4.2 Arbeitsschutz
Die Betrachtung des Arbeitsschutzes insbesondere unter dem Aspekt der Tätigkeit mit biologischen Arbeitsstoffen spielte bei den beauftragten Wartungsfirmen bei der Ausführung von Wartungs- und Instandhaltungstätigkeiten oft noch keine beziehungsweise eine nur äußerst untergeordnete Rolle. Mit der Umsetzung der VDI 6022 sind erstmals in die Gefährdungsbeurteilung beim Ausführen von Wartungs- und Instandhaltungstätigkeiten auch Risiken durch biologische Arbeitsstoffe einzubeziehen. Außer in 2 Firmen lagen keine Gefährdungsbeurteilungen, Betriebs- oder Arbeitsanweisungen zum Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen vor.
Eine arbeitshygienische Bewertung des Risikos war am einzelnen Arbeitsplatz nicht möglich, muss aber als eine über die Hintergrundbelastung hinausgehende Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe eingeschätzt werden.
Nach der Biostoffverordnung sind verschiedene Reinigungs- und Instandhaltungstätigkeiten in RLT- Anlagen von Komfortbereichen, wie zum Beispiel Büroräumen als nicht gezielte Tätigkeiten mit Mikroorganismen der Risikogruppe 2 zu bewerten. Abhängig vom jeweiligen mikrobiellen Verschmutzungsgrad der Anlagenaggregate und der Art der Tätigkeit sind im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung für die jeweiligen auszuführenden Tätigkeiten in Arbeits- und Betriebsanweisungen sowie in Hygieneplänen entsprechende Verhaltens- und Schutzmaßnahmen festzuschreiben und zu beachten. Es besteht durch den Arbeitgeber die Pflicht zum Angebot der arbeitsmedizinischen Vorsorge für die Arbeitnehmer.
5. Schlussfolgerungen
5.1 RLT-Anlagen
Hygienische Probleme in RLT-Anlagen sind fast immer ursächlich auf vielfältige technische Mängel zurückzuführen. Es wurde festgestellt, dass nicht nur bei Altanlagen konstruktive Mängel hygienische Probleme verursachen, sondern dass auch neue Anlagen oft aufgrund schlechter Planung und Ausführung sowie aus Gründen der vermeintlichen Ersparnis an Kosten, Zeit oder Platz im Gebäude nicht dem Stand der Technik entsprechen. Hygienische Probleme sind von Anfang an vorprogrammiert und später nur mit zusätzlichem Kostenaufwand zu unterbinden. Die Abnahme und Übergabe von neuerrichteten Anlagen auch unter Berücksichtigung der VDI 6022 sind daher für einen späteren reibungslosen kostengünstigen technischen und hygienischen Betrieb unerlässlich.
Eine kontinuierliche, ausreichende Versorgung mit gesundheitlich zuträglicher Atemluft in Arbeits- und Aufenthaltsräumen, welche mit RLT-Anlagen ausgestattet sind, ist nur bei Umsetzung eines komplexen hygienischen und technischen Wartungs- und Instandhaltungskonzeptes möglich.
Vorgehensweise bei der Errichtung und Übernahme neuer Anlagen:
- Planung der Anlagen nach dem Stand der Technik mit Nachweis
- Errichtung und Ausführung der Anlagen angepasst an die örtlichen tatsächlichen Gegebenheiten nach dem Stand der Technik
- Abnahme und Übergabe der Anlagen mit entsprechenden Wartungs- und Instandhaltungshinweisen für den Betreiber
Vorgehensweise bei der Einführung eines komplexen hygienischen und technischen Wartungs- und Instandhaltungskonzeptes
- Schulung des Wartungs- und Betreiberpersonals (Kategorie A/B gemäß VDI 6022)
- Inspektionen zur Ermittlung des technischen und hygienischen Ist-Zustandes
- Aufstellung und Bearbeitung eines Mängelkataloges nach Prioritäten des baulichen, technischen und hygienischen Ist-Zustandes
- Erarbeitung und Umsetzung eines technischen und hygienischen Wartungs-, Instandhaltungs- und Reinigungskonzeptes mit Zeitintervallen
- Gleichzeitige Ermittlung und Umsetzung der bei den Arbeiten und Tätigkeiten zu berücksichtigen Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen
- Erarbeitung von Auftrags- und Dokumentationsunterlagen zur Planung, Beauftragung und zum Nachweis der Tätigkeiten unter anderem mit den speziellen Arbeitsschutzmaßnahmen
- Kontrolle der Realisierung und Aktualisierung/Anpassung der Konzepte bei Veränderungen#
Das Endziel muss es sein, mit Hilfe von Wartungs- und Instandhaltungsplänen, angelehnt an die Vorgaben des VDMA-Arbeitsblattes 24186 und der VDI 6022, einen konstanten technischen und hygienischen Ist-Zustand zu gewährleisten, welcher auch unter dem Aspekt der Kosten vertretbar ist.
Zur Problematik wurde das ##icon:pdf## LAGetSi-Info Keime in Klimaanlagen erstellt, welches Hinweise für Arbeitnehmer in Räumen mit raumlufttechnischen Anlagen enthält.
Die aus dem hohen Anforderungsstandard für die Wartung abgeleitete Konsequenz darf jedoch nicht sein, dass auf einzelne Behaglichkeitsparameter in RLT-Anlagen, wie zum Beispiel auf eine Befeuchtung, aus Kostengründen völlig verzichtet wird. Bei der Planung, Errichtung und dem Betreiben von Gebäuden muss sich sehr wohl überlegt werden, ob eine mechanische Be- und Entlüftung von ständigen Arbeits- und Aufenthaltsräumen aus Komfortgründen sinnvoll ist. Bei großen und tiefen Raumflächen mit einer hohen Personenbelegung, wie in Großraumbüros, Museen, Theatern, Bibliotheken und so weiter kann in den meisten Fällen auf eine Vollklimatisierung jedoch nicht verzichtet werden und erst recht nicht auf einzelne Klimaparameter.
Mit der Umsetzung der VDI 6022 werden durch die Betreiber aus der Praxis neue technische Lösungen, welche auf einer ganzheitlichen Betrachtung der raumlufttechnischen Anlagen basieren, verstärkt von den Anlagenherstellern und -errichtern abgefordert. Es werden an verschiedenen Instituten und Universitäten vielfältige Forschungsthemen zur Verhinderung von Keimwachstum auf Filtern, zur Beurteilung und Beseitigung von Ablagerungen in Lüftungskanälen, zur Begrenzung beziehungsweise Verhinderung von Keimwachstum im Befeuchterwasser, zum Beispiel durch Anionisation, zur Ionisation der Zuluft und so weiter bearbeitet, um Lösungsansätze zu entwickeln, die diesen neuen Anforderungen gerecht werden können.
Die Umsetzung eines neuen hygienischen und technischen Standards bei raumlufttechnischen Anlagen in der Praxis hat begonnen, ist aber noch nicht abgeschlossen. Voraussetzung für einen flächendeckenden Qualitätssprung ist eine noch engere Zusammenarbeit von Forschungseinrichtungen, Planern, Herstellern, Errichtern, Betreibern und Wartungsfirmen unter Wahrnehmung einer hohen Eigenverantwortung.
Um den weiteren Verlauf der Umsetzung in der Praxis ordnungsbehördlich zu unterstützen, wird eine breitangelegte Nachkontrolle als sinnvoll erachtet. Eine flächendeckende Überwachung ist bei der Vielzahl der Anlagen jedoch nicht möglich.
5.2 Arbeitsschutz
Der Arbeits- und Gesundheitsschutz muss als wichtiger Kosten – und Qualitätsfaktor erkannt, in die Unternehmensstrategie einer Firma einbezogen und nicht als formale Pflichterfüllung betrachtet werden. Erst wenn es gelingt, Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz in tägliche Arbeits- und Tätigkeitsabläufe zu integrieren, kann man davon ausgehen, dass sie auch in der Praxis umgesetzt und gelebt werden.
In diesem Zusammenhang ergibt sich hier die Möglichkeit einer sinnvollen Verknüpfung zwischen den Tätigkeiten zur Umsetzung der VDI 6022 und den Arbeitsschutzmaßnahmen. Im Rahmen der Überarbeitung oder auch der Ersterarbeitung von Standardwartungs- und Instandhaltungsplänen unter anderem auch mit Hilfe von computergesteuerten Programmen ist es sinnvoll, spezielle Arbeitsanweisungen mit Angabe der Reinigungsmethode, der Geräte und Reinigungsmittel sowie der persönlichen und organisatorischen Schutzmaßnahmen firmenintern festzulegen, zu vereinheitlichen und in die Wartungspläne zu integrieren. Hierbei hat sich die Nutzung eines Handbuches für Monteure, welches sowohl Betriebs- und Arbeitsanweisungen zum Qualitätsmanagement als auch zum Arbeits- und Gesundheitsschutz enthält, als sehr hilfreich erwiesen. Eine weitere Möglichkeit bietet die Aufnahme von konkreten Arbeitsschutzhinweisen (zum Beispiel FFP2-Maske tragen) auf dem Ausdruck des Arbeitsauftrages für den
Monteur.
Die Auswahl und Beschaffung von PSA, Schutzkleidung und speziellen Reinigungsmitteln sollte im Unternehmen zentral in Absprache mit dem Betriebsarzt erfolgen. Diese Maßnahme entlastet das Wartungspersonal bezüglich der Auswahl und kann außerdem aufgrund größerer Bestellmengen zu Kostenersparnissen für das Unternehmen führen. Hinweise über die Erreger, die Vorgehensweise im Unternehmen, sowie die daraus abzuleitenden Verhaltens- und Schutzmaßnahmen, sind dem ##icon:pdf## LAGetSi-Info Wartung und Instandhaltung von raumlufttechnischen Anlagen zu entnehmen.
Die Schulungen zur VDI 6022 bieten einen günstigen Rahmen, um auf die Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen eindringlich aufmerksam zu machen und die notwendigen Schritte zur Umsetzung bei den betroffenen Arbeitnehmern bekannt und verständlich zu erläutern und deren Einführung zu erleichtern.