Die im Rahmen der Anwendung des Klimamodells FITNAH in der Phase I gewonnenen Ergebnisse haben zu einer umfassenden aktuellen Bestandsaufnahme der klimatischen Situation im Stadtgebiet und im näheren Umland geführt (vgl. Karte 04.10 Klimamodell Berlin – Analysekarten (Ausgabe 2003). Die nachfolgenden Erläuterungen beziehen sich nun auf die Ergebnisse der Phase II zum Klimamodell. Ziel der vorliegenden Karten ist es, die Bereiche der Stadt nach ihrer unterschiedlichen klimatischen Funktion, d.h. ihrer Wirkung auf andere Räume abzugrenzen und die Empfindlichkeit dieser Funktion gegenüber strukturellen Veränderungen zu bewerten. Auf dieser Grundlage ergeben sich Maßnahmen zum Erhalt bzw. zur Verbesserung der klimatischen Situation. Die Aktualisierung des Kenntnisstandes auf den Stand Ende 2001 erlaubt auch die Berücksichtigung der klimatischen Folgen der baulichen Entwicklung seit Beginn der 90er Jahre.
Auf Grund der in großen Teilen engen inhaltlichen Bezüge weisen die Erläuterungstexte zu den Karten 04.11.1 und 04.11.2 eine gemeinsame Darstellung in den Kapiteln Problemstellung, Datengrundlage und Methode auf. Im Kapitel Kartenbeschreibung folgt dann eine Unterteilung in die einzelnen Auswertungen:
- Karte 04.11.1 Klimafunktionen und
- Karte 04.11.2 Planungshinweise Stadtklima.
Die Kenntnis über das in einer Stadt vorherrschende Lokalklima, die hierdurch mitbestimmte lufthygienische Situation sowie die klimatischen Funktionszusammenhänge sind bedeutende Aspekte der Umweltvorsorge und Stadtentwicklung. Das Schutzgut Klima/Luft ist als wichtiges Element der räumlichen Planung Bestandteil der Abwägung bei der Bauleitplanung, Umweltverträglichkeitsprüfung und Standortuntersuchung. Vor dem Hintergrund konkurrierender Planungsziele ist das Vorliegen flächenbezogener Fachinformationen ein grundlegendes Hilfsmittel zur sachgerechten Beurteilung dieses Schutzgutes.
Der Leitgedanke klima- und immissionsökologischer Qualitätsziele gilt der Sicherung, Entwicklung und Wiederherstellung klima- und immissionsökologisch wichtiger Oberflächenstrukturen und zielt somit ab auf die Verbesserung bzw. Erhaltung günstiger bioklimatischer Verhältnisse, die Unterstützung gesundheitlich unbedenklicher Luftqualität und das Angebot besonderer Lokalklimate.
Die Klimaökologie analysiert dabei “den Einfluss von Klimaelementen und des Klimas auf das Landschaftsökosystem und seinen Haushalt, einschließlich von Pflanzen, Tieren und Menschen und ihren Lebensgemeinschaften. Untersucht wird weiterhin die Steuerung der bedeutsamen, bodennahen atmosphärischen Prozesse durch die allgemeinen landschaftlichen Strukturgrößen (Relief, Überbauung…)” (Mosimann et al. 1999).
Ausgangspunkt der Klimaanalyse ist die Gliederung des Untersuchungsraumes in bioklimatisch und/oder lufthygienisch belastete Siedlungsräume (Wirkungsraum) einerseits und kaltluftproduzierende, unbebaute und vegetationsgeprägte Flächen andererseits (Ausgleichsräume). Sofern diese Räume nicht unmittelbar aneinander grenzen und die Luftaustauschprozesse stark genug ausgeprägt sind, können linear ausgerichtete, gering überbaute Freiflächen (Luftleitbahnen) beide miteinander verbinden.
Aus der gegenseitigen Abgrenzung von Gunst- und Ungunsträumen sowie der verbindenden Strukturen ergibt sich somit ein komplexes Bild vom Prozesssystem der Luftaustauschströmungen des Ausgleichsraum-Wirkungsraum-Gefüges.
Nachdem in Phase I mit der Anwendung des Klimamodells FITNAH die notwendigen Analysekarten erstellt wurden (Klimamodell Berlin (Karte 04.10, Ausgabe 2003)), ist das Ziel dieser Untersuchung die Abgrenzung der Stadtgebiete hinsichtlich ihrer klimatischen Funktionen und die Bereitstellung einer aktuellen, komplexen und hochauflösenden Klimafunktionskarte. Darüber hinaus werden in einem weiteren Schritt die Empfindlichkeiten dieser Funktionen gegenüber strukturellen Veränderungen bewertet und in Form einer digitalen Planungshinweiskarte dargestellt.
Die Umsetzung in raumspezifische klima- und immissionsökologische Qualitätsziele mündet in die Forderung nach Handlungsempfehlungen. Mit der konkreten Zuordnung planungsrelevanter Aussagen zu den wichtigen, das klimaökologische Prozessgeschehen steuernden Strukturelementen wie z.B. Kaltluftentstehungsflächen, Luftleitbahnen und Komforträume, können einerseits diese in ihrem Bestand gesichert und vor negativen Einflüssen geschützt werden. Andererseits werden Belastungsräume mit einem Mangel an Durchlüftung und/oder lufthygienischer Belastung identifiziert (vgl. Planungshinweiskarte).
Das methodische Vorgehen erlaubt dabei fundierte Aussagen für den Maßstabsbereich 1 : 100 000 bis 1 : 20 000. Eine erste abschätzende Beurteilung der Auswirkungen von Planungsmaßnahmen ist aber auch bis zur Ebene der Bebauungspläne gegeben.