Neufassung des Mutterschutzgesetzes

Zum 1. Januar 2018 ist das Gesetz zum Schutz von Müttern bei der Arbeit, in der Ausbildung und im Studium – kurz: Mutterschutzgesetz (MuSchG) mit umfassenden Änderungen des bis dato bestehenden Mutterschutzrechts in Kraft getreten. Es hat das bisherige Mutterschutzgesetz und die Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV) abgelöst, die zum gleichen Termin außer Kraft getreten sind.

Das reformierte Gesetz zielt darauf ab, einen effektiven Mutterschutz im Spannungsfeld zwischen dem Schutz vor gesundheitlichen Gefährdungen und den gewandelten Vorstellungen und Wünschen von Frauen zur Fortführung der Berufstätigkeit während der Schwangerschaft, nach der Geburt und während der Stillzeit zu gewährleisten.

Bereits zum 30. Mai 2017 wurden folgende Regelungen gültig

  • Bei Geburt eines Kindes mit Behinderung – in vielen Fällen für die Mutter mit besonderen körperlichen und psychischen Belastungen verbunden – kann sie bei Ihrem Arbeitgeber eine Verlängerung der Schutzfrist von acht auf zwölf Wochen beantragen.
  • Erleiden Frauen nach der zwölften Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt, besteht für sie Kündigungsschutz bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Fehlgeburt.
  • EU-rechtlich begründete Aktualisierung zur Beschäftigung mit Gefahrstoffen und biologischen Arbeitsstoffen.

Wesentliche Änderungen des ab 2018 geltenden Mutterschutzgesetzes im Überblick

Anwendungsbereich

  • Schülerinnen und Studentinnen sind in den Anwendungsbereich des Mutterschutzgesetzes einbezogen, wenn die Ausbildungsstelle Ort, Zeit und Ablauf der Ausbildungsveranstaltung verpflichtend vorgibt oder die Schülerinnen oder Studentinnen im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung ein verpflichtend vorgegebenes Praktikum ableisten.
    Unter dem folgenden Link ist ein Leitfaden für Hochschulen zur Umsetzung des Mutterschutzes im Studium zu finden.
    Link zum Leitfaden des Ausschusses für Mutterschutz
  • Neben den (abhängig) Beschäftigten werden hinsichtlich des Gesundheitsschutzes und des besonderen Kündigungsschutzes inzwischen auch die Frauen grundsätzlich vom Gesetz erfasst, die selbstständig tätig sind, aber wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind.

Anzeigepflichten

Der Arbeitgeber beziehungsweise die ihm gleichgestellte Person hat geänderte Anzeigepflichten zu beachten (§ 27 MuSchG).

Die Aufsichtsbehörde ist zu benachrichtigen
  • über die mitgeteilte Schwangerschaft
  • über die Mitteilung des Stillens (es sei denn, dass die Schwangerschaft bereits angezeigt wurde)
  • bei Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen (auch bei Schülerinnen bzw. Studentinnen),
  • bei Beschäftigung von schwangeren oder stillenden Studentinnen oder Schülerinnen nach 20:00 Uhr bis 22:00 Uhr,
  • bei Beschäftigung mit getakteter Arbeit
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Nachtarbeit

Unter das grundsätzliche Verbot der Nacharbeit fällt eine Tätigkeit zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr. Die branchenabhängigen Ausnahmeregelungen wurden aufgehoben. Stattdessen gibt es zwei unterschiedliche Genehmigungsverfahren für Ausnahmen:

Ausnahme für eine Beschäftigung zwischen 20:00 Uhr und 22:00 Uhr

Die Aufsichtsbehörde kann auf Antrag des Arbeitgebers genehmigen, dass eine schwangere oder stillende Frau zwischen 20:00 Uhr und 22:00 Uhr beschäftigt wird. Dem Antrag sind folgende Unterlagen beizufügen:

  • Erklärung der Frau, dass sie sich zu der beantragten Beschäftigung ausdrücklich bereit erklärt,
  • Ärztliches Zeugnis, aus dem hervorgeht, dass nichts gegen die Beschäftigung der Frau bis 22:00 Uhr spricht,
  • Erklärung, dass insbesondere eine unverantwortbare Gefährdung für die schwangere Frau oder ihr Kind durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist,
  • Dokumentation der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 14 Absatz 1 MuSchG.

Die Behörde hat dem Arbeitgeber nach Eingang des Antrags unverzüglich eine Mitteilung zu machen, wenn die erforderlichen Unterlagen unvollständig sind.

Wichtig: Nur wenn die Unterlagen vollständig sind, kann der Arbeitgeber die Frau grundsätzlich weiterbeschäftigen, während die Behörde den Antrag prüft. Lehnt die Behörde einen vollständigen Antrag nicht innerhalb von sechs Wochen ab, gilt er als genehmigt.

Hinweis: Bei Studentinnen oder Schülerinnen gilt diese Genehmigungspflicht nicht, stattdessen besteht für die Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen zwischen 20:00 Uhr und 22:00 Uhr eine Anzeigepflicht (§ 27 Absatz 1 Nummer 2 a).

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Ausnahme für eine Beschäftigung nach 22:00 Uhr

Die Aufsichtsbehörde kann Ausnahmen vom Verbot der Nachtarbeit in der Nachtzeit nach 22:00 Uhr zulassen, wenn folgende Unterlagen vorgelegt werden:

  • Begründung des besonderen Einzelfalls,
  • Erklärung der Frau, dass sie sich zu der beantragten Beschäftigung ausdrücklich bereit erklärt,
  • Ärztliches Zeugnis, aus dem hervorgeht, dass nichts gegen die Beschäftigung der Frau bis 22:00 Uhr spricht,
  • Erklärung, dass insbesondere eine unverantwortbare Gefährdung für die schwangere Frau oder ihr Kind durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist.

Hinweise: Bei der Beschäftigung nach 22:00 Uhr ist im Unterschied zum Genehmigungsverfahren für eine Tätigkeit zwischen 20:00 Uhr und 22:00 Uhr der geplante Einsatz der Frau erst nach Erhalt der Ausnahmegenehmigung zulässig.
Sollte eine Beschäftigung beabsichtigt sein, die nicht nur den begrenzten Zeitrahmen zwischen 20:00 und 22:00 Uhr umfasst, sondern in die Nachtzeit nach 22:00 Uhr hineinreicht, ist nur ein Antrag nach § 29 Absatz 3 MuSchG zu stellen.

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Sonn- und Feiertage

Für die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen wurde generell eine Pflicht zur Anzeige bei der Aufsichtsbehörde eingeführt.

Ein Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau nur dann an Sonn- und Feiertagen beschäftigen, wenn
  • sich die Frau dazu ausdrücklich bereit erklärt,
  • die Sonn- und Feiertagsbeschäftigung nach § 10 Arbeitszeitgesetz zulässig ist,
  • der Frau in jeder Woche im Anschluss an eine ununterbrochene Nachtruhe von mindestens 11 Stunden ein Ersatzruhetag gewährt wird und
  • eine unverantwortbare Gefährdung für die schwangere Frau oder ihr Kind durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist.
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Mehrarbeit

Die Begrenzung der täglichen Arbeitszeit auf 8,5 Stunden beziehungsweise 90 Stunden in der Doppelwoche gilt für erwachsene schwangere oder stillende Frauen unverändert fort.

Neu hinzugekommen ist eine Regelung, die für voll- und teilzeitbeschäftigte Frauen gleichermaßen gilt, aber insbesondere für teilzeitbeschäftigte Frauen einen Schutz vor unverhältnismäßiger Mehrarbeit sicherstellen soll.

Ein Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau nicht in einem Umfang beschäftigen, der die vertraglich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt des Monats übersteigt (§ 4 Absatz 1 MuSchG). Ein Überschreiten der vertraglich vereinbarten Wochenarbeitszeit ist daher grundsätzlich nur dann unzulässig, wenn dadurch auch die vertraglich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit im Monatsdurchschnitt überschritten wird.

Die Aufsichtsbehörde kann Ausnahmen vom Verbot der Mehrarbeit zulassen, wenn außer dem besonders begründeten Einzelfall folgende Unterlagen vorgelegt werden:

  • Erklärung der Frau, dass sie sich zu der beantragten Beschäftigung ausdrücklich bereit erklärt,
  • Ärztliches Zeugnis, aus dem hervorgeht, dass nichts gegen die Beschäftigung der Frau mit Mehrarbeit spricht
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Beurteilung der Arbeitsbedingungen

Der Arbeitgeber ist zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen einschließlich der Gefährdungsbeurteilung unabhängig von einer konkreten oder bekannten Schwangerschaft verpflichtet (§ 10 Absatz 1 MuSchG). Die Prämissen des allgemeinen Arbeitsschutzrechts werden durch die speziellen mutterschutzrechtlichen Regelungen ergänzt.

Soweit eine konkrete Schwangerschaft bekannt wird, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die notwendigen Schutzmaßnahmen unverzüglich festzulegen und hierbei auch die individuellen Besonderheiten zu berücksichtigen (Gesprächsangebot an die Frau).

Auf dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung bauen die weiteren Maßnahmen auf. Die Rangfolge der Maßnahmen ist im § 13 MuSchG verpflichtend vorgegeben:

  • die Arbeitsbedingungen sind durch Schutzmaßnahmen so zu gestalten, dass Gefährdungen einer schwangeren oder stillenden Frau oder ihres Kindes möglichst vermieden und eine unverantwortbare Gefährdung ausgeschlossen wird.
  • Ist dies nicht ausreichend möglich oder unzumutbar, ist der Arbeitsplatz zu wechseln.
  • Nur als letztes Mittel kommt die Freistellung von der Tätigkeit in Betracht.

Der Begriff der unverantwortbaren Gefährdung

Für den betrieblichen Gesundheitsschutz im Mutterschutzrecht wurde der Begriff der unverantwortbaren Gefährdung eingeführt. Im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) gilt der Grundsatz der Risikominimierung. Im Mutterschutzgesetz tritt die Anforderung hinzu, ab einer bestimmten Gefährdungsschwelle Gefährdungen zum Schutze der Mutter und ihres Kindes auszuschließen.

Der Begriff der unverantwortbaren Gefährdung beschreibt – nunmehr ausdrücklich für das Mutterschutzgesetz – diese Gefährdungsschwelle, ab der der Arbeitgeber Gefährdungen zum Schutz der schwangeren oder stillenden Frau oder ihres (ungeborenen) Kindes auszuschließen hat.

Der mutterschutzrechtliche Begriff der unverantwortbaren Gefährdung lässt sich wie folgt umschreiben:

Eine Gefährdung liegt vor, wenn die Möglichkeit besteht, dass die schwangere oder stillende Frau und das ungeborene oder gestillte Kind durch eine bestimmte Tätigkeit oder Arbeitsbedingung gesundheitlich beeinträchtigt werden, also im Sinne des Mutterschutzgesetzes gefährdet werden.

Unverantwortbar ist eine solche Gefährdung, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung angesichts der zu erwartenden Schwere des möglichen Gesundheitsschadens nicht hinnehmbar ist.

Bei der dafür erforderlichen Bewertung ist wie folgt zu differenzieren:

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schaden eintritt, muss umso größer sein, je geringer der möglicherweise eintretende Schaden ist, und sie ist umso kleiner, je schwerer der etwaige Schaden wiegt.

Wegen des hohen Ranges des vom Mutterschutz verfolgten Schutzziels der gesundheitlichen Unversehrtheit der Frau und ihres (ungeborenen) Kindes sind die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit grundsätzlich gering.

Ausschuss für Mutterschutz

Der Ausschuss für Mutterschutz ermittelt unter anderem Art, Ausmaß und Dauer der möglichen unverantwortbaren Gefährdung einer Schwangeren oder Stillenden und stellt sicherheitstechnische, arbeitsmedizinische und arbeitshygienische Regeln zum Schutz der schwangeren oder stillenden Frau und ihres Kindes auf. Die von ihm erarbeiteten Empfehlungen sollen Orientierung bei der praxisgerechten Umsetzung der mutterschutzrechtlichen Regelungen bieten.

Geschäftsstelle des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben

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