Hier im Kiez hat sich in den letzten 30 Jahren vieles verändert. Seinerzeit war der Wohnungsmarkt ganz ähnlich überstrapaziert wie heute, und das Interesse an Kreuzberger Immobilien war aufgrund der Nähe zur Mauer gering. Der Bezirk galt als sozial schwach, die Bestandsgebäude verfielen. Eines gab es aber schon damals, die berühmte Kreuzberger Mischung: Lehrer, Ärzte, Künstler und Subkultur. Dann fiel die Mauer und plötzlich waren die Investoren an Kreuzberg interessiert. Das Haus, in dem ich hier lebe, wurde verkauft und saniert. Die Fenster wurden doppelt verglast, der Kohleofen verschwand. Das hatte natürlich zur Folge, dass die Mieten gestiegen sind: Innerhalb von zehn Jahren um rund 100 Prozent. Und damit begann die Gentrifizierung in Kreuzberg. Viele verloren nach dem Mauerfall ihre Jobs, und durch den Zuzug aus dem Osten war der Arbeitsmarkt plötzlich hart umkämpft. Dann kam Hartz IV, und man hat gefragt, wie viel Raum einem arbeitslosen Menschen eigentlich zusteht. Die Leute wurden gezwungen hier wegzuziehen. Auch das kleine Gewerbe konnte sich die Mieten nicht mehr leisten und verschwand.
Gespräch mit Angela Laich – Anwohnerin des Dragonerareals
Bild: David Schmidt
Biegt man am Mehringdamm in die Obentrautstraße ab, vorbei an der LPG, gelangt man bald an die Haustür von Angela Laich: Im ersten Stockwerk eines Berliner Altbaus lebt die Bildhauerin seit 1987, inzwischen zusammen mit ihrem Mann. Im Wohnzimmer dominiert eine deckenhohe Palme den Raum, an der Küchenwand hängen Bilder von einem Segelurlaub. Durch das Küchenfenster fällt zur Mittagszeit Sonnenlicht. Draußen: das Dragonerareal. Von hier aus blickt man direkt ins Innere des Sanierungsgebiets, etwas ferner ragt das Kreuzberger Rathaus in den Block. Bald soll sich hier baulich vieles verändern. Neuer Wohnraum und Gewerbe sollen entstehen. Angela Laich ist als Anwohnerin von den Plänen für das Sanierungsgebiet unmittelbar betroffen. Bei russischer Suppe und Brot finden wir ins Gespräch.