Brennstoffarten zur Erzeugung von Gebäudewärme
Aufgrund der engen inhaltlichen Bezüge entstand ein gemeinsamer Text für die beiden Karten 08.01 Versorgungsbereiche Gebäudewärme (Ausgabe 2005) und 08.02 Überwiegende Heizungsarten (Ausgabe 2005).
Berlin ist das größte zusammenhängend bebaute Ballungsgebiet in der Bundesrepublik Deutschland. Auf einer Fläche von 889 km2 leben ca. 3,4 Millionen Einwohner (Stand Juni 2004). Die Entwicklung der Raumwärmeversorgung und die Verteilung der Brennstoffarten sind eingebunden in die Entwicklungsgeschichte der Stadt und geprägt von ihrer Sozial- und Baustruktur.
Im Zuge der Industrialisierung ab etwa 1875 und des damit einhergehenden raschen Bevölkerungszuwachses entwickelte sich Berlin um den alten Stadtkern innerhalb des heutigen S-Bahn-Ringes weitgehend zu einer Mietskasernenstadt. Am Innenstadtrand entstanden erste Siedlungen der Wohnungsbaugesellschaften. Im Außenbereich wurden Villenkolonien bzw. Gartenstadtprojekte errichtet. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges bestimmte der Einsatz von Braun- und Steinkohle fast vollständig die Wärmeversorgung der Stadt.
Die Nachkriegsentwicklung war geprägt von großen Wiederaufbau- und Neubaumaßnahmen, die zunächst den Zeilenbau wiederverwendeten. In den 60er bis 80er Jahren entstanden sowohl im West- als auch im Ostteil der Stadt in den Außenbereichen Großsiedlungen und Trabantenstädte, in der Innenstadt bestimmten zunächst Abriss und Neubau die Wohnungsbauprogramme. Ab Mitte der 70er Jahre wurden vor allem in Wedding und Kreuzberg behutsame Formen der Stadterneuerung durchgeführt (vgl. Karte 06.07, SenStadt 2002). Der Einsatz verschiedener Brennstoffe zur Beheizung von Wohn- und Arbeitsstätten entwickelte sich in dieser Zeit in Ost- und West-Berlin unterschiedlich.
West-Berlin
Im Westteil von Berlin fand seit Beginn der 70er Jahre ein kontinuierlicher Ersatz von Kohle durch andere Energieträger statt. Die Ersatzstruktur war dabei abhängig von der Siedlungsstruktur: Vor allem in den Ein- und Zweifamilienhausbereichen im Außenbereich wird seitdem vorrangig mit leichtem Öl geheizt. Im Geschosswohnungsbau und bei der Arbeitsplatzbeheizung richtet sich die Art der Brennstoffe dagegen mehr nach der Nähe zu Versorgungsnetzen der leitungsgebundenen Energieträger bzw. dem Einsatz eigener ölbefeuerter Heizhäuser.
Die aufgrund der Insellage hohe Dichte mit Heizkraftwerken ermöglichte bis 1989 einen kontinuierlichen Ausbau der Fernwärmeversorgung durch die BEWAG, wenn auch der Vorrang der Stromversorgung dort bisher eine wärmetechnisch optimierte Planung verhinderte.
Ost-Berlin
Im Ostteil von Berlin wurden bis 1989 sowohl in den Ein- und Zweifamilienhausgebieten als auch in den mehrgeschossigen Altbauquartieren und im Bereich der Arbeitsstätten nahezu ausschließlich Braunkohle und Erdgas für die Beheizung verwendet. Etwa 60% der Wohnungen im Ostteil von Berlin waren 1989 mit Kohleeinzel- und Sammelheizungen versorgt; ca. 40% der Wohnungen wurden durch Fernwärme aus Heiz- und Heizkraftwerken versorgt. Aufgrund der Verwendungsbeschränkung in der ehemaligen DDR wurde Heizöl für den Wärmemarkt nicht eingesetzt.
Berlin nach 1989
Die bauliche Entwicklung des vereinigten Berlins durchlief nach 1989 verschiedene Phasen. Insgesamt wurden zwischen 1991 und 2000 in Berlin rund 150.000 Wohnungen neu gebaut. Etwa 60 % aller Neubauten wurden als kleinteilige Bestandsergänzungen errichtet. Bis 1992 wurden die im Bau befindlichen Plattenbausiedlungen im Ostteil der Stadt fertig gestellt. Im Westteil wurden in dieser Phase nur geringfügige Ergänzungen im Baubestand vorgenommen. 1993 bis 1997 wurden im Außenbereich, wie zum Beispiel auf ehemaligen Äckern in Karow-Nord, neue Vorstädte, sowie im Stadtzentrum zahlreiche Großprojekte, wie der Potsdamer Platz oder die Regierungsbauten errichtet. Seit 1997 ist der Wohnungsneubau im gesamten Ballungsraum rückläufig und hat für das Jahr 2003 infolge des Abbaus von Förderungen wieder in etwa das Niveau von 1991 erreicht. Der Eigenheimbau ist nach einem Maximum in den östlich Randbezirken und im Umland 1998 und 1999 ebenfalls leicht rückläufig. Große Teile der Innenstadt-Altbauquartiere im Ostteil der Stadt wurden ebenso, wie fast 80 % der Plattenbau-Großsiedlungen, mit Hilfe verschiedener Förderprogramme in der Bausubstanz und im Wohnumfeld saniert.
Energiepolitisch und damit auch von großem Einfluss auf den lokalen Wärmemarkt änderte sich die Situation nach 1989 radikal. Waren vorher – in West-Berlin aufgrund der Insellage, in Ost-Berlin aufgrund der zentralen Steuerung – festgelegte Versorgungsstrukturen, so verschlechterte sich mit der Wiedervereinigung die Übersichtlichkeit und Planbarkeit der Energieversorgung. So wurde Berlin sehr bald in überregionale Verbundnetze bei Strom und Gas integriert, 1997 erfolgte die vollständige Privatisierung des bisher mehrheitlich in staatlichem Besitz befindlichen Energieversorgers BEWAG und 1998 wurden mit der Energierechtsnovelle die Vorraussetzungen für einen veränderten Binnenmarkt bei Strom und Gas geschaffen (vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit 2004). Die Entwicklung bis Ende 2003 zeigt allerdings, dass die angestammten Energieversorger der Stadt, BEWAG und GASAG, weiterhin einen ganz überwiegenden Anteil an der Versorgung von Strom, Fernwärme und Gas innehaben.
Im selben Zeitraum seit 1989 hat der Senat von Berlin vielfältige energiepolitische Anstrengungen unternommen, lokal auf den weltweiten Klimawandel zu reagieren und damit auch Einfluss auf eine energetische Optimierung beim Einsatz von Heizenergie zu nehmen, u.a.:
- Vorlage eines speziellen Gesetzes zur sparsamen sowie umwelt- und sozialverträglichen Energieversorgung und Energienutzung (vgl. Berliner Energiespargesetz – BEnSpG)
- Vorlage eines Energieberichtes 1990-1996, der die Maßnahmen des Energiekonzeptes von 1994 evaluierte (vgl. Energiebericht 1990-1996)
- Erarbeitung und Beschluss eines Landesenergieprogrammes 2000 – 2003, in dem auch die Erstellung und Fortschreibung dieser Umweltatlas-Karten als Beitrag zur Information der Öffentlichkeit festgelegt wurden (vgl. Landesenergieprogramm Berlin 2000 – 2003)
- viele weitere Aktivitäten und Initiativen zur Reduzierung des Energieverbrauches und energetischen Optimierung der Gebäudewärmeversorgung (vgl. vertiefende Informationen unter „Klimaschutz – Schwerpunkte in Berlin“).
Den zeitliche Aspekt zur Umsetzung der staatlich geförderten und privaten bzw. gewerblichen Maßnahmen im Gebäudewärmebereich veranschaulicht eindrucksvoll ein Vergleich zwischen der letzten Erhebung 1994/95 und den Daten zum Heizenergieeinsatz im Jahre 2000 (vgl. Tab. 1).
Die Wirkung hausbrandbezogener Maßnahmen auf die Situation der Schadstoffimmission ist in Anbetracht der jeweils niedrigen Emissionshöhen höher als bei Industrie und Kraftwerken.