Bodengesellschaften 2001

Methode

Entstehung der ersten Gesamtberliner Bodengesellschaftskarte

Ausgangssituation

Die von Grenzius (1987) beschriebene Methode für das Erarbeiten der Bodengesellschaftskarte von Berlin (West) sowie die durch Fahrenhorst, Haubrok und Sydow (1990) in das räumliche Bezugssystem des Informationssystems (ISU) überführte Karte der Bodengesellschaften von Grenzius bildeten die Grundlagen für eine von Aey (1991) erarbeitete Anleitung zur Anfertigung der Konzeptkarte der Bodengesellschaften für das gesamte Stadtgebiet. Für den Ostteil Berlins existierte bisher keine derartige oder ähnliche Karte der Bodengesellschaften. Grundlage für die Entwicklung der Bodengesellschaftskarte von West-Berlin waren über den gesamten westlichen Stadtteil verteilte Aufgrabungen und Bohrstockeinschläge, die in den Wäldern und auf landwirtschaftlichen Flächen unter Beachtung geomorphologisch-hydrologischer Verhältnisse und im Siedlungsbereich unter Berücksichtigung der Nutzung durchgeführt wurden. Alle vorkommenden Ausgangsgesteine und die meisten Nutzungen (Ausnahme Industriegebiete) wurden mehrmals erfasst und Kartierungen vorgenommen. Die Auswertung dieser Kartierungen ermöglichte Analogieschlüsse auf Bodenverhältnisse von nicht kartierten Flächen.

Die Karte der Bodengesellschaften für Berlin (West) ist aufgrund der umfangreichen bodenkundlichen Untersuchungen eine für sehr viele Bereiche (z.B. Forsten, Ackerland) bestätigte (verifizierte) Bodenkarte. Für Gebiete mit geringerem Grad an bodenkundlichen Erkundungen ist sie als teilbestätigte (teilverifizierte) Karte anzusehen. Für das östliche Stadtgebiet sind derartig detaillierte Bodenkartierungen nur für die Forststandorte vorhanden. Alle Ableitungen und Bestimmungen von Bodengesellschaften für Flächen in Ost-Berlin – außer in den Wäldern – mussten auf der Basis von Analogieschlüssen und vorhandenem Informationsmaterial (geologische und topographische Karten, Bodenkarten, Flächennutzungen usw. mit sehr unterschiedlicher Genauigkeit, Informationsgehalt und Aktualität) vorgenommen werden.

Zudem ermöglichten weitere Kartierungen und Bodenuntersuchungen in West-Berlin nach dem Erscheinen der Karte der Bodengesellschaften von Berlin (West) und vorhandene Bodenkartierungen für Ost-Berlin (insbesondere für Forstflächen) das Präzisieren der Zuweisungsregeln für die Bodengesellschaften und die Definition neuer, bisher von Grenzius nicht beschriebener Bodengesellschaften.

So ist die vorliegende Karte für den östlichen Stadtteil nur in den Forsten als bestätigte Karte anzusehen. In allen übrigen Bereichen ist sie eine Konzeptkarte. Aus diesem Grund kann die gesamte Karte nur als Konzeptkarte mit bestätigten Teilbereichen betrachtet werden.

In einer Karte im Maßstab 1 : 50.000 ist die räumliche Verbreitung einzelner Bodentypen nicht darstellbar. So mussten zusammenfassende Einheiten gewählt werden. Räumlich und stofflich zusammenhängende Böden wurden zu Bodengesellschaften zusammengefasst.

Benennung

Die Benennung der Bodengesellschaft erfolgte aufgrund der das Wirkungsgefüge charakterisierenden Böden, wobei Anfangs- und Endboden der Gesellschaft und meist ein den stofflichen Transport charakterisierender Boden angegeben sind (Grenzius 1987). Dieses Wirkungsgefüge bzw. die Kopplung zwischen den Böden der weitgehend naturnah erhaltenen Bereiche wird in der Legende durch die Verbindung mit “-” charakterisiert.

Naturnahe Böden sind nur noch im locker besiedelten Bereich zu finden.

Die im besiedelten Bereich auftretenden Böden sind in ihrem Aufbau durch menschliche Einflüsse teilweise stark verändert. Diese stark anthropogen veränderten Böden treten regellos nebeneinander auf und sind in der Legende durch “+” verbunden.

Die Legende ist nach dem Grad der anthropogenen Beeinflussung und Veränderung der Böden gegliedert. Zu Beginn stehen die naturnahen Bodengesellschaften, dabei zunächst die terrestrischen Böden, gefolgt von semiterrestrischen Böden. Am Ende sind die Bodengesellschaften der anthropogenen Auftrags- und Abtragsböden zu finden.

Grenzziehung

Die Grenzziehung zwischen den Bodengesellschaften erfolgte im Kuppenbereich und in Senken (Relief). Daher können benachbarte Einheiten gleiche Anfangs- und Endglieder aufweisen. Gleichzeitig musste die flächenhafte Abgrenzung der Bodengesellschaften an das digitale, auf nutzungshomogenen Block- und Blockteilflächen basierende räumliche Bezugssystem angepasst werden. Verursachte diese Verfahrensweise, insbesondere in unbebauten oder wenig bebauten Gebieten (Wald, landwirtschaftliche Nutzfläche, gering versiegelter Siedlungsbereich), zu große Informationsverluste, wurden diese Flächen entsprechend den Grenzen der Bodengesellschaften weiter unterteilt. Entscheidend waren in diesem Fall die Grenzen geomorphologischer und geologischer Einheiten, Höhenlinien, Bodentypen (Detailkartierungen) und Aufschüttungsgrenzen. Für die Abgrenzung der Bodengesellschaften anthropogen veränderter Böden waren Flächennutzungen und Grenzen von Aufschüttungen bzw. Abträgen maßgebend.

Naturnahe und anthropogen geprägte Bodengesellschaften

Das Ausgangssubstrat, die vorherrschende Bodenart, das Relief (Hang, Senke, Rinne, Stärke des Gefälles usw.) und die Wasser- und Klimaverhältnisse sind bestimmend für die Bodenentwicklung. Hinzu kommt der Grad des menschlichen Einflusses auf die Böden. Dieser ist durch Aufschüttungen natürlichen Bodenmaterials als auch nicht natürlicher Materialien (z.B. Trümmerschutt, Bauschutt, Schlacken) und Abträge natürlich gewachsener Böden gekennzeichnet. Neben der gegenwärtigen und ehemaligen Nutzung der Flächen ist der Grad der Versiegelung ein Zeichen für das Maß der anthropogenen Veränderung der Böden. In der Karte sind unabhängig vom Versiegelungsgrad ausschließlich unversiegelte Böden kartiert. Der Versiegelungsgrad wird lediglich als Hilfe zur Beurteilung des Grades der anthropogenen Veränderung der in diesem Gebiet auftretenden unversiegelten Böden genutzt.

Die naturnahen Bodengesellschaften sind durch ihre charakteristischen Bodentypen, geomorphologische Bildung, Substrat/Bodenart und Wassereinfluss gekennzeichnet. Die Veränderungen durch den Menschen sind gering.

Bei den Böden anthropogen geprägter Bodengesellschaften sind der Bodenaufbau und die Vergesellschaftung der Böden nicht vom Relief, sondern durch die Nutzungsart sowie vom Auftreten und der Art von Aufschüttungen geprägt. Bei einigen Übergangsformen sind Einflüsse des Ausgangssubstrates, der Geomorphologie, der Grundwasserstände und teilweise natürliche Böden vorhanden. Das betrifft die Böden der Truppenübungsplätze, ehemaliger Tagebaue, der Friedhöfe und eingeebneter einstiger Rieselfelder.

Die Folgen des menschlichen Einwirkens auf die Böden werden in Tabelle 4 aufgezeigt. Demzufolge lässt sich der städtische Raum unter Berücksichtigung der historischen und aktuellen Flächennutzung, der Gebäudeschäden im 2. Weltkrieg, des Bebauungstyps und des Versiegelungsgrades in unterschiedliche Bodentypengruppen (anthropogene Bodengesellschaften) gliedern.

Landschaftsteile, Flächennutzungen und deren Folgen

Tab. 4: Landschaftsteile, Flächennutzungen und deren Folgen für den Boden

Bodengesellschaften / Sammelgesellschaften / Konzept-Bodengesellschaften

Die von Grenzius für West-Berlin definierten naturnahen und anthropogenen Bodengesellschaften waren mit Hilfe der vorhandenen Datengrundlagen und Analogieschlüsse auf vergleichbare Gebiete (Geomorphologie, Nutzung, Wasserverhältnisse usw.) Ost-Berlins zu übertragen. Probleme ergaben sich für Gebiete, für die aus dem vorhandenen Datenmaterial eine eindeutige Zuordnung der Bodengesellschaften über Analogieschlüsse nicht möglich war bzw. wo bisher im Stadtgebiet von West-Berlin unberücksichtigte oder nicht vorkommende Kombinationen von Nutzungen und Geomorphologie auftraten (z.B. ehemalige Rieselfelder, Beckenbildungen in Hochflächen, kartierte Podsole der Endmoräne). Neben den in der Bodengesellschaftskarte von Berlin (West) verwendeten Bodengesellschaften wurden bei Vorhandensein entsprechender Kartierungen neue Bodengesellschaften und bei unzureichenden Vorinformationen Konzept-Bodengesellschaften sowie Sammelgesellschaften entwickelt. Somit haben die in der Karte verwendeten Bodengesellschaften drei unterschiedliche Differenzierungsniveaus und Bezeichnungen:

  1. Bodengesellschaften (BG) – Vergesellschaftungen von Böden in Abhängigkeit von Geomorphologie und Nutzung, die durch Untersuchungen im Gelände in Form von Detailkartierungen, Leitprofilen und Landschaftsschnitten tatsächlich nachgewiesen wurden.
  2. Sammelgesellschaften (SG) – Zusammenfassung von Bodengesellschaften, da in Ost-Berlin aufgrund des mangelnden Datenmaterials die einzelnen Bodengesellschaften der entsprechenden Sammelgesellschaft nicht differenziert zugewiesen werden können.
  3. Konzept-Bodengesellschaften – bisher in West-Berlin nicht ausgewiesene bzw. nicht vorkommende Kombination von Nutzung und Geomorphologie (z.B. eingeebnete bebaute Rieselfelder), für die eine Bestätigung durch Bodenuntersuchungen noch aussteht.
Zuweisung der Bodengesellschaften

Abb. 1: Schematischer Ablauf der Zuweisung der Bodengesellschaften

Zuweisung der Bodengesellschaften

Die Zuweisung der Bodengesellschaften erfolgte in mehreren Bearbeitungsschritten:

  1. Aus der Datei der Flächennutzungen konnte die jeweilige reale Nutzung der betrachteten Fläche ermittelt werden. Für jede Art der Flächennutzung – im folgenden als Nutzungskategorie bezeichnet – bestand ein spezieller Zielbaum zur Zuweisung der Bodengesellschaften (vgl. Abb. 1).
  2. Über die Nutzung und den Versiegelungsgrad als Kriterien für das Ausmaß der anthropogenen Bodenveränderungen sowie das vorhandene Datenmaterial (geologische Karten, Altlastenkataster, topographische Karten unterschiedlichen Alters, Gebäudeschadenskarten usw.) konnte entschieden werden, ob auf den Flächen weitgehend natürlich gewachsene Böden oder stark anthropogen veränderte Böden auftreten (vgl. Tab. 5).
  3. Flächen mit wenig veränderten Böden (ohne Aufschüttungen und Abträge und Versiegelungsgrad < 30 % – bei großflächiger Neubebauung < 25 %) wurden die Bodengesellschaften der naturnahen Böden entsprechend dem Zielbaum in Tabelle 6 zugewiesen.
  4. Flächen mit Versiegelungsgraden >/= 30 % (bei großflächiger Neubebauung >/= 25 %) erhielten die Bodengesellschaften der anthropogen stark veränderten Böden in Abhängigkeit von der Art der Nutzung und dem Bebauungstyp (vgl. Tab. 5).
Zuweisungsrichtlinien für Bodengesellschaften

Tab. 5: Zuweisungsrichtlinien für Bodengesellschaften in Abhängigkeit von Nutzungskategorie und Versiegelungsgrad

Die in den Abbildungen und Tabellen gezeigten Zuweisungsregeln sind als allgemeine Regeln anzusehen. Da die aktuelle Nutzung sowie der Versiegelungsgrad der Flächen häufig keine ausreichenden Informationen zur Zuweisung der Bodengesellschaften ergaben, mussten zahlreiche Einzelfallentscheidungen getroffen werden. Im besiedelten Bereich waren für die Vergabe der Bodengesellschaften neben dem Bebauungstyp auch historische Flächennutzungen von Bedeutung. Wohnsiedlungen auf ehemaligen Industriestandorten wurden als Industriegelände gewertet, z.B. die Wohnanlage Thälmannpark. Ebenso musste zur Beurteilung von Deponiestandorten, Militärstandorten, Rieselfeldern und sonstigen Aufschüttungen weiteres Informationsmaterial (Karten, Altlastenkataster, Luftbilder, Gutachten usw.) hinzugezogen werden.

Konnten stärkere anthropogene Bodenveränderungen ausgeschlossen werden, erfolgte die Bestimmung der naturnahen Bodengesellschaften nach dem in Tabelle 6 dargestellten Verfahren.

Zuweisung der Bodengesellschaften

Tab. 6: Zuweisung der Bodengesellschaften natürlicher Lithogenese

Für nahezu alle Bodengesellschaften existieren typische Landschaftsschnitte mit charakteristischen Bodentypen und Leitprofilen sowie deren wichtigsten ökologischen Eigenschaften.

Darstellung in der Karte

Für die Darstellung in der Karte wurden Bodengesellschaften, Konzept-Bodengesellschaften und Sammelgesellschaften zu Gruppen mit einheitlicher Farbgebung zusammengefasst. Bei der Gruppenbildung der naturnahen Bodengesellschaften war die geomorphe Einheit und für die anthropogenen Bodengesellschaften die Nutzung maßgebend.

Fortschreibung der Karte im Jahre 2003

Aufgrund der veränderten Geometrie der Kartengrundlage (Flächenaufteilungen und -zusammenlegungen) und der aktualisierten Flächennutzung und Versiegelung musste die Karte nach einem Jahrzehnt im Jahre 2003 überarbeitet und fortgeschrieben werden.

Für alle neuen Flächen wurde die Bodengesellschaft der bestehenden Karte dann übernommen, wenn eine eindeutige geometrische Zuordnung möglich war, keine entscheidende Nutzungsänderung stattgefunden hatte und der Versiegelungsgrad im Definitionsbereich der alten Bodengesellschaft lag. Bei einer Nutzungsänderung von einer baulich geprägten zu einer Freiflächennutzung wurde die alte Bodengesellschaft ebenfalls beibehalten.

Beim Auftreten einer Nutzungsänderung von einer Freiflächennutzung zu einer baulich geprägten wurde bei entsprechender Versiegelung eine „anthropogene“ Bodengesellschaft zugeordnet – ebenso bei einer schwellenüberschreitenden Erhöhung der Versiegelung.

Bei allen anderen neuen Flächen ist gutachterlich eine Bodengesellschaft bestimmt worden.

Eine wesentliche Ergänzung gegenüber der Bodengesellschaftskarte aus dem Jahre 1998 ist die zwischenzeitlich erfolgte zusätzliche Differenzierung der Bodengesellschaft BG 50 (Regosol + Pararendzina + Hortisol) und BG 50 a (Pararendzina + Lockersyrosem + Regosol) nach den unterschiedlichen Ausgangsgesteinen Geschiebesand, Flugsand, Talsand und Geschiebelehm. Die Zuordnung erfolgte auf der Grundlage der Geologischen Übersichtskarte von Berlin und Umgebung im Maßstab 1:100.000 (GÜK 100) Dadurch erhöhte sich die Zahl der Legendeneinheiten auf 76. Außerdem wurde zusätzlich in der Legende eine vierstellige Nummer der Bodengesellschaft eingeführt. Unter dieser Nummer werden die Bodengesellschaft und ihre Eigenschaften in der Bodendatenbank geführt.
Die im Maßstab 1 : 50 000 vorliegende Karte ist eine Übersichtskarte für die Ableitung von Zielen und Maßnahmen im Rahmen der Landesplanung. Detaillierte Aussagen zu einzelnen Grundstücken sind nicht möglich. Für derartige Aussagen sind projektbezogene Detailkartierungen notwendig.