Lieferdienste auf der Überholspur mit Nachholbedarf
Bild: Unsplash/Patrick Connor Klopf
Die Lieferdienste sind ein rasant wachsender Bereich in der Branche Handel und Warenlogistik. Berliner Start-ups nutzen die Metropole, um einen schnellen Start zu wagen und zügig zu wachsen. Leider führt die rasche Ausbreitung der Start-ups oft dazu, dass der Arbeitsschutz nicht vollständig umgesetzt wird. In der letzten Zeit stehen manche Arbeitsbedingungen in der Kritik, die aufgrund von Streiks und Protesten der Beschäftigten in der Presse veröffentlicht und von der Politik aufgegriffen worden sind.
Das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit – LAGetSi hat als zuständige Arbeitsschutzaufsicht Beschwerden zu Lieferdienst-Betrieben erhalten. Inhalte dieser Beschwerden betrafen die Arbeitsplätze, aber auch die Arbeitsmittel in verschiedenen Betrieben. Beispielsweise wurden die Zustände der sanitären Einrichtungen, der Fußböden und der Pausenbereiche bemängelt.
Die betroffenen Betriebsstätten wurden von Aufsichtskräften des LAGetSi aufgesucht, um vor Ort die Arbeitsbedingungen und zugehörigen Gefährdungsbeurteilungen zu überprüfen. Die Inhalte aus den Beschwerden bestätigten sich hierbei. So wurden unter anderem Fahrräder mit beschädigten Teilen entdeckt. Die Sattel wiesen Brüche auf und die Taschen zum Transport der Waren auf dem Fahrrad wurden mit Klebeband festgehalten, weil sie bereits gerissen waren.
Weitere Mängel fanden die Aufsichtskräfte im Bereich der Arbeitsstätten bei der Beschaffenheit des Fußbodens und der Decke, dazu ein beschädigtes und notdürftig befestigtes Treppengeländer, unzureichende Fluchtwege oder notdürftige Brandschutzmaßnahmen. Aber auch die Lichtverhältnisse in einer Toilette, die aufgrund des Abklebens von Fensterglas mit schwarzer Folie und defekter Beleuchtung entstanden, mussten in einer Betriebsstätte angesprochen werden, damit es dort nicht weiterhin dunkel blieb.
Aufgrund des Erscheinungsbildes von aufgebrochenen Stellen des Fußbodens musste in einer Betriebsstätte die Vermutung auf das Vorhandensein von Asbest geäußert werden. Darüber hinaus ergab sich bei brüchigen Deckenplatten ein weiterer Verdacht auf künstliche Mineralfasern („KMF“), die je nach Alter und Beschaffenheit krebserzeugend sein können.
Im Anschluss an die Betriebsbesichtigungen suchte das LAGetSi die verantwortlichen Personen in der Zentrale des jeweiligen Unternehmens auf. Die Zustände der Betriebe vor Ort und die rechtlichen Vorgaben im Arbeitsschutz wurden besprochen und entsprechende Maßnahmen zur Beseitigung gefordert.
Für den Standort mit dem beschädigten Fußboden unter Asbestverdacht und KMF in den Deckenplatten wurde eine vorübergehende Schließung empfohlen, um die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten entsprechend sicherzustellen. Die verantwortliche Person befolgte diesen Rat und veranlasste die Schließung des Standorts für die Beseitigung der Mängel. Ein Gutachten bestätigte im Anschluss, dass tatsächlich krebserzeugende KMF in den Deckenplatten analysiert wurden, die Asbestmessung am Fußboden fiel erfreulicherweise negativ aus.
Nach Durchführung der Renovierungsarbeiten teilte die verantwortliche Person des betroffenen Unternehmens mit, dass an dem geschlossenen Standort die Fußböden, die Deckenplatten und das Treppengeländer instandgesetzt worden waren.
Nach Abschluss der Renovierung wurde die Konzentration der KMF – Fasern in der Luft gemessen, um die Freigabe für den Standort erteilen zu können. Nach einiger Zeit wurde eine Nachbesichtigung vorgenommen, um die Zustände vor Ort erneut zu beurteilen. Nicht selten werden dann weitere Mängel festgestellt, wenn zum Beispiel der zuvor geräumte Fluchtweg erneut mit Gegenständen verstellt wurde.
Arbeitsschutz ist ein stets präsentes Thema, je schneller ein Unternehmen wächst, desto wichtiger ist es, die Arbeitssicherheit für alle Beschäftigten im Blick zu behalten und ebenso weiter zu entwickeln.
Schon gewusst?
Starren Sie ab und zu mal die Decke an? Das ist zu empfehlen, wenn Deckenplatten vorhanden sind, die künstliche Mineralfasern (KMF) enthalten könnten. Denn die KMF, die bis etwa 2000 u.a. in Deckenplatten verarbeitet wurden, könnten sich als krebserzeugend erweisen. Schauen Sie hier besser zweimal hin, nach RAL-Zeichen oder dem Herstellungsjahr. Beschädigte Platten sollten Sie unbedingt untersuchen und ggf. austauschen lassen.
Der Umgang vieler Lieferdienste mit ihren Beschäftigten lässt zu wünschen übrig. Neben dem Arbeits- und Gesundheitsschutz fehlt es den Ridern oft an ausreichendem Rechtswissen, um vertraglich die eigenen vorhandenen Rechte zur Beschäftigung und Entlohnung durchzusetzen (Mindestlohn, Arbeitszeit). Aber auch die betriebliche Mitbestimmung bleibt bei der Kurzlebigkeit mancher Unternehmen auf der Strecke. Workshops wollen aufklären – sprechen Sie uns an.
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