Denkmal - Opfer des Faschismus

  • Albineaplatz, 12487 Berlin

Nachdem die Rote Armee Johannisthal erreichte, ernannte der erste sowjetische Ortskommandant Georg Neumann auf Vorschlag der KPD zum Ortsbürgermeister. In einem Zeitungsartikel von 1958 erinnerte dieser daran, wie im Mai 1945 das Leitungskollektiv der Ortsamtsstelle beschloss, den Opfern des Faschismus in Johannisthal ein Denkmal zu setzen. Im September 1945 wurde laut Neumann ein OdF-Denkmal „als erstes in Berlin“ durch – dieser Name ist nun bereits bekannt – Ottomar Geschke enthüllt.

Die verwitterte Inschrift lautet schlicht:

„DEN OPFERN \ DES \ FASCHISMUS”

Eine Straßenumbenennung durch die Abteilung Straßenwesen im Magistrat von Groß-Berlin blieb zunächst erfolglos, doch man behalf sich anderweitig und so entstand die Anekdote, wie der Sterndamm seinen Namen erhielt:

„Weil wir in einer Kaiser-Wilhelm-Straße nicht ein Denkmal für die Opfer des Faschismus einweihen wollten, waren wir gezwungen zur Selbsthilfe zu schreiten. Alle Straßenschilder mit dem Namen Kaiser-Wilhelm-Straße oder Kaiser-Wilhelm Platz wurden von uns überklebt mit dem Namen Sterndamm.“

Erst 1950 erfolgte dann die offizielle Einbeziehung des Kaiser-Wilhelm-Platz (an der Ecke Heuberger Weg) sowie der Kaiser-Wilhelm-Straße zwischen Königsheideweg und Lindhorstweg in den circa 1914 so benannten Sterndamm, der heutigen Hauptstraße Johannisthals.

Einige Meter davor erinnert ein Natursteinquader mit Bronzeplatte an die umgekommenen „Antifaschisten“ aus Johannisthal:

„DER BUCHDRUCKER FRITZ BERGAU WURDE ALS Fritz KPD-MITGLIED WEGEN SEINER WIDERSTANDSTÄTIGKEIT IM NOVEMBER 1937 VERHAFTET. ER WURDE ZU VIER JAHREN ZUCHTHAUS VERURTEILT UND IM ZUCHTHAUS GOLLNOW ERMORDET.“

Willi Heinze trat 1925 in die SPD, ein Jahr darauf in die KPD ein. Zu NS-Zeiten avancierte er zum Leiter des fünften Abschnitts der illegalen KPD-Gruppen im Südosten Berlins von Grünau bis Königswusterhausen und engagierte sich im Kreis um Anton Saefkow. Im August 1944 erfolgte die Verhaftung. Anschließend wurde er mit Paul Hegenbart, Wilhelm Selke und Julius Wordelmann zum Tode verurteilt. Heinze wohnte in Friedrichshain in der Wilhelm-Stolze-Straße 32, dort befindet sich ebenfalls eine Gedenktafel. Das symbolische Grab Heinzes ist auf dem Friedhof der Georgen Parochialgemeinde in der Boxhagener Straße 100 gelegen.
Zu Franz und Fritz Kirsch siehe Stolpersteine im OT Adlershof, Wassermannstraße 69. Für Fritz Kirsch und andere Opfer des Faschismus existiert auf dem Waldfriedhof im OT Oberschöneweide ein weiterer Gedenkstein. Ebenfalls in Johannisthal geboren ist deren Schwester Helene Fredrich, geb. Kirsch, die 1932 als Abgeordnete der KPD in den Reichstag gewählt wurde. Sie verstarb 1999.
Der Buchhalter Günther Kobs stammte aus einer sozialdemokratischen Familie. Als Soldat leistete er antifaschistische Aufklärungsarbeit. Er wurde denunziert und wegen Wehrkraftzersetzung zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Er verstarb im Zuchthaus Waldenburg.
Johannes Sasse wurde als Soldat vor dem Reichskriegsgericht am 03.02.1944 aufgrund von antinazistischen Äußerungen zum Tode verurteilt. Im Zuchthaus Halle wurde er mit dem Fallbeil hingerichtet.
In jungen Jahren war Hans Schmidt Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend. 1935 wurde er für einige Monate im KZ Columbia in Berlin inhaftiert. Als Funker einer Einheit der Luftwaffe war er 1944 in der italienischen Stadt Albinea stationiert. Er plante mit Oddino Cattini die Gründung einer Partisanengruppe, die deutsche Deserteure aufnehmen sollte. Vor der Desertion plante Schmidt mit drei weiteren Gefreiten und einem Feldwebel eine Funkanlage sowie zwei Luftwaffenoffiziere den Partisanen zu übergeben. Bei der Durchführung des Plans entdeckte man die Gruppe, da ein Aufklärungsflugzeug der Alliierten Leuchtfeuer abwarf und so die Einheit alarmierte. Schmidt wurde in die Kommandantur bestellt. Der Versuch sich und die dortigen Offiziere mit einer Handgranate ums Leben zu bringen scheiterte. Er wurde wie die anderen vier Deserteure ermordet. 1944 veranlasste ein katholischer Geistlicher aus Albinea eine erneute, diesmal namentliche Beisetzung der Soldaten. Die Gräber liegen auf dem Soldatenfriedhof in Costermano am Gardasee. Ebenfalls dort beerdigt sind weitere SS-Männer und Mitarbeiter aus den Vernichtungslagern. Zum posthumen gedenkpolitischen Umgang mit Hans Schmidt lässt sich festhalten, dass dieser 1949 Ehrenbürger der Gemeinde Albinea wurde. Das Gedenken an ihn ist im Bezirk bis heute lebendig: Eine Städtepartnerschaft zwischen Treptow und Albinea wurde 1998 ins Leben gerufen. Der vorher unbenannte Platz des Denkmals wurde 2003 nach Albinea benannt, im selben Jahr erhielt die Hans-Schmidt-Straße in Johannisthal ihren neuen Namen.
Zu Otto Springborn liegen sich zum Teil widersprechende Quellen vor. Einerseits wird angeführt, dass er der Spartakusgruppe angehörte, vor dem Ersten Weltkrieg verhaftet, und im Laufe der Novemberrevolution befreit wurde. Ab 1919 soll er aktives KPD Mitglied in Kreuzberg gewesen sein. An anderer Stelle wird dargelegt, dass der Metallarbeiter im Deutschen Metallarbeiter-Verband Springborn nach einer Verwundung im Ersten Weltkrieg den weiteren Wehrdienst ablehnte und zwei Jahre illegal in Berlin lebte. 1919 sei er der SPD beigetreten, 1926 der KPD. Sicher scheint zu sein, dass er, da er gegen die NS-Diktatur agitierte, wegen der Herstellung von Flugblättern 1934 zu einer sechsmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Während des Krieges wurde er zum Straßenbau in Elsass-Lothringen dienstverpflichtet und am 12.06.1944 verhaftet, zunächst saß er im Gefängnis Mulhouse (Mühlhausen im Elsass), später dann Moabit, schlussendlich Brandenburg. Er wurde wegen Wehrkraftzersetzung zum Tode verurteilt und am 31.07.1944 hingerichtet. Er wohnte zuletzt in Johannisthal. Seine Urne befindet sich in der Gedenkstätte für die Opfer des Zuchthauses Brandenburg in Marienberg neben dem Krematorium.
Der Sozialdemokrat und Postbeamte Eduard Zachert war seit 1923 Vorsitzender des Bezirksverbandes der Allgemeinen Deutschen Postgewerkschaft. Im selben Jahr wurde er Abgeordneter der Stadtverordnetenversammlung Berlin, und zog 1925 in den Preußischen Landtag ein. 1934 wurde er einige Monate im KZ Lichtenburg inhaftiert. Nach seiner Freilassung engagierte er sich weiter im Widerstand bis er im Oktober 1942 von der Gestapo verhaftet und am 25.03.1943 zum Tode verurteilt wurde. Er wurde in Berlin-Plötzensee hingerichtet. In der Mendelssohnstraße 10 in Prenzlauerberg findet sich ein Stolperstein für Zachert.
Bemerkenswert an dem Denkmal am Albineaplatz ist, dass mit Günter Kobs („In den Soldatenrock der faschistischen Wehrmacht gepreßt, leistete er intensive Aufklärungsarbeit“), Johannes Sasse („zum Kriegsdienst für die Monopolisten gezwungen) und Hans Schmidt („In die Zwangsjacke der faschistischen Armee gezwängt, trat er mutig gegen den imperialistischen Krieg auf“) Soldaten als Antifaschistischen gewürdigt wurden, die so der Gedenkstein Hitlers Blutregime zum Opfer fielen. Diese Interpretation ist nicht zwingend: Seit 1946 galten in der DDR auch Militärstraftäter (beispielsweise Deserteure) als Opfer des Faschismus, ihnen wurden die entsprechenden Ausweise ausgehändigt. Sie wurden explizit nicht als „Kämpfer gegen den Faschismus“ gewürdigt. Am 08.06.1950 wurde eine „Verordnung zur Sicherung der rechtlichen Stellung der anerkannten Verfolgten des Naziregimes (VdN)“ erlassen, die Verfolgte des Nationalsozialismus nun als „Personen, die wegen ihres Glaubens, ihrer Rasse, ihrer früheren politischen Betätigung, wegen Widerstandes gegen das Naziregime oder wegen politischer Unzuverlässigkeit im In- und Ausland verfolgt worden sind“ sowie als Hinterbliebene dieser Personen definierte. Die Anerkennungsrichtlinien wichen hier von der 1946er Richtlinie ab, Militärstraftäter wurden nicht mehr zwingend als Opfer deklariert. Das Berliner Landesarchiv hält unter der Nummer C Rep. 118-01 9045 in der Versorgungsakte Hans Schmidt, geb. 17.09.1914 für den Zeitraum von 1945 bis 1989 jedoch fest, dass Bezüge nach der Neubewertung auch noch nach 1950 gezahlt wurden.