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ARCHIV: Rundschreiben Soz Nr. 11/2020 zur abweichenden Regelsatzbemessung nach § 27a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB XII in Bezug auf die erforderliche, Corona bedingte Anschaffung von Schutz- und Hygieneartikeln bei Personen, die laut Einschätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI) zu den besonderen Risikogruppen gehören.
vom 9. Juni 2020. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat das Rundschreiben für Leistungsberechtigte nach dem Vierten Kapitel für nicht anwendbar erklärt. Aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit, wird das Rundschreiben daher nicht nur für das Vierte Kapitel SGB XII, sondern auch für die anderen Leistungsberechtigten nach dem SGB XII aufgehoben.
Anlässlich vorliegender Petitionen musste in Bezug auf die erforderliche Corona bedingte Anschaffung von Schutz- und Hygieneartikeln bei Personen, die nach RKI zu den besonderen Risikogruppen gehören, eine Entscheidung über die rechtliche Möglichkeit der abweichenden Regelsatzbemessung nach § 27a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB XII getroffen werden.
Die rechtliche Prüfung der für Soziales zuständigen Senatsverwaltung hat zu dem Ergebnis geführt, dass bei bestimmten Personen die gesetzlich normierten Bedingungen für eine abweichende Regelbedarfsbemessung als erfüllt anzusehen sind.
Personen im Bezug von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII sind nicht in der Lage, die stark gestiegenen Preise für Schutz- und Hygieneartikel aus den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln aufzubringen. Die Regelung gilt auch entsprechend für Personen mit Leistungen der Hilfen zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel SGB XII.
Nach § 27a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB XII kommt eine abweichende Regelsatzfestsetzung dann infrage, wenn es sich um einen vom Regelbedarf abgedeckten Bedarf handelt, der nicht nur einmalig, sondern für die Dauer von über einem Monat besteht. Besteht die besondere Bedarfslage also über einen Monat hinaus, erfolgt die abweichende Regelsatzfestsetzung ab dem ersten Monat, in dem die besondere Bedarfslage vorliegt. Die Zulässigkeit einer Erhöhung des maßgeblichen Regelsatzes hängt zum einen von der Begründetheit der erforderlichen Mehraufwendungen und zum anderen von der fehlenden Möglichkeit eines anderweitigen Ausgleichs ab. Alle genannten Bedingungen werden in dieser besonderen Situation als erfüllt angesehen.
Schutz- und Hygieneartikel sind bei der Ermittlung der maßgeblichen Regelbedarfe in den Abteilungen 6 und 12 zu 100% als regelbedarfsrelevant berücksichtigt worden und fallen insbesondere seit der Covid19-Pandemie nicht nur einmalig, sondern regelmäßig an. Begründen lassen sich die erforderlichen Mehraufwendungen mit den Empfehlungen des RKI, zum eigenen Schutz sowie zum Schutz anderer Masken und Handschuhe zu tragen, sowie sich verstärkt die Hände zu waschen und zu desinfizieren. Vor dem Hintergrund, dass sich – bedingt durch die Covid19-Pandemie – viele regelbedarfsrelevante Ausgaben erhöht haben, kann hier auf einen internen anderweitigen Ausgleich nicht verwiesen werden.
Eine einfache Erklärung der leistungsberechtigten Personen zur Begründetheit seiner Mehraufwendungen ist hier jedoch nicht ausreichend. Vielmehr bedarf es in der Regel als Nachweis für die Begründetheit des erhöhten Mehraufwandes eines ärztlichen Attestes. Daraus muss hervorgehen, dass die leistungsberechtigte Person zur Corona-Risikogruppe gehört und die Durchführung verstärkter Hygienemaßnahmen zwingend erforderlich ist. Dies betrifft nach RKI insbesondere die folgenden Personengruppen:
- chronische Lungenerkrankungen (z. B. COPD),
- Patientinnen und Patienten mit einer Krebserkrankung
- Patientinnen und Patienten mit geschwächtem Immunsystem (z. B. aufgrund einer Erkrankung, die mit einer Immunschwäche einhergeht oder durch die regelmäßige Einnahme von Medikamenten, die die Immunabwehr beeinflussen und herabsetzen können, wie z. B. Cortison).
Sofern bei der leistungsberechtigten Person die hier aufgeführten Erkrankungen bei den Sozialämtern bereits aktenkundig sind, kann auf die Vorlage eines ärztlichen Attestes verzichtet und der Hygienemehrbedarf als Erhöhung des Regelsatzes nach § 27a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB XII auf Antrag und unter Beachtung des § 44 Abs. 2 SGB XII, gewährt werden.
Darüber hinaus können auch andere vom RKI genannte Erkrankungen, die mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko für die leistungsberechtigte Person verbunden sind, zu einer abweichenden Regelsatzbemessung führen. Dies ist jedoch im Rahmen eines von der behandelnden Ärztin
bzw. vom behandelnden Arzt auszustellenden Attestes entsprechend darzulegen. Weitere Nachweise sind nicht zu erbringen.
Sofern die genannten Voraussetzungen zutreffen, kann der erhöhte Hygienemehrbedarf für einen begrenzten Zeitraum ab Antragstellung
vom 1. Juni 2020 bis vorerst 30. September 2020 als Pauschalbetrag in Höhe von 16,00 Euro monatlich nach § 27a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB XII gewährt werden.
Abteilung Soziales
Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales
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