Normalerweise wird eine Stelle mit Solidarischem Grundeinkommen von den Arbeitgebenden ausgeschrieben. Mit einer überzeugenden Idee schuf sich der Taxifahrer und Allrounder Klaus Meier seine Tätigkeit selbst.
Als der Berliner Senat das Solidarische Grundeinkommen (SGE) aus der Taufe hob, wurde ein System mit ganz unterschiedlichen Einsatzfeldern definiert, in denen die am Programm Teilnehmenden tätig sein können: Von der Arbeit in Kitas und Schulen über die Umwelthilfe bis hin zur Kulturorganisation ist in den elf Jobclustern für jede und jeden etwas dabei. Nirgendwo jedoch war vom Taxigewerbe die Rede. Dass es trotzdem heute im Einsatzfeld »Lotsendienste Teilhabe und Prävention« einen »Taxi-Soziallotsen« gibt, ist dem Engagement Klaus Meiers zu verdanken. 1985 fuhr er zum ersten Mal Taxi in Berlin. Als Insider kennt er heute die Probleme der Branche genau. Und er will etwas ändern.
Meier, 1960 in Westberlin geboren, wuchs im Fotolabor und Trickfilmstudio seines Vaters auf. Das prägte ihn. Nach dem Abitur arbeitete er als Freiberufler in allen Tätigkeitsbereichen der Fernseh- und Dokumentarfilmproduktion, im nicht kommerziellen Bereich ebenso wie fürs private Fernsehen, teils neben dem Studium, später hauptberuflich. Als die einstmals saftigen Tageshonorare für Freischaffende massiv gekürzt wurden, sattelte er um: Mit Computern und Internet seit ihren Anfängen vertraut, stieg Meier 1992 auch beruflich in die digitale Materie ein, beschäftigte sich mit Softwareentwicklung und schrieb die Organisationssoftware für den FilmFest-Ableger VideoFest, der heute unter dem Namen transmediale weiterlebt.
Meier spricht drei Sprachen fließend, neben seiner Muttersprache Deutsch ebenso gut Französisch und Englisch, darüber hinaus ein wenig Chinesisch und Portugiesisch. Bildung war für ihn Selbstzweck, nicht Karriereoption. »Ich studierte nicht wegen eines Abschlusses, sondern um meine Persönlichkeit zu bilden«, sagt er. »Ich sah die Universität als einen großen Produktionsapparat. Dort machte ich dann auch erste Gehversuche mit eigenen Filmen, das Equipment konnte ich mir an der Uni ausleihen.« Taxifahren aber blieb sein Nebenjob, ein noch gut bezahlter. »Das war gedacht als eine Sache, die mich gut ernähren kann, wenn einmal etwas nicht geradlinig läuft – quasi als Überbrückung vor einem Neustart.«
Der Plan ging zunächst auf. »Meine allererste Schicht fuhr ich 1985 in Westberlin, während meines Sinologiestudiums. Als blutiger Anfänger verdiente ich in weniger als vier Stunden hundertzwanzig Mark – zweimal meine Monatsmiete!«, erinnert sich Meier. Heute ist das unvorstellbar; die Zeiten, in denen das Einkommen von Taxifahrerinnen und Taxifahrern einem vernünftigen Facharbeitergehalt entsprach, sind vorbei. Stundenlöhne von sieben, sechs, fünf oder noch weniger Euro sind Alltag. »Taxifahren ist kein offiziell anerkannter Beruf, deswegen gibt es auch keine anerkannten Berufskrankheiten, obwohl Taxifahrer typische Beschwerden entwickeln«, sagt Meier. »Das Taxi erweist sich immer häufiger als biografische Sackgasse.«
Was heute Gig-Economy genannt wird – damit ist ein fast immer dürftig bezahltes, von einzelnen kleinen Aufträgen geprägtes Erwerbsleben gemeint –, kennt die Taxibranche schon lange. »Nur dann bezahlt zu werden, wenn gerade einmal Arbeit da ist, ist in unserem Gewerbe inzwischen ganz normal«, sagt Meier.