Erweiterung von UBIKLIM zum Kombinierten Stadtbioklimamodell
Bioklimakarten mit Bezug zum regionalen Bioklima und lokaler Differenzierung können erzeugt werden, indem die UBIKLIM-Ergebnisse mit von der Flächennutzung unabhängiger regionaler Bioklimainformation, die im Folgenden auch als Hintergrundbelastung bezeichnet wird, verknüpft werden. Dazu wird das Stadtbioklimamodell zum ‚Kombinierten Stadtbioklimamodell’ erweitert. Dieses besteht aus UBIKLIM, der bioklimatisch aufbereiteten Hintergrundinformation und einer statistischen Modellgleichung, mit der die Zusammenführung der unterschiedlichen Scales realisiert wird.
Um repräsentativ für eine weite Umgebung zu sein, werden die Wetterdaten an synoptischen Stationen laut Vorgaben der WMO (World Meteorological Organization) weitgehend von der Landnutzung unbeeinflusst erhoben. Sie eignen sich damit zur Gewinnung der gesuchten Hintergrundinformation. Ausgenommen davon sind einzelne Stationen, die von der Vorgabe deutlich abweichen. Bei ihnen charakterisieren die Messdaten das Klima in der unmittelbaren Stationsumgebung wie beispielsweise Berlin-Alexanderplatz die “Stadtmitte”.
Beschrieben wird die Hintergrundinformation mit der Zahl der Tage mit Wärmebelastung als 30-jähriger Jahresmittelwert. Ein Tag mit Wärmebelastung wird definiert als ein Tag, an dem tagsüber zwischen 9 und 15 UTC die Gefühlte Temperatur mindestens an drei Stundenterminen 32°C und damit starke Wärmebelastung erreicht oder überschritten hat. Diese Definition wurde gewählt, weil man dadurch angenähert die Tage erfasst, die als warnwürdig erachtet werden, also eine hohe thermophysiologische Relevanz besitzen.
Um den Zusammenhang zwischen den thermischen Bedingungen an einem sommerlichen Strahlungstag einerseits und den mittleren klimatischen Bedingungen andererseits zu ermitteln, wurden für den Zeitraum 1971 – 2000 den Wetterdaten der synoptischen Stationen in Deutschland verschiedene Nutzungen/ Stadtstrukturen aufgeprägt. Das bedeutet, dass alle Messwerte für Temperatur, Feuchte, Wind sowie die aus der Bewölkung abgeleiteten Strahlung nutzungs-spezifisch modifiziert wurden. Die Modifikationsparameter wurden aus MUKLIMO_1-Simulationen für die unterschiedlichen Stadtstrukturen bestimmt.
Alle Daten wurden anschließend mit dem Klima-Michel-Modell analysiert und auf Wärmebelastungstage hin untersucht. Aus dem dabei gewonnenen Datensatz ließ sich folgende Regressionsgleichung ableiten:
WB = (r1*WBfrei + r2*dGT + r3WBfrei *dGT + r4*nn + r5 br + r6*lä + rkonst) Gl. (1)
WB Tage mit Wärmebelastung an einem beliebigen Ort der Stadt
WBfrei Hintergrundbelastung
dGT Gefühlte Temperatur an einem beliebigen Ort der Stadt minus Gefühlte Temperatur über
Freifläche außerhalb der Stadt (gemäß UBIKLIM)
nn Höhe über NN
br geograph. Breite
lä geograph. Länge
ri Regressionskoeffizienten
Da sich die UBIKLIM-Ergebnisse auf Strahlungstage beziehen, müssen zur Kopplung mit dem regionalen Bioklima auch die Wärmebelastungstage berücksichtigt werden, die keine Strahlungstage sind. Damit besteht die resultierende Gleichung sowohl aus einer Regressionsbeziehung als auch aus einer Gewichtungsfunktion. Ein Strahlungstag wird definiert über die Mittelwerte aus den 6, 12 und 18 UTC-Terminwerten für die Bewölkung (N) und die Windgeschwindigkeit in 10 m über Grund (v). An einem Strahlungstag ist N < = 4 Achtel und v < = 3 m/s.
Die Kopplung der lokalen mit der regionalen Bioklimainformation wird durch folgenden Ansatz realisiert:
WB = (r1*WBfrei + r2*dGT + r3WBfrei *dGT + geo) * strant + WBfrei * (1 – strant) Gl. (2)
geo f(geograph. Breite und Länge sowie Höhe) = konstant für Berlin
strant prozentualer Anteil von Strahlungstagen an den aufgetretenen Wärmbelastungstagen
Anwendung des Stadtbioklimamodells UBIKLIM
Unter Verwendung der Flächennutzungsdaten von Berlin und seinem Umland (vgl. Verwendung von Landnutzungsdaten) berechnet UBIKLIM die Verteilung der Gefühlten Temperatur, wie sie sich typischerweise am Nachmittag an einem windschwachen wolkenlosen Sommertag ausprägt (vgl. Abbildung 8).
Der Vergleich mit Messdaten konnte auf die Beobachtungswerte der Stationen an den Flughäfen Schönefeld (10385), Tegel (10382) und auf dem ehemaligen Fluggelände Tempelhof (10384) sowie die Stadtstationen Dahlem (10381) und Alexanderplatz (10389) zurückgreifen.
Es wurden aus dem Zeitraum 1990 – 2000 zwölf sommerliche Strahlungstage herausgefiltert. Diese vergleichsweise geringe Zahl ist im Wesentlichen der Station Alexanderplatz geschuldet, da hier nur wenige vollständige Datensätze zur Berechnung der Gefühlten Temperatur zur Verfügung standen. Während Temperatur, Feuchte und Bewölkung, die zur Parametrisierung der Strahlung dient, direkt in die Berechnung der Gefühlten Temperatur eingingen, wurde die Windgeschwindigkeit gemäß dem im Routinemodell des DWD zur Berechnung der Gefühlten Temperatur verwendeten logarithmischen Ansatz auf eine Höhe von 1 m heruntergerechnet. Entsprechend den Beschreibungen zu den Stationsumgebungen (DWD 2008) wurden dabei unterschiedliche Rauigkeitslängen angenommen.