Was folgt, nachdem die gesetzliche Unfallversicherung eine Berufskrankheit oder einen Arbeitsunfall anerkannt hat? Erhalten Versicherte die Leistungen, die sie benötigen? Ist das ohne Unterstützung zu schaffen? Muss die Rehabilitation verbessert werden? Diese Fragen standen im Mittelpunkt der gemeinsamen Online-Veranstaltung der Beratungsstellen Berufskrankheiten aus Berlin, Hamburg und Bremen im November 2023.
Dass dieses Thema viele Menschen belastet, zeigte die Teilnehmendenzahl. Über 150 Interessierte schalteten sich zu der Veranstaltung zu. Es informierten sich unter anderem Betroffene, Versicherte und ihre Angehörigen, Beschäftigte diverser Branchen, Mitglieder von Betriebs- und Personalräten, Schwerbehinderten- und Frauenbeauftragte, Gewerkschaftsvertretungen und Gesundheitsmanager/innen.
Zunächst referierte Thorsten Schäfer von der Beratungsstelle Arbeit & Gesundheit Hamburg über die Vielzahl von Unterstützungsmöglichkeiten für Versicherte durch verschieden Reha-Träger und andere Akteure/Akteurinnen. Einen Schwerpunkt setzte er auf das 2018 geänderte Sozialgesetzbuch IX zur Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen. Hier sind im Sinne des Vorranges der Prävention insbesondere die Grundsätze zur Gestaltung eines gelungenen Rehabilitationsprozesses festgelegt. Herr Schäfer stellte verschiedene Leistungen zur Teilhabe vor und betonte, dass diese von Versicherte vom Gesetz her, aufgrund verschiedener Lebenssituationen mit gesundheitlichen Einschränkungen, beantragt werden können.
Dass es in der Praxis leider nicht immer so reibungslos klappt, wurde im Vortrag von Karin Wüst, der Leiterin der Berliner Beratungsstelle Berufskrankheiten, deutlich. Ihr Vortrag konzentrierte sich auf mögliche Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. So betonte sie, dass rechtlich die Sache eigentlich klar sei. Wer nachweislich im Zusammenhang mit seiner Arbeit erkranke, habe Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies gelte bei allen anerkannten Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Allein für Beamte/Beamtinnen griffen andere Regelungen, sie müssten ihre Ansprüche bei der Dienstunfallfürsorge geltend machen und sind voll beweispflichtig. Eine Amtsermittlungspflicht des Dienstherrn wird dabei nur selten wahrgenommen. Für alle anderen Versicherten gelte: der jeweils zuständige Unfallversicherungsträger müsse die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit mit allen geeigneten Mitteln wiederherstellen sowie für geeignete Heilbehandlungsmaßnahmen sorgen. Dazu gehören medizinische Rehabilitationen, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, wie etwa Umschulungen, Geldleistungen, wie die Zahlung von Verletztengeld, oder Renten und – im Todesfall – die Hinterbliebenenleistungen.
In der Beratungspraxis zeigen sich aber regelmäßig Probleme aus Sicht von Versicherten, so Frau Wüst. So würde beispielweise regelmäßig die Kostenübernahme von bestimmten Behandlungen, die Versicherte von ihren Ärzten/Ärztinnen verordnet bekämen, von den Unfallversicherungsträgern abgelehnt –trotz einer Anerkennung als Berufskrankheit oder Arbeitsunfall. Der zentrale Schlüsselfaktor sei dabei der Ermessenspielraum der Unfallversicherung, der in § 26 SGB VII festlegt ist. Die Unfallversicherungsträger können dadurch in eigenem Ermessen über Art, Umfang und Durchführung von Heilbehandlungen und anderen Leistungen entscheiden. Mit Unterstützung der Beratungsstellen ist es in der Vergangenheit allerdings gelungen, in einigen Fällen notwendige Leistungen erfolgreich einzufordern.
Die Eindrücke aus Berlin, Hamburg und Bremen wurden in der abschließenden Diskussionsrunde bestätigt, als die Vertreter/innen der Beratungsstellen Hamburg und Bremen aus ihrer Beratungspraxis berichteten. Zudem teilten Versicherte ihre teilweise leidvollen Erfahrungen über das Feststellungsverfahren bei der gesetzlichen Unfallversicherung. Es zeigte sich einmal mehr, dass der Bedarf nach unabhängiger Unterstützung von Versicherten in diesen Verfahren sehr groß ist.
Da Frau Wüst zum Ende des Jahres 2023 in den Ruhestand geht, nahm sie bei dieser Veranstaltung auch gleichzeitig die Gelegenheit wahr, sich offiziell zu verabschieden.
Die Arbeit der Berliner Beratungsstelle Berufskrankheiten wird unter neuer Leitung durch Herrn Dr. Strobel aber auch über das Jahr 2024 hinaus weitergehen. Das Beratungs- und Unterstützungsangebot steht allen Ratsuchenden und Versicherten und ihren Angehörigen offen, die in Berlin wohnen, arbeiten oder gearbeitet haben. Wer am Arbeitsplatz verunglückt oder den Verdacht hat, dass seine Erkrankung auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen ist, sollte den Verdacht beim zuständigen Unfallversicherungsträger melden. Die Berliner Beratungsstelle Berufskrankheiten unterstützt von Beginn an dabei, die Rechte gegenüber dem Unfallversicherungsträger und bei Beamten/Beamtinnen gegenüber der Dienstunfallfürsorge durchzusetzen.