobe Vegetationsabgrenzung auf Dächern. Entsprechende Segmente wurden nachfolgend mit einem unüberwachten Klassifizierungsverfahren (ISODATA-Cluster-Analyse) feiner differenziert. Hierbei wurde die Verteilung der Spektralinformationen automatisiert analysiert, statistische Häufungen bzw. spektral ähnliche Bildpunkte ermittelt und diese zu 100 Spektralklassen zusammengeführt. Diese Cluster wurden nachfolgend am Bildschirm den Kategorien „Vegetation, sicher“, „Vegetation, unsicher“ sowie „keine Vegetation, sicher“ zugeordnet.

Abschließend erfolgte eine regelbasierte Klassifizierung der Vegetationssegmente. Hierzu wurden die spektralen Kartierungen mit ausgewählten Fachplanungs- und Geodaten in einem Regelwerk zusammengeführt. Fehlkartierungen ließen sich dadurch erheblich reduzieren.

Insbesondere mit der Einbindung der Flächentypen (Umweltatlaskarte Stadtstruktur – Flächentypen differenziert (06.08) ) in das Regelwerk konnte eine räumlich differenzierte Klassifizierung von Berlin vorgenommen werden. So sind beispielsweise Verdeckungen von Gebäuden in den stark durchgrünten Stadtteilen (u. a. „Dörfliche Mischbebauung (21)“ oder „Villen und Stadtvillen mit parkartigem Garten (24)“) oder in „Kleingartenanlagen (37)“ in einem größeren Umfang zu erwarten. Verdeckungen von Gebäuden durch Baumkronen sind im Bereich von Neubaugebieten nahezu auszuschließen („Geschosswohnungsbau der 1990er Jahre und jünger (73)“). Gebäudeverkippungen sind besonders auf Bereiche des Flächentyps „Großsiedlungen und Punkthochhäuser (9)“ konzentriert. Das Regelwerk wurde dementsprechend für eine Auswahl von Flächentypen angepasst, und die Kartierung konnte in diesen Bereichen verbessert werden.

Es resultierte eine Einteilung der Dachfläche in die Kategorien „Vegetation“ und „keine Vegetation“. Die Vegetationssegmente wurden auf der Basis der spektralen Reflexionseigenschaften weiter gegliedert in intensive und extensive Begrünungsanteile (vgl. Abbildung 2). Als intensiv begrünte Flächen gelten hier stark bewachsene Flächen mit vitaler Vegetation. Extensiv begrünte Flächen weisen einen schwächeren und ggf. trockeneren Bewuchs auf.

Abb. 2: Ergebnisse der automatisierten Vorkartierung (dunkelgrün: intensiv begrünt, hellgrün: extensiv begrünt)

Abb. 2: Ergebnisse der automatisierten Vorkartierung (dunkelgrün: intensiv begrünt, hellgrün: extensiv begrünt)

Visuelle Nachkartierung

Die Zwischenergebnisse der automatisierten Vorkartierung wurden mittels Luftbildinterpretation geprüft und verbessert.

Die Interpretationsregeln lauteten wie folgt:

  • Als Gründach gelten alle bewachsenen Dachflächen, unabhängig davon, ob sie als Gründach angelegt wurden (nicht immer erkennbar) oder durch Spontanvegetation entstanden sind.
  • Große Pflanzkübel und Dachgärten werden als Gründach kartiert.
  • Vorrangig werden die vorkartierten Flächen geprüft, große fehlende Gründächer werden zusätzlich digitalisiert, wenn sie gesichtet wurden.
  • Ein Gründach gilt dann als erfasst, wenn es zu mehr als zwei Dritteln durch die Vorkartierung abgebildet ist. Hier findet keine flächenscharfe Nachdigitalisierung statt. Bei Gründächern, die zu weniger als zwei Dritteln erfasst sind, wird das Gründach nachdigitalisiert.
  • Wenn durch Schattenwurf oder Überdeckung durch Bäume (dies betrifft vor allem Garagendächer) das Gründach nicht erkennbar ist, wird eine vorhandene Vorkartierung gelöscht.

Nach Abschluss der Überprüfung der Flächen wurden diejenigen begrünten Dachflächen ausgewählt, die pro Gebäude eine Fläche > 10 m² einnahmen. Kleinere kartierte Flächen wurden gelöscht.

Über die Verknüpfung zu weiteren Geodaten konnten folgende Ergebnis-Layer erstellt werden, die auch im Geoportal gezeigt werden:

  • begrünte Dachfläche (intensiv/extensiv),
  • Gebäudegrundfläche sowie
  • Block- und Teilblockfläche des ISU mit Angaben zur Begrünung.