Gedenkstätte für die Opfer des NS-Regimes auf dem Waldfriedhof Adlershof

  • Friedlanderstraße 156, 12489 Berlin

Das Gräberfeld mit mehr als 50 Grabsteinen für Gegner und Verfolgte der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft aus Adlershof wurde in den 1970er Jahren eingerichtet.
Der Bildhauer Gerhard Thieme, dessen künstlerische Arbeiten an zahlreichen öffentlichen Plätzen Berlins zu finden sind, schuf dafür eine Stele mit vier Bronzefiguren.

Die rund 3.6 Meter hohe Sandsteinstele wurde am 30.11.1981 eingeweiht. Laut dem Bildhauer stellen diese den Widerstand gegen den Nationalsozialismus sowie das Engagement nach dem Krieg dar. Die unterste Figur zeigt einen gefesselten Widerstandskämpfer, gefolgt von einer Widerstandskämpferin, einem Arbeiter mit erhobener Faust und einem Fahnenträger. Die Stele steht im hinteren Teil des Friedhofs, rechter Hand neben der Grabanlage für die Opfer des Faschismus und die Verfolgten des Naziregimes. Ebenfalls gestaltete Thieme im Auftrag des Magistrats und des Berliner Stadtgartenamts die Gedenkstätte des Friedhofs Baumschulenweg. Eine ähnliche Stele, jedoch mit anderer Anordnung der Figuren, findet sich auf dem dortigen Friedhof (siehe da unter Revolutionäre Kämpfer).

Im Jahr 2013 wurde eine weitere Stele auf den Waldfriedhof verlegt. Es handelt sich um eine Arbeit von Werner Richter zum Gedenken an die Widerstandkämpfer Otto Nelte (1898 – 1941), Willy Gall (1908 – 1941), Walter Gerber (1888 – 1939). Sie befand sich von 1977 bis 2013 auf einer Freifläche an der Dörpfeldstraße, Ecke Nipkowstraße im Zentrum von Adlershof und musste wegen der geplanten Bebauung des Grundstücks umgesetzt werden. Die auf der Stele angebrachten „Winkel“ aus rotem Sandstein stehen symbolhaft für die mit einem roten Dreieck gekennzeichneten politischen Häftlinge in den Konzentrationslagern der NS-Zeit.
Die Gedenksäule von Werner Richter war ursprünglich im September 1977 in der Dörpfeldstraße, Ecke Nipkowstraße enthüllt worden.

Auf einem kleineren, daneben stehenden, rötlichen Gedenkstein fanden sich die Worte:

„ZUM GEDENKEN
AN DIE HELDENHAFTEN
WIDERSTANDSKÄMPFER GEGEN
DIE FASCHISTISCHE BARBAREI
IHR VERMÄCHTNIS HAT SICH
IN DER SOZIALISTISCHEN
DEUTSCHEN DEMOKRATISCHEN
REPUBLIK ERFÜLLT“

Das Grundstück auf dem die Stele stand, wurde im Jahr 2011 an die ursprünglichen Besitzer rückübertragen. Da die Fläche im Jahr 2012 bebaut werden sollte, wurde der kleinere Stein vermutlich vom Bezirksamt eingelagert. Die helle Stele findet sich nahe dem Feld für die Verfolgten des Nationalsozialismus auf dem Friedhof Adlershof.

In Adlershof gab es zu NS-Zeiten eine aktive Widerstandstätigkeit. Die Berliner KPD besaß 1935 noch mehr als 100 Gruppen mit rund 5000 Mitgliedern. 1938 blieben sieben Unterbezirke mit maximal 30 Gruppen, darunter die KPD in Adlershof, deren Führung Otto Nelte im Frühjahr 1938 innehatte. Nelte war spätestens seit Mai 1933 im Visier der Nationalsozialisten. Zu dieser Zeit wurde er bereits verhaftet, im “Vereinslokal Kaiser” in der Friedenstraße (Adlershof) und dann im SA-Lokal “Blumengarten“ (Oberschöneweide) misshandelt. Im Anschluss brachte man ihn ins KZ in der General-Pape-Straße (Tempelhof). Trotz körperlicher Schäden durch die Misshandlung engagierte er sich nach seiner Freilassung weiter aktiv im Widerstand.

Als Willi Gall im Mai 1939 aus Kopenhagen in Adlershof eintraf, wurden die dortigen Widerstandsaktivitäten ausgebaut. Die Gruppe stellte Flugblätter und Streuzettel her und sorgte für deren Verteilung. Auf Initiative Galls wurde im November 1939 die erste Ausgabe der “Berliner Volkszeitung” mit rund 250 Exemplaren gedruckt, die Texte von Nelte, Gall und Kurt Seibt enthielt. Die Gruppe blieb nicht unentdeckt und zahlreiche Mitglieder wurde Anfang Dezember festgenommen, bevor die zweite Ausgabe der Zeitung in den Druck ging. In einer Bekanntmachung des Oberreichsanwalts des Volksgerichtshofs heißt es: “Die am 23. Januar 1941 vom Volksgericht wegen Zersetzung der Wehrkraft des deutschen Volkes, landesverräterischer Feindbegünstigung und Vorbereitung zum Hochverrat zum Tode und zum dauernden Verlust der bürgerlichen Ehrrechte verurteilten Willi Gall aus Pethau, 32 Jahre alt und Otto Nelte aus Berlin, 42 Jahre alt, sind heute hingerichtet worden. Berlin, den 25. Juli 1941.“

Der Thüringer Walter Gerber trat in den 1920er Jahren der KPD bei und wurde Funktionär in Gera. Er arbeitete im Verlagswesen der Partei. Mit seiner Familie zog er 1930 nach Adlershof. Nach der Machtergreifung 1933 wurde Gerber verhaftet und in den KZs Sonnenburg, Esterwegen und Sachsenhausen festgehalten. Im Anschluß schloß er sich der Otto Nelte und Willi Gall Gruppe an. Auch Gerber wurde im Zuge der Verhaftungen im Dezember 1939 aufgegriffen und ermordet. Am ehemaligen Wohnort Gerbers in der Selchowstraße 22 wurde ihm zu Ehren eine bronzierte Metalltafel mit rotem Winkel und folgender Aufschrift angebracht:

„Hier wohnte der
antifaschistische
Widerstandskämpfer
Walter Gerber
geb am 12.10.1888
Er wurde von der
Gestapo verhaftet
und am 21.12.1939
Ermordet
Ehre seinem Andenken“