Bei der Belastungsklasse 4 “ungünstig” liegt eine überdurchschnittliche Wärmebelastung mit einem Z-Wert von mehr als 1 vor. Eine gewisse bioklimatische Belastung ist auch noch bei der Belastungsklasse 3 „Weniger günstig“ gegeben. Günstige Verhältnisse liegen hingegen bei den Klassen 2 und 1 vor und können aus bioklimatischer Sicht als positiv beurteilt werden.
Letztere Kategorie ist vor allem durch eine offene Siedlungsstruktur und einen hohen Durchgrünungsgrad gekennzeichnet und weist von allen Funktionsräumen am ehesten ein Potenzial zur baulichen Verdichtung auf. Nach derzeitigen Erkenntnissen wird eine behutsame Verdichtung dieser Flächen keine Neueinstufung in einen klimatisch ungünstigeren Bereich zur Folge haben. In welchen Größenordnungen im Einzelnen die Grenzen für eine bauliche Verdichtung liegen, kann pauschal nicht angegeben werden; in jedem Falle sind am Ort selbst die Möglichkeiten zu überprüfen, mit Maßnahmen wie Dach- oder Fassadenbegrünung sowie Begrenzung der Baumassen negative klimatische Effekte zu kompensieren.
Mit der humanbioklimatischen Belastung gehen auch die Empfindlichkeiten gegenüber einer Nutzungsintensivierung einher. Sie sind im Bereich der Belastungsklassen 3 und 4 als “sehr hoch”, in den übrigen Klassen als “hoch” anzusehen. Im wesentlichen handelt es sich um Gebiete hohen Versiegelungs- (> 60 %) und Überbauungsgrades (zumeist > 50 %).
Unter Nutzungsintensivierung wird eine Erhöhung des bebauten gegenüber dem unbebauten Flächenanteil verstanden. “Hierzu zählen die Umwandlung der natürlichen Bodenoberfläche in einen überwiegend aus künstlichen Materialien bestehenden und dreidimensional gestalteten Raum, die Reduzierung der mit Vegetation bedeckten Oberfläche sowie die Beeinflussung durch technische Einrichtungen, die Abwärme und Schadstoffemissionen verursachen” (Kuttler 1993).
Aufgrund der begrenzten Reichweite von Freiflächen sind für die Entlastung dieser Gebiete auch Maßnahmen im bebauten und verdichteten Gebiet selbst erforderlich. Von großer Bedeutung in diesem Zusammenhang ist die Begrünung von Stadtplätzen, Straßen, Gebäuden und Innenhöfen. Die Überwärmung kann so vermindert, der Feuchtigkeitsgehalt der Luft erhöht und Staub gebunden werden.
Die Erwärmung von Dächern hängt sehr stark von ihrer Farbe und ihrem Material ab (vgl. Karte 04.06). Am günstigsten verhalten sich begrünte Dächer, wobei die Art der Pflanzen eine große Rolle spielt. Jedoch muss die positive Auswirkung von hoch gelegenen Dächern auf den stärker belasteten Straßenraum als begrenzt angesehen werden. Insgesamt dürfte die Begrünung von Fassaden klimatisch wirksamer ausfallen. Umfangreiche Untersuchungen zur Bedeutung von Fassaden- und Dachbegrünungen für das Mikroklima wurden von Bartfelder und Köhler (1987) in Berlin durchgeführt.
Zur klimatisch-lufthygienischen Verbesserung des Wohnumfeldes gehört auch die Gestaltung bzw. die Vegetationsausstattung von Innenhofbereichen. Enge geschlossene Höfe zeichnen sich durch eine Verminderung der Tagestemperaturen und eine geringe Abkühlung in den Abend- und Nachtstunden aus. Die Besonnung ist stark eingeschränkt. Dies gilt auch für den Luftaustausch, woraus sich eine hohe Immissionsgefährdung ergibt. Die Begrünung dieser Höfe verbessert die klimatischen Bedingungen, wobei zur Förderung des Luftaustausches eine Wandbegrünung günstiger ist als das Pflanzen von Bäumen. Größere Hofanlagen erreichen gegenüber engen Höfen und gegenüber dem Straßenraum deutlich günstigere klimatische Eigenschaften, vor allem, wenn der Versiegelungsgrad gering und die Begrünung locker strukturiert ist. Die Abkühlungsrate in den Abend- und Nachtstunden ist hoch. Der Luftaustausch gilt als sehr gut. Eine Verbindung mit benachbarten kleineren Höfen über Baulücken
fördert deren Be- und Entlüftung.
Im Verkehrsraum kennzeichnet die potenzielle verkehrsbedingte Luftbelastung entlang von Hauptverkehrsstraßen Straßenabschnitte, in denen der (Jahres-) Grenzwert der 22. BImSchV möglicherweise bzw. mit großer Wahrscheinlichkeit überschritten wird.
Luftaustausch
Leitbahnen verbinden Kaltluftentstehungsgebiete (Ausgleichsräume) und Belastungsbereiche (Wirkungsräume) miteinander und sind somit elementarer Bestandteil des Luftaustausches. Unter Berücksichtigung des Prozessgeschehens, wurden in den Karten vier unterschiedliche Luftaustauschtypen herausgearbeitet:
- Kaltluftleitbahn, vorwiegend thermisch induziert,
- Kaltluftleitbahn, vorwiegend orographisch induziert (z.B. kleinere Flussniederungen),
- Flächenhafter Kaltluftabfluss auf Hangbereichen (bei Hangneigungen > 1°),
- Großräumige Luftleit- und Ventilationsbahnen (Niederungen größerer Fließgewässer).
Die Ausweisung der Kaltluftleitbahnen orientiert sich am autochthonen Strömungsfeld der FITNAH-Simulation. Bei den ausgewiesenen Leitbahnen handelt es sich, mit Ausnahme der Flussniederungen, um vegetationsgeprägte Flächen mit einer linearen Ausrichtung auf Wirkungsräume. Die planerische Einordnung orientiert sich, analog zu den kaltluftproduzierenden Grün- und Freiflächen, an der Belastungssituation der zugeordneten Siedlungsräume.
Mit der hier beschriebenen Methodik unterscheidet sich die Herleitung insbesondere der Klimafunktionskarte in ihrem modellbasierten Ansatz grundlegend von den bisherigen, früher auch in Berlin verfolgten Vorgehensweisen. Die ehemalige Klimafunktionskarte (vgl. Abbildung 3)