TOPOTEK 1, Gesellschaft von Landschaftsarchitekten mbH, Berlin
Verfasser:innen: Martin Rein-Cano
Mitarbeiter:innen: lvana Gligorovska, Martin Smrekar, Francesca Venier, Xinyi Xiang
Die Qualität der Arbeit begründet sich im Zusammenwirken der den Platz rahmenden, ehemaligen Verkehrsflächen und der eigentlichen Platzfläche sowie deren feinmaschiger Durchgestaltung. Diese wird mit einem camouflageartigen Muster aus befestigten, grünen und wassergebundenen Flächen überzogen, die sich einer Hierarchisierung von Orten und Verbindungen bewusst entziehen.
Der Entwurf ermöglicht ein Flanieren, jedoch fehlen durch eine differenzierte Zonierung unterschiedliche Aufenthaltsangebote. Auch ist ein schnelles Durchqueren, was für diesen urbanen Ort eine wichtige Funktion darstellt, nicht möglich. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die Staudenflächen dem Nutzungsdruck Stand halten. Eine mögliche Einfassung der Grünflächen würde den fließenden Raum konterkarieren. Die Wegeführung folgt nicht den direkten Quell- und Zielverbindungen, was die Orientierung erschwert. Insbesondere für mobilitätseingeschränkte Personen fehlt ein Leitsystem.
Das Konzept berücksichtigt in besonderem Maß die bestehenden Baumstandorte und ergänzt sie durch einige Baumneupflanzungen. Jedoch muss, aufgrund des vorgesehenen Wegebaus, Pflasterungen und wassergebundenen Decken mit einem hohen Aufwand in der baulichen Umsetzung im Hinblick auf den Schutz der Wurzelräume gerechnet werden. Ebenso ist aufgrund der Kleinteiligkeit der Flächen von einem relativ hohen Pflege- und Unterhaltsaufwand auszugehen.
Die Reduktion des bestehenden Versiegelungsgrads wird begrüßt. Jedoch erscheint das vorgeschlagene Niederschlagswasserbeseitigungskonzept aufgrund vorhandener Leitungs- und Baumbestände voraussichtlich in dieser Form nicht umsetzbar. Die Anordnung der Marktfläche im Bereich der Feuerwehrzufahrt wird kritisch bewertet.
Das Preisgericht würdigt die hochwertige, gestalterische Umsetzung des konzeptionellen Ansatzes, es wird jedoch angezweifelt, ob die gärtnerische und landschaftliche Gestaltung im gründerzeitlichen Kontext eine tragfähige Lösung für den Lausitzer Platz bereithält.
Ausgehend von der heute sichtbar gescheiterten Strategie eines kontinuierlichen konzeptlosen Hinzufügens von Nutzungen schreiten die VerfasserInnen zum Befreiungsschlag: die mittige baumbestandene Fläche, von den VerfasserInnen als grüne Mitte bezeichnet, wird mit einem durchgängigen Belag aus wassergebundener Decke, in die unterschiedliche Substrate, Saatgut und Granulate eingearbeitet werden, belegt. Diese auf den ersten Blick radikale Maßnahme fußt auf der richtigen Erkenntnis, dass weite Bereiche der Mitte durch den dichten, schattigen Baumbestand für herkömmliche Grünflächen ungeeignet sind. Der Belag ist selbstredend trockenresistent, je nach Regenintensität wird er sich temporär über Spontanvegetation begrünen.
Leider wird die Machbarkeit dieses innovativen Belages bezüglich Unterhalt und Entwicklungsfähigkeit nicht weiter dargestellt, hier wären zwingend mehr Angaben nötig gewesen, um das Projekt weg vom Experiment- Status zu führen. Zudem bräuchte es auch Angaben zum Umgang mit den bestehenden Wurzelräumen.
Der Gedanke der durchgehenden, begehbaren, mittigen Fläche würde die VerfasserInnen von formalen Problemen bezüglich diagonaler Querungen eigentlich entbinden. Unter diesem Aspekt wirkt das Asphaltwegenetz durch diese Fläche eher als Notfallschirm und schmälert die Kraft der Grundidee.
Eingeschrieben in die durchgehende Wegedecke werden die bestehenden Spielplätze sowie neue Initial- Spots, die jedoch bewusst informell gehalten werden und Raum lassen für Eigeninitiativen der BenutzerInnen. So wünschbar dieser Ansatz ist, erscheint er unter dem übergroßen Nutzungsdruck wenig realistisch.
Im Kontrast zur zelebrierten Informalität der grünen Mitte bildet ein rahmendes Band die Einfassung dieser Fläche. Hier werden in Nord- Südrichtung in vertrauter formalen Sprache die nachbarschaftlichen Bedürfnisse an Gärtnern, Tischtennis, Veloabstellplätzen abgearbeitet. Eine leichte Einmuldung dieser Flächen schafft die nötigen Retentionsvolumen für das Regenwasser, von dort wird es dann in unterirdischen Rigolen geführt.
Im Norden schafft ein Marktplatz entlang der Straße ein attraktives Vorfeld für die bestehenden Gastronomien. Teil des Rahmens bildet ebenfalls der umlaufende Weg aus Großsteinpflaster als gemischte Bewegungsfläche. Zu den Gebäuden werden in einer Nachbarschaftszone die Zugänge für die Gebäude und die Gastronutzungen organisiert.
Insgesamt überrascht das Projekt mit einem innovativen Vorschlag bezüglich flächiger Belagsgestaltung, dessen Machbarkeit jedoch zu wenig plausibilisiert wird.
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen
Referat Architektur, Stadtgestaltung, Wettbewerbe