Der Umgang mit kleinen Beschwerden im großen Konzern

Beschäftigte eines Unternehmen sitzen an einem großen Tisch in einer Besprechung.

Innerhalb eines großen Konzerns kann sich die Vielzahl an Wahrheiten zu einer Suche nach möglichen Fakten entfalten, die dann im Umgang mit dem beanstandeten Problem eines besonderen Fingerspitzengefühls bedarf. Über eine solche Situation wird hier berichtet:

Zu Beginn der Corona-Pandemie erhielt das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit (LAGetSi) Beschwerden von Beschäftigten aus verschiedenen Unternehmen eines Konzerns. Zunächst wurde die zu langsame Bestückung mit Plexiglasscheiben in Kundenbereichen von Unternehmen bemängelt, dann gab es Beschwerden zu fehlenden und unzureichenden Gefährdungsbeurteilungen (GBU) und Unterweisungen (UW). Zeitlich versetzt wurden weitere Kundenbereiche hinsichtlich fehlender Plexiglasscheiben gemeldet.

In der Folge wurde der Vorstand der Gesellschaft angeschrieben. Auf Grundlage der daraufhin zugesandten und vom LAGetSi geprüften Dokumentationen wie beispielsweise einer übergreifenden und vor Ort an die jeweiligen Verhältnisse anzupassenden Gefährdungsbeurteilung des Konzerns fand dann eine gemeinsame Besprechung mit der Behörde statt. Im Ergebnis der Besprechung wurde vom LAGetSi fachlich festgestellt, dass die Gefährdungsbeurteilung als im Unternehmen allgemein bekannt vorausgesetzt werden konnte und auch die zusätzlichen Erfordernisse in der Corona-Pandemie laufend vom Arbeitgeber angepasst wurden. Die hierzu durchzuführenden Unterweisungen wurden virtuell angeboten und waren somit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern jederzeit zugänglich. Die Dringlichkeit der Bestückung mit Plexiglasscheiben im Kundenbereich wurde angemahnt und in der Folge zeitnah umgesetzt.

Im Anschluss wurde die Umsetzung der Maßnahmen vom LAGetSi an verschiedenen Standorten mittels Stichprobe kontrolliert. Die Überprüfung vor Ort wurde gemeinsam mit den jeweiligen Betriebs- und Personalleitungen, der jeweiligen Sicherheitsfachkraft und Vertretungen des Betriebsrats durchgeführt. Zunächst wurde geklärt, inwieweit die vorhandenen Gefährdungsbeurteilungen im jeweiligen Betrieb angepasst und fortgeschrieben wurden. Auch notwendige Unterweisungen wurden hinterfragt. Insgesamt schienen alle wichtigen Dokumentationen hinreichend bekannt zu sein. Alle Beschäftigten konnten über einen digitalen Zugriff auf vorhandene Arbeitsschutzdokumentationen zugreifen (Gefährdungsbeurteilung, Betriebsanweisungen, Hinweise zum Brandschutz, Informationen zur Ersten Hilfe etc.). Ein spezielles Team sorgte digital für jeweilige Aktualisierungen und unterrichtete alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über aktuell erstellte Änderungen in den jeweiligen Themengebieten.

Jedoch gab es zwei Betriebe, die sich in der Anwendung der Gefährdungsbeurteilung von den anderen unterschieden, deutlich wurde dies durch Spannungen und Unstimmigkeiten zwischen den, an der Kontrolle, teilnehmenden Parteien, ohne dass das eigentliche Problem angesprochen wurde. Hier trägt eine Versachlichung der Themen, wie sie in jeder Überprüfung durch das LAGetSi anhand der tatsächlichen Gefährdungsbeurteilungen und deren realen Umsetzung im Unternehmen, auch im Hinblick auf die psychische Belastung am Arbeitsplatz stattfindet, maßgeblich zu einer verbesserten Kommunikation bei. So können in vielen Situationen gemeinsame Lösungen gefunden, strittige Punkte geklärt und im Ergebnis ein funktionierender Arbeitsschutz ermöglicht werden. Der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin bleibt dabei stets in der Verantwortung, den Arbeitsschutz bestmöglich über eine ausreichende Gefährdungsbeurteilung umzusetzen. Er bzw. sie muss sich gemeinsam mit dem arbeitgeberseitig für den Arbeitsschutz benannten Personal darum kümmern, Unzulänglichkeiten zu beseitigen.

Im vorliegenden Fall gab es einen Beschwerdeführer, der sich nicht verstanden fühlte, weil er eigene Vorstellungen zu den erforderlichen Vorgaben entwickelt hatte. In der vor Ort Kontrolle jedoch bestätigten sich die erhobenen Beschwerden zur Gefährdungsbeurteilung nicht. Das LAGetSi überprüfte die angesprochenen und gemeldeten Missstände und ordnete diese rechtlich ein. Unklare und unvollständige Darstellungen wurden dabei inhaltlich aufgearbeitet und korrigiert. In dieser Situation konnte das LAGetSi beiden Parteien durch die Beantwortung konkreter fachlicher Fragen den Weg zu einem konstruktiven Gespräch ebnen.

Für die Aufsichtskräfte des LAGetSi ist es manchmal eine Herausforderung, von verschiedenen Aussagen Betroffener hin zu den Fakten des vorhandenen Arbeitsschutzes in einem Betrieb zu kommen. Für einen gelingenden Arbeitsschutz bleibt es wünschenswert, dass alle Beteiligten im Gespräch bleiben und aufkommende Wogen gemeinsam glätten, um zu einer einheitlichen Tatsachenfeststellung zu kommen. Denn es gibt nie die eine Wahrheit, aber es gibt Fakten, die nachweisbar sind.

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Referat II E – Arbeitsschutz und technische Sicherheit

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