Gebäudealter der Wohnbebauung 2016

Einleitung

Die städtebaulichen Strukturen und deren Entstehungszeit prägen die Stadt und die städtische Umwelt in unterschiedlicher Weise. Das Gebäudealter (nachfolgend auch synonym „Baualter“) bildet dabei ein wesentliches Merkmal und ist zugleich Indikator für die Auswirkungen auf die Umwelt, da die Wirkungen der Stadt auf die Umwelt eng an die Baustrukturen und deren Ausprägung durch die Gebäudekörper gebunden sind. Die unterschiedlichen Bauepochen unterscheiden sich deutlich in den Konstruktionsweisen der Gebäude, ihrem Baumaterial und der Bauausführung im Äußeren wie im Inneren eines Gebäudes und prägen somit neben den unterschiedlichen Umwelteigenschaften auch das Stadtbild und dadurch das Wohnumfeld der Bewohner entscheidend mit.

Eine besondere Bedeutung erhält das Baualter bei der Berechnung energetischer Einsparpotentiale oder alternativer Energiekonzepte im Rahmen des Energie- und Klimaschutzes, weil Sanierungsbedarf und Sanierungsmöglichkeiten hinsichtlich der Einsparung von Energie eng an das Baualter geknüpft sind.

Zusammen mit anderen stadtstrukturellen Daten lassen sich aus dem Gebäudealter auch Potentiale für die Errichtung von Solarthermie- und Photovoltaik oder Gründächern ableiten, da in den unterschiedlichen Bauepochen mit z.T. charakteristischen Dachformen gearbeitet wurde.

Neben der Ermittlung statistischer Basisdaten für den Hochbau als Grundlage für entsprechende Konzepte und Planungen sind die Daten zum Baualter nicht zuletzt von stadtgeschichtlichem Interesse, da sie die Stadtentwicklung der vergangenen Jahrhunderte nachzeichnen.

Nicht zuletzt für die jeweiligen baurechtlichen Auflagen, den Nutzungszweck von Gebäuden, das Baumaterial und das Baurecht ist das Alter eines Gebäudes ein städtebaulicher Indikator, da es den Einfluss dieser Faktoren widerspiegelt.

Im wissenschaftlichen Bereich gab es bisher verschiedene Ansätze, das Baualter als ein wichtiges Merkmal der Bauepochen zu nutzen, um eine für unterschiedliche Zwecke nutzbare Typisierung des Gebäudebestandes zu erstellen. Besonders umfassend ist das Ergebnis der Arbeiten zur „Deutschen Gebäudetypologie“ (Loga, T. et al. 2011). Der deutsche Gebäudebestand wird dort unter Nutzung unterschiedlicher Quellen in sogenannte Bauepochen bzw. Baualtersklassen eingeteilt, wobei dem Erstellungszweck der Klassifikation folgend die in der baulichen Entwicklung wechselnden energetischen Qualitäten der Gebäude aufgrund der Veränderungen und Anpassungen wärmetechnisch relevanter Bauvorschriften ein zentrales Abgrenzungskriterium waren. So entstanden 11 Baualtersklassen unterschiedlicher Zeitspannen, die sich nicht unmittelbar für andere Darstellungszwecke verwenden lassen ( Loga, T. et al. 2011).

Bezogen auf die Berliner Siedlungs- und Baugeschichte kann hier ergänzend auf die Überblicksdarstellung der Siedlungsentwicklung der Stadt im Begleittext zu den Umweltatlaskarten „Stadtstruktur“ (06.07) / „Stadtstruktur – Flächentypen differenziert“ (06.08) (SenStadtUm 2016) verwiesen werden. Zur Abgrenzung der bei der Nutzungskartierung verwendeten 52 Flächentypen wurde ebenfalls deren Entstehungszeit als ein wichtiges Kriterium herangezogen.

Die Angaben zur Entstehungs- und Baugeschichte der 52 Flächentypen sind notwendigerweise recht ‚grob‘ und umfassen in der Regel mehrere Dekaden.

Im Rahmen der Machbarkeitsstudie „Klimaneutrales Berlin 2050“ (PIK et al. 2014) wurden sowohl die Stadtstrukturtypen als auch die Baualtersklassen differenziert betrachtet und hinsichtlich des erreichbaren CO2-Reduktionspotentiales bewertet.

Eine erste flächendeckende Darstellung, allerdings begrenzt auf ein als „Innere Stadt“ definiertes Gebiet von rund 160 km2 und unterteilt in sogenannte Bauperioden unterschiedlicher Zeitspannen, wurde zuletzt 1992/1993 durch Aust 1994 vorgelegt. Es stellte eine Fortschreibung der Erfassung von 1989 dar, die Teil der Veröffentlichung “Städtebauliche Entwicklung Berlins seit 1650 in Karten” (SenStadtUm1992) war. Die Darstellung zum Baualter 1992/1993 ist als Scan Teil des Geoportals Berlin, ebenso wie weitere teilräumliche historische Karten „Berlin um….“.

Die jetzt vorliegende georeferenzierte Karte ergänzt und aktualisiert diese Darstellungen um eine flächendeckende Erfassung für den Wohngebäudebestand bis 2015. Damit stellen die dargestellten Baualtersklassen auch einen Beitrag zur Stadtgeschichte dar, mit deren Hilfe auch die wohnungsbaulichen Entstehungsphasen der Stadt Berlin interpretiert werden können.