Los 2 „Torhaus"

Das Projekt zeichnet sich aus durch seine klare Struktur, die sich konsequent durch das gesamte Gebäude zieht und mit fester Hand und hohen Ansprüchen geplant ist.

Die Lochfassade ist klassisch und vielschichtig gegliedert, wobei mit Lisenen, Stürzen und Fensterbändern eine ausgewogene Plastizität hergestellt wird. Das regelmäßige Achsenmaß der insgesamt acht Fensterachsen wird an zwei Stellen geringfügig aufgeweitet, es entsteht eine subtile, vertikale Dreiteilung der Fassade.

Der prominente Durchgang zum Hof fügt sich an der Breite Straße in voller Höhe in den zweigeschossigen Sockel ein und wird nach Innen mit einer eleganten, fließenden Bewegung auf ein Geschoss reduziert. Er markiert mit einer großzügigen Gebärde den Eingangsbereich der Wohnungen der sich im Durchgang befindet und ermöglicht damit eine sehr flexible Nutzung des Erdgeschosses. Die archäologischen Funde liegen unter der erhöhten hofseitigen Gewerbeeinheit und sind von unterschiedlichen Blickwinkeln über großflächige Öffnungen in der Hofpassage von drei Seiten sichtbar. Die hofseitige Erschließung dieser Gewerbeeinheit sowie des Müllraums ist in Anbetracht der Höhenunterschiede nicht gelöst. Die Adressierung der Wohnungen über das Tor mit dem Eingangsbereich im Durchgang überzeugt. Die Aktivierung und damit Belebung des Durchgangs wird positiv gewertet. Der Verlauf des zentralen Treppenhauses wird im Erdgeschoss aufgrund der unterschiedlichen Geschosshöhen in Frage gestellt.

Die zentrale Erschließung der Wohnungen ist kompakt und klar strukturiert. Die Innenecken des T-förmigen Baukörpers werden als großzügig gestaltete Laubengangerschließung konzipiert, die mit (semi)privaten Außenräumen zur kollektiven Nutzung einladen. Der unkonventionelle Umgang mit Erschließung und Außenraum an dieser Stelle erfordert jedoch eine genauere Betrachtung, da private und semiprivate Bereiche nicht eindeutig definiert oder abgegrenzt sind und sich diese Erschließungsstruktur nicht für jede Zielgruppe eignen wird. Der Entwurf zeichnet sich zudem durch die klare und gleichbleibende Grundrissstruktur aus, in der alle Wohnungen grundsätzlich durchgesteckt sind.

Die ermittelten Baukosten liegen 7 % über dem Budget was u. a. in den hohen Kosten für die außenliegenden Flächen durch die schmalen Austritte liegt.

Das Projekt ist voller interessanter und vielversprechender Widersprüche, die vielleicht der Schlüssel zur architektonischen Qualität sind.

Städtebaulich soll das Haus als Torhaus fungieren und die Öffentlichkeit von der Breite Straße durch die Hofdurchfahrt in das Blockinnere leiten. Leider sind jedoch die Durchfahrt und die Hofpassage nicht entsprechend einladend gestaltet und machen der Öffentlichkeit kein Angebot.

Die Fassadengliederung orientiert sich im Ansatz am klassischen Aufbau eines Berliner Wohnhauses mit überhöhtem Erdgeschoss, Mittelteil und Abschluss, ist jedoch vertikal gegliedert.

Obwohl das Gebäude als T-förmiges Haus viel mehr Volumen zur Hofseite aufweist, schafft es eine starke Adressbildung und Lebendigkeit an der Breite Straße, wo die Eingänge zur Hofdurchfahrt, zum Wohnhaus und zu den Gewerbeeinheiten präsent sind.

Ein weiterer fruchtbarer Dialog entsteht zwischen der pragmatischen, kosten- günstigen Konstruktion und der räumlichen Großzügigkeit. Aus dem Problem des Lärms von der Breite Straße wird eine Tugend gemacht. Das Treppenhaus erhält drei Fensterachsen zur Breite Straße, während die Wohnungen ruhig zu den Hofseiten orientiert sind. Der Treppenhaus- und Flurbereich erhält hierdurch natürliches Licht, die Wohnungen sind zur ruhigen Gartenseite ausgerichtet. Durch die Positionierung des Treppenhauses an der Straßenfassade entsteht eine besondere Erschließungssituation für geschossweise zwei Wohnungen über Stadtloggien an der Breite Straße.

Die archäologischen Funde erhalten die gewünschte Aufmerksamkeit, ohne im Vordergrund des Projekts zu stehen. Vielmehr geht es bei dieser Arbeit um den Umgang mit Konstruktion, Licht und Material. Der Ausdruck des Hauses entsteht aus einer pragmatischen, fast einfachen Lösung der Herausforderungen, die das Grundstück des Los 2 mit sich bringt. Jede Herausforderung wird mit Leichtigkeit in einen Vorzug verwandelt.

Standardlösungen und unkonventionelle Ansätze stehen spannungsreich nebeneinander, was zu einer interessanten Mischung führt. Die Anforderungen an den Wohnungsschlüssel und den Lärmschutz werden zu 100 % erfüllt. Die Kosten werden eingehalten, sogar leicht unterschritten.

Die Stärke dieses Entwurfs liegt in seiner Pragmatik, die zu einer besonders günstigen Bewertung der Baukosten geführt hat. Der Entwurf kennzeichnet sich durch seine einfache Konzipierung. Der kompakte, zentral im T-förmigen Grundriss positionierte Erschließungskern erschließt sowohl den vorderen als den hinteren Bereich des Gebäudes. An den relativ langen Korridoren liegen jeweils drei bzw. vier Wohnungen. Die Wohnungsgrundrisse sind effizient geplant und haben in der Bewohnung eine gute raumweise Abfolge. Die Möblierungsmöglichkeiten der Wohnungen werden kontrovers diskutiert.

Die regelmäßige Rasterfassade an der Breite Straße wird maßgeblich durch die abgewinkelten Pfeiler und die filigranen Sichtbetonbänder geprägt. Die Fassade erhält dadurch eine besondere Plastizität, die gleichermaßen als Raumschicht für Balkone fungiert und deren klare Struktur durch die farblich differenzierten Klinker verstärkt wird.

Der Durchgang zur Hofpassage ist als Durchgangsraum konzipiert, an dem, außer den logistisch nachvollziehbaren Müllräumen, keine qualitätsstiftenden Aufenthaltsräume oder Verkehrsflächen verortet sind.
Die Hoffassaden unterscheiden sich in Gestaltung und Materialität deutlich von der Fassadengestaltung an der Breite Straße. Weder die Plastizität, noch die Materialität stehen hier im Bezug zueinander.

Die Adressierung des Eingangsbereichs der Wohnungen an der Breite Straße wird grundsätzlich positiv gewertet, wird aber seiner Bedeutung neben dem sehr artikulierten Durchgang nicht gerecht. Die archäologischen Funde sind über verschiedene archäologische Fenster rundum einsehbar, doch räumlich sehr komprimiert.

Ob die unterdurchschnittlichen Kosten, insbesondere der Einsatz von Kunststofffenstern, dem Qualitätsanspruch an dieser Stelle gerecht werden können, wird angezweifelt.