Veranstaltungsreihe "4 aus 40 Jahren DDR"

4 aus 40 Jahren DDR: 1952 * 1962 * 1972 * 1982

In dieser Reihe werden 4 aus 40 Jahren DDR näher untersucht. Die ausgewählten vier Jahre erscheinen zunächst ganz unspektakulär. Bei näherer Betrachtung sind sie aber sehr aussagekräftig – und stehen in gewissem Sinne durchaus für das jeweilige Jahrzehnt. Zu jedem der vier Jahre werden zwei Veranstaltungen durchgeführt – hier handelt es sich dann um historische Tiefenbohrungen.
1952 begann der ‘Aufbau des Sozialismus’. 1962 stand im Schatten des Mauerbaus. 1972 gab es den Grundlagenvertrag und mehr Staatssicherheit. 1982 entwickelte sich eine neue Opposition und der ökonomische Niedergang war im Gange. Jedes Jahr in der Geschichte der DDR hatte seine Besonderheiten. Die Zeiten änderten sich. Es gab aber auch Gemeinsamkeiten, die sich durch vierzig Jahre zogen.
Konstanten waren die SED-Diktatur und die Repression. Deren Mittel und Methoden wurden verfeinert, das Netz der Überwachung immer enger. Der Anpassungsdruck seit dem Mauerbau 1961 war enorm. Zur DDR gehörten auch ein wenig Wohlstand bei allgegenwärtiger Mangelwirtschaft und viel Improvisation. Die Menschen erlebten wie zu allen Zeiten Leid und privates Glück.
DDR-Geschichte ist vielfältig. Ihre unterschiedlichen Ausprägungen sollen am Beispiel der ausgewählten vier Jahre deutlich gemacht werden. Die Veranstaltungsreihe möchte die politischen Zusammenhänge, aber auch das alltägliche Geschehen nachvollziehbar machen. Für die Älteren ist das mit vielen Erinnerungen verbunden, für die Jüngeren eine virtuelle Übung, die Erfahrungen aus einer anderen, oft problembeladenen Lebenswelt vermittelt.

25. Januar 2012

4 aus 40 Jahren DDR: 1952 * 1962 * 1972 * 1982

Nach einführenden Filmsequenzen aus den Jahren 1952, 1962, 1972 und 1982 erörterte ein sachverständiges Podium die Vorgänge im Kontext der Geschichte der DDR. Welche Gemeinsamkeiten gab es in 40 Jahren SED-Staat? Wo kam es zu Veränderungen? Wie waren die individuellen Erfahrungen der Betroffenen mit der politischen Geschichte verknüpft?

Filmsequenzen:
Dr. Falco Werkentin (Soziologe)

Diskussion:
  • Stephan Hilsberg (Politiker)
  • Prof. Dr. Eckhard Jesse (Politikwissenschaftler)
  • Dr. Jens Schöne (Historiker)
  • Helga Schubert (Schriftstellerin)

Moderation:
Prof. Dr. Daniela Münkel (Historikerin)

29. Februar 2012

1952 – Signale aus Moskau:
Der “Aufbau des Sozialismus” – ökonomische und politische Folgen

Die II. Parteikonferenz der SED beschloss 1952 den “planmäßigen Aufbau des Sozialismus in der DDR”. Die Folge waren die Verstaatlichung aller größeren Betriebe und eine fortschreitende Kollektivierung von Landwirtschaft, Handwerk und Handel. Das ging mit einer massiven Verschärfung der politischen Repression einher. Zuchthäuser und Gefängnisse füllten sich. Die SED provozierte geradezu den Volksaufstand vom 17. Juni 1953. Gleichzeitig spitzte sich die internationale Lage zu. In der Bundesrepublik wurde die Wiederbewaffnung diskutiert; in der DDR war sie verdeckt schon im Gange. Die Situation an der innerdeutschen Grenze spitzte sich zu. Absperrungen wurden erweitert und Kontrollen verschärft.

Kurzvortrag:
Dr. Falco Werkentin (Soziologe)

Diskussion:
  • Prof. Dr. Werner Abelshauser (Wirtschaftshistoriker)
  • Dr. Wolfgang Buschfort (Historiker)
  • Dr. habil. Siegfried Heimann (Historiker)
  • PD Dr. Dierk Hofmann (Wirtschaftshistoriker)

Moderation:
Gerald Endres (freier Journalist)

27. März 2012

1952 – Kirchenkampf und verschärfte Repression in der DDR
Neue Notaufnahmelager in West-Berlin

Die SED blies 1952 offen zum Kampf gegen die Kirchen. Betroffen war vor allem die Jugendarbeit in den Jungen Gemeinden. Wer den Gottesdienst besuchte oder sich gar konfirmieren ließ, wurde massiv unter Druck gesetzt. Auch der politische und ökonomische Kampf verschärfte sich. Er richtete sich gegen Kritiker des Ulbricht-Regimes, gegen kleine Gewerbetreibende und Bauern. Die Folge war eine erste Fluchtwelle nach West-Berlin. Hier mussten 1952 neue große Notaufnahmelager eingerichtet werden. Die Aufnahme der vielen Flüchtlinge und ihre Integration erforderten enorme Anstrengungen.

Kurzvortrag:
Bettina Effner (Leiterin der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde)

Diskussion:
  • Bettina Effner (Historikerin)
  • Prof. Dr. Martin Greschat (Kirchenhistoriker)
  • Dr. Ilko-Sascha Kowalczuk (Historiker)
  • Prof. Axel Noack (Kirchenhistoriker)

Moderation:
Dr. Jacqueline Boysen (Studienleiterin bei der Evangelischen Akademie zu Berlin)

In Kooperation mit der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde, der Evangelischen Akademie zu Berlin und der Stiftung Berliner Mauer

25. April 2012

1962 – Neue Signale: Veränderungen in der DDR im Schatten des Mauerbaus

Der Mauerbau prägte auch das Jahr 1962 in der DDR. Die Menschen mussten sich neu sortieren: Es gab nun keine Möglichkeit mehr, sich den Zumutungen des Regimes zu entziehen. Die Welle scharfer Repressionen nach dem Mauerbau ebbte Mitte des Jahres ab. Manche erhofften sich jetzt größere Freiräume. Es entstanden kritische Filme und eine neue kritische Literatur – der Rückschlag ließ allerdings nicht lange auf sich warten …

Kurzvortrag:
Elena Demke (Historikerin)

Diskussion:
  • Dr. Burghard Ciesla (Historiker)
  • Fred Ebeling (Zeitzeuge)
  • Dr. Elke Stadelmann-Wenz (Historikerin)
  • Dr. Stefan Wolle (Historiker)
    u.a.

Moderation:
Harald Asel (Journalist beim rbb)

In Kooperation mit dem DDR-Museum und dem rbb-inforadio

30. Mai 2012

1962 – Abschied vom bekennenden Justizterror: Auf dem Weg zum “Rechtspflegeerlass”

Nach dem Mauerbau betrachtete die SED sich als “Herr im eigenen Haus”. Eine Welle des Justizterrors ging durch das Land. Zuchthäuser und Gefängnisse waren bald überfüllt. Mitte 1962 ebbte diese Welle ab. Die Zahl der politischen Strafverfahren ging zurück. Die Justizpolitik änderte sich. Der Weg führte zum Rechtspflegeerlass vom 4. April 1963. Erstmals seit Gründung der DDR war darin von der “Unabhängigkeit” der Justiz die Rede. Das galt zwar nicht gegenüber der Partei, die immer Recht hatte. Aber die Entwicklung der Justiz verlief nun in ruhigeren Bahnen.

Kurzvortrag:
Prof. Dr. Rainer Schröder (Rechtshistoriker)

Diskussion:
  • Prof. Dr. Rainer Schröder (Rechtshistoriker)
  • Dr. Falco Werkentin (Soziologe)
  • Dr. Renate Werwigk-Schneider (wiederholt verurteilt wegen “Republikflucht”)
    u.a.

Moderation:
Monika Nöhre (Präsidentin des Kammergerichts)

In Kooperation mit dem Forum Recht und Kultur im Kammergericht e.V.

29. August 2012

1972 – Wohlstand gegen Wohlverhalten unter Honecker, deutsch-deutsche Verträge und das gescheiterte Misstrauensvotum gegen Willy Brandt

Nach dem Wechsel von Ulbricht zu Honecker besserte sich in der DDR 1972 die Versorgungslage. Das Angebot an die Bevölkerung lautete: Wohlstand gegen Wohlverhalten. Daraus wurde die “Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik”. Mit dem Verkehrs- und Grundlagenvertrag kam es zum Abschluss der wichtigsten innerdeutschen Übereinkommen. Das Misstrauensvotum gegen Willy Brandt im Bundestag scheiterte an der Bestechung von zwei Abgeordneten durch die Stasi.

Kurzvortrag:
Dr. Klaus Bästlein (Referent beim Berliner Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen)

Podiumsdiskussion mit:
  • Rainer Eppelmann (DDR-Oppositioneller)
  • Peter Merseburger (Journalist (NDR); Brandt-Biograph)
  • Norbert F. Pötzl (Journalist (DER SPIEGEL) / Honecker-Biograph)
  • Dr. Wolfgang Schmidt (Historiker / Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung)

Moderation:
Dr. Marc-Dietrich Ohse (Historiker; Redakteur Deutschland-Archiv)

In Kooperation mit der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung und der Berliner Landeszentrale für politische Bildungsarbeit

26. September 2012

1972 – Vom Schauprozess zur Zersetzung:
Die Neuausrichtung der Staatssicherheit gegen die Opposition

Die Überwachung durch die Staatssicherheit war in der DDR 1972 allgegenwärtig geworden. Regimegegner wurden zu hohen Strafen verurteilt – zuletzt in großer Zahl nach Protesten gegen die Niederschlagung des “Prager Frühlings” 1968. Diese offene Repression passte jedoch nicht zur Teilnahme der DDR am europäischen Entspannungsprozess, denn sie führte zu Reaktionen im Westen. Deshalb betrieb Erich Mielke ab 1972 die Neuausrichtung der Stasi auf “lautlose” Zersetzungsmaßnahmen gegen die Opposition. Diese Maßnahmen waren aber sehr aufwändig und personalintensiv. Sie blieben daher der politischen Opposition im engeren Sinne vorbehalten. Gegen die vielen Ausreise-Antragsteller und deren Aktionen wurde weiter die DDR-Justiz eingesetzt …

Kurzvortrag:
Dr. Jens Gieseke (Abteilungsleiter am Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam)

Podiumsdiskussion mit:
  • Johannes Beleites (Jurist, Neudietendorf)
  • Lilo Fuchs (Psychologin, Berlin)
  • Dr. Jens Gieseke (Historiker, Berlin)
  • Dr. Sandra Pingel-Schliemann (Politikwissenschaftlerin, Schwerin)

Moderation:
Gerald Endres (Journalist, Kleinmachnow)

In Kooperation mit dem DDR-Museum

29. Oktober 2012

1982 – Signale an die Wirtschaft:
Der Anfang vom Ende oder die letzte Chance der DDR?

In der DDR stand es 1982 Spitz auf Knopf. Das Land erlebte die schwerste Versorgungskrise seit Jahrzehnten. Selbst Grundnahrungsmittel wie Brot, Kartoffeln und Gemüse wurden knapp. Viele Verkaufsstellen gingen zur Rationierung über. Der Hintergrund war die Reduzierung sowjetischer Erdöllieferungen, für die nun Weltmarktpreise bezahlt werden mussten. Weil es an Kraftstoff mangelte, fehlten Transportkapazitäten. Hinzu kam die wachsende Verschuldung im Westen. Um die Kredite zu bedienen, wurde alles, was sich dazu eignete, exportiert. Sarkastisch hieß es in Gaststätten zu West-Besuchern: “Das Steak, das Du hier nicht bekommst, hast Du gestern in Hamburg gegessen.” Die SED-Führung stand 1982 am Scheideweg: Sie musste grundlegende Reformen einleiten – oder die Verschuldung fortsetzen …

Kurzvortrag:
Dr. Jens Schöne (Stellvertretender Berliner Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen)

Podiumsdiskussion mit:
  • Dr. Edgar Most (Staatsbank der DDR/Deutsche Bank, Berlin)
  • Prof. Dr. Werner Plumpe(Wirtschaftshistoriker, Frankfurt/M.)
  • Dr. Jens Schöne (Historiker, Berlin
  • Dr. Hermann Otto Solms (Vizepräsident des Deutschen Bundestages, Berlin)

Moderation:
Prof. Dr. Daniela Münkel (Historikerin, Berlin)

In Kooperation mit der Deutschen Kredit Bank AG

21. November 2012

1982 – Auf dem Weg zur Friedlichen Revolution:
Die neue Opposition in der DDR

Mangelwirtschaft, Stagnation und Perspektivlosigkeit lagen schon 1982 wie Mehltau auf der DDR. Die fortschreitende Militarisierung und das internationale Wettrüsten wirkten sich zudem aus. Dagegen richtete sich Anfang 1982 der “Berliner Appell” von Rainer Eppelmann und Robert Havemann. Daneben entstanden Basisgruppen wie “Frauen für den Frieden”. Auch kleine Umwelt- und Menschenrechtsgruppen wurden jetzt aktiv. Das Motiv “Schwerter zu Pflugscharen” avancierte zum Symbol einer unabhängigen Friedensbewegung.

Kurzvortrag:
Christoph Wunnicke (Historiker, Berlin)

Podiumsdiskussion mit:
  • Dr. Jutta Beggenau (Medizin-Soziologin, Berlin)
  • Michael Beleites (früherer Sächsischer Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen, Blankenstein)
  • Reinhard Weißhuhn (Architekt, Berlin)
  • Tom Sello (Robert-Havemann-Gesellschaft, Berlin)

Moderation:
Dieter Rulff (Journalist)

In Kooperation mit der Robert-Havemann-Gesellschaft

5. Dezember 2012

4 aus 40 Jahren: Die DDR auf dem Sprung – was bleibt?
Abschlussveranstaltung

An diesem Abend soll eine Bilanz der Veranstaltungsreihe über die Jahre 1952, 1962, 1972 und 1982 gezogen werden. Dabei stehen die vier Jahre jeweils prototypisch für das entsprechende Jahrzehnt in der DDR. Behandelt werden sollen Kontinuitäten und Brüche des Alltags und der Diktatur. Beabsichtigt ist also eine Bilanz: Welche Grundlinien durchzogen die Geschichte der DDR? Was bleibt von der SED-Diktatur? Und was lehrt uns das für die Zukunft?

Kurzvortrag:
Prof. Dr. Konrad Jarausch (Historiker, Chapel Hill / Potsdam)

Podiumsdiskussion mit:
  • Prof. Dr. Konrad Jarausch (Historiker, Chapel Hill / Potsdam)
  • Prof. Dr. Jürgen Kocka (Historiker, Berlin)
  • Prof. Dr. Peter Steinbach (Historiker, Mannheim)
  • Prof. Dr. Manfred Wilke (Historiker, Berlin)

Moderation:
Harald Asel (Journalist)

In Kooperation mit rbb-inforadio