Kieztourismus: Was junge Touristen in Berlin suchen und finden

Touristen an der East Side Gallery

Touristen an der East Side Gallery

Berlin ist bei vielen jungen Menschen als Reiseziel beliebt. Sie feiern sich durch die Berliner Kieze. Noch funktioniert das.

Die Beliebtheit von Berlin ist bei Touristen ungebrochen. Längst führen die die touristischen Trampelpfade bis in die Kieze - das ist für Bewohner nicht immer leicht zu ertragen.

Nicht nur am einstigen Grenzübergang Checkpoint Charlie ist es voll. Abends in der U-Bahn? Italiener mit Reiseführer auf dem Schoß. Im Café? Amerikaner, die auf der Speisekarte nach Spätzle oder Schnitzel suchen. In den Strandbars? Backpacker mit Bierdurst. Manchem Stipendiaten oder Künstler auf Durchreise gefällt «Börlin» so gut, dass er hängenbleibt.
Auch wenn der Charme der 1990er Jahre und die wilden Jahre nach dem Mauerfall vorbei sind: Die Spuren der Berliner Mauer, der volle Kulturkalender, die vielen alternativen Läden, Galerien und Clubs - das zieht noch immer. Es gibt mittlerweile über 100 Hostels.

Stress am Landwehrkanal

Am Landwehrkanal sind Anwohner genervt, wenn junge Leute auf der Admiralbrücke in lauen Nächten feiern und trommeln, bis der Mediator kommt. Nicht immer gern gesehen sind in den Bars die Partyhorden, die den Abschied vom Junggesellen-Dasein begießen. Und dass die Besucher zuweilen wie Kühe auf der Landstraße den Radweg blockieren, stört manche Berliner, die sich andererseits freuen, dass ihre Stadt so angesagt ist.

Bergmannstraße längst kein Insidertipp mehr

Die Touristen im Kiez? «Wahnsinn!», sagt Gastronomin Senay Celik (40), die vor ihrem Café «Knofi» in der Kreuzberger Bergmannstraße sitzt. Neulich hat Celik gedacht, es sei eine Demo im Viertel. Dabei war es nur wegen der Touristen so voll. Trödelläden sind verschwunden, immer neue Cafés öffnen. «Die Bergmannstraße hat sich sehr verändert.» Anonymer sei es geworden, auch wenn «Knofi» weiter seine Stammkundschaft habe, erzählt Celik. Sie weiß, dass die Mieten steigen können, wenn ein Laden im Stadtführer steht. Die Reisenden, die in ihrer Straße unterwegs sind, findet sie aber «sehr angenehm».

Nachtleben an der Oberbaumbrücke

Auch Dominik Bausinger (42) sieht den Wandel in seinem Viertel mit gemischten Gefühlen. Die Oberbaumbrücke, nahe der sein Restaurant «San Remo Upflamör» liegt, sei «sehr touristisch» geworden, findet er. «Die Läden für den täglichen Bedarf sind auf dem Rückzug.» Schon morgens hört er im benachbarten Wrangelkiez Englisch - «Dauertouristen», die dort leben. Wobei Bausinger die Besucher, die die Szene zwischen Friedrichshain und Kreuzberg erkunden, nicht unsympathisch findet. «Ob dieses Leben, an dem sie teilhaben wollen, überhaupt noch stattfindet, weiß man nicht», sagt er nachdenklich.

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Quelle: kra/dpa

Aktualisierung: 22. Dezember 2023