Einleitung[1]
Die 1992 in Rio de Janeiro durchgeführte UN-Konferenz “Umwelt und Entwicklung” beschloss die AGENDA 21. Hier forderten die Unterzeichnerstaaten – und damit auch Deutschland – eine nachhaltige Bewirtschaftung der Bodenressourcen, die durch eine entsprechende Bodenpolitik und ein bodenpolitisches Instrumentarium sichergestellt werden soll: ”Durch eine integrierte Überprüfung aller Flächennutzungen ist die Möglichkeit gegeben, divergierende Nutzungsansprüche auf ein Minimum zu reduzieren, ein möglichst hohes Maß an gegenseitiger Abstimmung zu erreichen und die soziale und wirtschaftliche Entwicklung mit dem Schutz und der Gesunderhaltung der Umwelt zu verknüpfen, um so zur Verwirklichung der Ziele einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Die wesentlichen Elemente des integrierten Ansatzes kommen in der Koordinierung der mit den verschiedenen Aspekten der Bodennutzung und der Bodenressourcen befassten sektoralen Planungs- und Managementaufgaben zum Ausdruck” [AGENDA 21 1992]. (nach Lahmeyer 2000)
Als wesentliche Ziele werden die Förderung einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung, die integrierte Planung und Bewirtschaftung der Bodenressourcen, der Rückbau versiegelter Flächen sowie eine schonende landwirtschaftliche Bodenbearbeitung genannt. Hervorgehoben werden vier bodenschutzrelevante Aufgaben, die weltweite Bedeutung haben:
- Minimierung des Flächenverbrauchs
- Rückbau versiegelter Flächen
- Sanierung von Altlasten
- bodenschonende land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung. (nach Lahmeyer 2000)
Die fortschreitende Inanspruchnahme und Beeinflussung von Bodenflächen und deren Naturhaushaltseigenschaften betrifft auch – oder gerade – Berlin. Besonders im Stadtstaat Berlin ist in den vergangenen Jahrzehnten durch Bebauung und Versiegelung eine Verknappung der Ressource Boden und damit einhergehend eine stetige Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit der Böden festzustellen. Auch zukünftig ist trotz der abnehmenden oder stagnierenden Bevölkerungszahl in Berlin von weiteren Ansprüchen an die Nutzung von Bodenflächen für die Siedlungsentwicklung auszugehen. (nach Lahmeyer 2000)
Daher bedarf auch im Stadtstaat Berlin der Boden als begrenzte, nicht vermehrbare Ressource eines besonderen Schutzes. Die Nutzung des Bodens ist auf ein verantwortbares Maß zu beschränken, das auch künftigen Generationen eine lebenswerte Umwelt sichert sowie Chancen und Handlungsspielräume erhält. Das “verantwortbare Maß” muss durch politische Willensbildung unter Berücksichtigung des Machbaren bestimmt werden. (nach Lahmeyer 2000)
Eine nachhaltige Nutzung soll einen sparsamen und schonenden Umgang mit der Ressource Boden erreichen und Schädigungen und Gefahren für die Böden vermeiden bzw. vermindern. Die künftige Nutzbarkeit der Böden darf durch die gegenwärtige Nutzung möglichst wenig eingeschränkt werden. Einer irreversiblen Schädigung der natürlichen Bodenfunktionen muss insbesondere unter den begrenzten Sanierungsmöglichkeiten entgegengewirkt werden. Daher besteht die Notwendigkeit, Vorsorgegesichtspunkte zum Schutz der Böden und ihrer ökologischen Funktionen stärker zu berücksichtigen. (nach Lahmeyer 2000)
Mit Inkrafttreten des Bundesbodenschutzgesetzes im Jahre 1999 ist neben den Umweltmedien Wasser und Luft sowie dem Naturschutz nunmehr auch der Boden als schützenswertes Gut in das Licht der Öffentlichkeit getreten. Obwohl der Schutz des Bodens vor stofflichen Belastungen und die Sanierung belasteter Böden im Mittelpunkt der Regelungen dieses Gesetzes stehen, ist es erklärtes Ziel des Gesetzes, die vielfältigen Funktionen des Bodens insgesamt zu schützen und dafür auch entsprechende Vorsorge zu treffen.
Das Bundesbodenschutzgesetz unterscheidet dabei folgende Funktionen des Bodens
1. natürliche Funktionen als
a) Lebensgrundlagen und Lebensraum für Menschen, Tiere, Pflanzen und Bodenorganismen,
b) Bestandteil des Naturhaushalts, insbesondere mit seinen Wasser- und Nährstoffkreisläufen,
c) Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium für stoffliche Einwirkungen auf Grund der Filter-, Puffer- und Stoffumwandlungseigenschaften, insbesondere auch zum Schutz des Grundwassers.
2. Funktionen als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte
3. Nutzungsfunktionen als
a) Rohstofflagerstätte,
b) Fläche für Siedlung und Erholung,
c) Standort für land- und forstwirtschaftliche Nutzung,
d) Standort für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen, Verkehr, Ver- und Entsorgung.
Nachhaltiger Bodenschutz muss alle Funktionen sichern und entwickeln. Da jedoch gerade die natürlichen Bodenfunktionen und die Archivfunktion durch die Wahrnehmung der Nutzungsfunktionen eingeschränkt oder ganz unterbunden werden, steht der Schutz der natürlichen Bodenfunktionen somit im Mittelpunkt der Bestrebungen für nachhaltigen Bodenschutz.
Zielgerichtete Maßnahmen zum Bodenschutz setzen die Kenntnis der Leistungsfähigkeit, der Schutzwürdigkeit und der Empfindlichkeit der Böden voraus. Im Rahmen der Erarbeitung einer Bodenschutzkonzeption (Lahmeyer 2000) sollte die Möglichkeit geprüft und dargestellt werden, ob und inwieweit die Bodenfunktionen auf Grundlage der in Berlin zur Zeit verfügbaren Daten bewertet werden können. Mit der Bewertung der Bodenfunktionen, d.h. der Leistungsfähigkeit der Böden im Naturhaushalt, sollen schutzwürdige und schutzbedürftige Böden in Berlin erfasst werden, für die vorrangig Maßnahmen zum Schutz und zur Entwicklung zu ergreifen sind. (nach Lahmeyer 2000)
fn1. Der Text basiert im Wesentlichen auf Lahmeyer 2000.