Mit Frauenladen jederzeit zur Berufsbildungsreife

Teilnehmerinnen im Mathematikunterricht

Eine neue Chance dank Schulabschluss

Ayla ist Fachgesundheitspflegerin. Seitdem sie im urologischen Krankenhaus arbeitet, ist ihr Leben ein anderes: Endlich hat sie eine Aufgabe, ein soziales Umfeld und ihr eigenes Geld. Doch der Weg dorthin war nicht einfach. Vor drei Jahren kam sie ohne Deutschkenntnisse, Schulabschluss und ohne Familie aus der Türkei nach Berlin. Ihre Nachbarin hatte sich Zeit genommen, ihr die deutsche Sprache beizubringen, dann war Ayla auf den Frauenladen in Charlottenburg gestoßen. Das Bildungsprojekt der Arbeit, Bildung, Wohnen GmbH begleitet Frauen mit und ohne Migrationshintergrund ein Jahr lang bis zur sogenannten Nichtschülerprüfung – und öffnet ihnen damit Türen zu Ausbildungsplätzen, Arbeitsstellen, finanzieller Unabhängigkeit und gesellschaftlicher Anerkennung.

Team Frauenladen

Das Rund-um-Paket des Frauenladens

Zweimal im Jahr beginnen im Frauenladen die Kurse in den Fächern Deutsch, Englisch, Mathematik, Biologie und Geschichte/politische Bildung.
Der Unterricht findet von Montag bis Freitag täglich sechs Stunden statt und qualifiziert nach etwa elf Monaten zur Teilnahme an der Prüfung.
Die einfache (BBR) oder die erweiterte Berufsbildungsreife (eBBR) können die Teilnehmerinnen jeweils abhängig vom bereits vorhandenen Wissenstand und der eigenen Motivation erlangen. „Alle Frauen haben gleich viele Stunden Unterricht, doch wer die eBBR anstrebt, muss mehr wissen und können, darum müssen die Teilnehmerinnen auch mal ein Arbeitsblatt zusätzlich bearbeiten und den erlernten Stoff nachmittags intensiv wiederholen“, erklärt Elke Piechatzek, eine der Organisatorinnen, Lehrenden und Ansprechpartnerinnen im Frauenladen. Doch auch nach dem Unterricht werden die Teilnehmerinnen nicht allein gelassen: Hilfsangebote wie Hausaufgabenbetreuung und Nachhilfestunden, Exkursionen und auch eine sozialpädagogische Betreuung ergänzen das Bildungsangebot.

Kostenlose Bildung dank des ESF

Bezahlen müssen die Teilnehmerinnen nichts, denn das Angebot ist für sie kostenlos. Finanziert wird der Frauenladen zu gleichen Teilen von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung sowie durch den Europäischen Sozialfonds (ESF), die Frauen mit dieser gemeinsamen Unterstützung des Projekts einen kostenlosen Zugang zu Bildung und damit den gesellschaftlichen Aufstieg sowie ein besseres Leben ermöglichen möchten. Dementsprechend setzt der Frauenladen seinen Schwerpunkt nicht nur auf die Prüfungsvorbereitung, sondern bemüht sich auch um eine berufliche Orientierung, sodass den Frauen am Ende ihrer Teilnahme nicht nur die Bildungsreife mit auf den Weg gegeben werden kann, sondern auch Ideen und Pläne für die nähere Zukunft. „Das Projekt ist mehr als Bildung“, sagt Piechatzek, „es gibt den Frauen Selbstbewusstsein, stärkt sie in ihren Vorhaben und Zielen und begleitet sie auf ihrem Weg dorthin.“

Offen für alle Berlinerinnen

Etwa 16 bis 18 Frauen beginnen im Durchschnitt jedes Lehrjahr, welches sowohl im Januar als auch im August startet. Teilnehmen kann jede, die in Berlin als wohnhaft gemeldet ist und die allgemeine Schulpflicht erfüllt hat, also zum Datum der Abschlussprüfung mindestens 16 Jahre alt ist.

Voraussetzung für den Besuch des ersten Kurses sind einzig ein Beratungsgespräch sowie ein Einstufungstest, damit die Lehrerinnen ihre Klasse einschätzen und an das vorhandene Wissen anknüpfen können. „Wir möchten somit möglichst vielen Frauen die Teilnahme und das Nachholen der Bildungsreife ermöglichen.“ Elke Piechatzek weiß aber auch, dass das straffe Programm eine Herausforderung darstellt. „Immerhin elf halten im Schnitt bis zu den Prüfungen durch“, sagt sie, „und schaffen in aller Regel dann auch die Prüfung.“ Tatsächlich bestehen 95 bis 100 Prozent die einfache oder erweiterte Bildungsreife, die Erfolgsquote könnte nicht höher sein.

Individuelle Beratung der Teilnehmerinnen

Viel Arbeit, viel Herzblut

Seit 2001 ermöglicht der Frauenladen nun bereits sozial benachteiligten Frauen das Nachholen der Bildungsreife. Das engagierte Team besteht aus lediglich vier Mitarbeiterinnen, die das Projekt organisieren, das Angebot aufstellen und betreuen und den Unterricht vorbereiten und halten.
„Möglich ist das alles nur durch die Finanzierung der Stadt und des ESF“, sagt Piechatzek. Der ESF hat seine Unterstützung bis 2022 schon zugesagt, das gibt nicht nur den Mitarbeiterinnen die Sicherheit, sondern auch den Interessentinnen, die eine Teilnahme erst in näherer Zukunft planen, da sie momentan noch nicht die notwendige Zeit und Kraft aufbringen können. „In dem Projekt steckt sehr viel Arbeit – für alle Beteiligten“, sagt Piechatzek, „aber auch jede Menge Herzblut“. Doch das ist es wert, denn das Projekt schenkt Frauen Bildung, die Chance auf eine Ausbildungsstätte und damit auch ein neues Leben.

  • Begünstigter
    abw – gemeinnützige Gesellschaft für Arbeit, Bildung und Wohnen mbh

    Ansprechpartnerin
    Elke Piechatzek

    Internetauftritt
    www.abw-berlin.de

    Projektlaufzeit
    01.01.2018-31.12.2019

    Prioritätsachse
    Förderung nachhaltiger und hochwertiger Beschäftigung und Unterstützung der Mobilität der Arbeitskräfte

    Investitionspriorität
    Gleichstellung von Frauen und Männern auf allen Gebieten, einschließlich des Zugangs zur Beschäftigung und des beruflichen Aufstiegs, Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben und die Förderung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für gleiche Arbeit

    Spezifisches Ziel
    Passgenaue Erhöhung des Qualifikationsniveaus von Beschäftigten und Selbstständigen

    Förderinstrument
    Frauenspezifische berufliche Orientierung / Qualifizierung

    Finanzierung
    Gesamte öffentliche Mittel:
    91.195 EUR Davon
    EU-Mittel:
    45.354 EUR

    EU-Programm
    Europäischer Sozialfonds (ESF)

    Online
    www.berlin.de/esf

  • Reportage Frauenladen

    PDF-Dokument (317.5 kB)