Gesichter des MPI: Dina Padalkina

3D Rendering einer futuristischen Stadtansicht

Mehr Circular Economy für Berlin

Dina Padalkina fördert mit dem Verein Circular Berlin zirkuläres Wirtschaften in Städten.

„Wir möchten Berlin und Brandenburg resilienter gestalten, unsere Ressourcen so weit wie möglich lokal nutzen und Kreisläufe schließen“, sagt Dina Padalkina, Gründerin und Vorständin von Circular Berlin. Der gemeinnützige Verein will Circular Economy in Kommunen fördern – durch Forschung, den Aufbau von Netzwerken und umsetzungsorientierte Projekte. Mit der „Circular City Challenge“ (CCC), einer vom Masterplan Industriestadt Berlin (MPI) unterstützten Initiative, sollen Stakeholder vernetzt und zu Synergien angestiftet werden. Sie begleitet kommunale Partnerschaften bei der Entwicklung von Lösungen für die Transformation in Städten zu einer Circular Economy – nicht zuletzt, um damit andere Kommunen zu inspirieren.

Portrait Dina Padalkina
Circular Economy-Akteurinnen und Akteure geben mit ihren Ideen 
und ihrem Engagement Hoffnung, 
weil sie ganz konkrete Veränderungsmöglichkeiten sehen 
und umsetzen.
Dina Padalkina, Circular Berlin e.V.

Viel Gestaltungsspielraum in Kommunen
„Kommunen orientieren sich gern an Vorbildern: Wenn etwas woanders gut funktioniert, lernen sie davon“, so Padalkina. Partner aus Stuttgart, München und Wien sind neben Berlin bei der Circular City Challenge dabei. Das Potenzial des ökologischen Themas sei insgesamt sehr groß: „In diesem Bereich gibt es noch reichlich Kompetenz aufzubauen und man kann viel gestalten.“ Den MPI sieht sie dabei als ein wertvolles Unterstützungsinstrument und schätzt es sehr, dass zirkuläres Wirtschaften dort im Rahmen von Projekten und einem thematischen Fördercall stark integriert ist. Auch die MPI Konferenz 2023 setzte sich die Circular Economy als Schwerpunkt. „Es ist ein großes Chancenthema, weil hier Prozesse und Ideen ganz neu aufgebaut werden können für die Stadt und die Region.“

Ihr persönlicher Weg zum Thema begann in Padalkinas Studium der International Economics in Moskau und Berlin: „Nachhaltigkeit nahm dort bereits viel Raum ein.“ Nach ihrem Abschluss im Jahr 2012 war sie als Beraterin tätig und kam dort mit dem Thema „Transparenz von Lieferketten“ in Kontakt. 2017 wollte sie sich neu orientieren und nutzte die Chance, sich fortan auf zirkuläres Wirtschaften zu fokussieren: „Ich fand Circular Economy sehr spannend. Doch außer in der Abfallwirtschaft habe ich damals keine Projekte oder Unternehmen gefunden, die in diese Richtung aktiv waren.“ Sie stieß auf Climate-KIC, eine öffentlich-private Initiative, die 2010 vom Europäischen Institut für Innovation und Technologie (EIT) gegründet wurde und sich zum Ziel gesetzt hat, den Klimawandel mit neuen Entwicklungen zu bekämpfen. „Climate-KIC konnte mich darin unterstützen, eine Studie zu Circular Economy in Berlin zu verfassen. Wir haben untersucht, welche Faktoren und Menschen in der Stadt das Thema vorantreiben können und wo die Verwaltung bereits aktiv ist.“ 



Jungen Menschen am Tisch mit Bechern in verschiedenen Farben und Größen

Prozesse anders gestalten
Dabei lernte sie engagierte Köpfe kennen, die sich schon intensiv mit zirkulärem Wirtschaften auseinandersetzten und mit denen sie sich enger vernetzen wollte. In Form eines Vereins koppelten sie sich 2019 gemeinsam von der großen Organisation Climate-KIC ab: Circular Berlin war geboren. Als Vorstandsvorsitzende gehört es nun zu Padalkinas Aufgaben, den Bereich Bauwesen inhaltlich voranzutreiben und sie gestaltet Projekte dazu aus. Zudem managt sie im Rahmen der „Circular City Challenge“ die Akquise kommunaler Partner, die Messung der Wirkung der Initiative sowie die Kommunikation. „Uns war wichtig, mit der Stadt zusammenzuarbeiten, weil es nicht nur ein Business-Thema ist, bei dem sich Unternehmen ändern müssen“, berichtet sie.

Padalkina sieht eine Stadt als Organismus. In diesen fließen viele Produkte ein – und er produziert Abfall: „Den kann man auch als Ressource betrachten. Wir wollen Wege finden, wie das mehr Beachtung findet, wie Prozesse anders gestaltet werden können. Dabei sollen vor allem auch staatliche Dienstleistungen nach den Prinzipien von Konsum betrachtet werden, um Potenziale zu heben.“ Mit diesem Ansatz initiierten ihr Team und sie eine ganze Reihe von Initiativen, unter anderem ein Zero Waste Konzept für Müllvermeidung im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Die Circular City Challenge soll in erster Linie Ressourcen sowie CO2 einsparen und eine Neuausrichtung des Mindsets der Beteiligten auslösen. Die kommunalen Partner, die daran beteiligt waren, definierten Herausforderungen aus Bereichen wie Abfallwirtschaft, Energie, Gastronomie oder Industrie & Gewerbe, für die sie mit Hilfe von Lösungen aus der Circular Economy ihre Klimaziele erreichen wollen. Sie wurden im Rahmen der Challenge mit Unternehmen und Organisationen vernetzt, die diese Lösungen anbieten.

Berlin ist Partnerstadt der CCC und das Projektteam nutzt die Plattform MPI, auf der Akteure und Projekte gemeinsam Impulse für die Bewältigung aktueller Herausforderungen setzen, für den Austausch zu Lösungsansätzen im Bereich des zirkulären Wirtschaftens und deren Umsetzung. Eine Kategorie, zu der Projekte bei der CCC eingereicht werden konnten, war „Gebaute Umwelt“: Hier standen unter anderem die Implementierung zirkulärer Bauprozesse mit vermehrter lokaler Ressourcennutzung sowie Zugriff auf Sekundärrohstoffe im Fokus. Die Kategorie „Industrie und Gewerbe“ sprach Vorhaben an, bei denen lokale Lösungsansätze zur Erzielung von Synergien und Reduzierung von Abfall in Industriegebieten, Quartieren sowie Einkaufsstraßen entwickelt werden und die Förderung des effizienten Austauschs lokaler Ressourcen sowie die Unterstützung lokaler, nachhaltiger Produzentinnen und Produzenten.

In der „Anforderungs- und Potenzialanalyse zur Circular Economy im industriellen Sektor Berlins, ebenfalls ein MPI-Projekt, wurden Handlungsempfehlungen formuliert, mit denen Circular Economy Potenziale im industriellen Sektor in Berlin bestmöglich unterstützt werden können. Dazu gehört, dass die Vorbildfunktion öffentlicher Akteure gestärkt werden sollte. Die Circular City Challenge tut das, indem sie den kommunalen Partnern Informationen bereitstellt, Workshop anbietet und sie bei ihren Vorhaben begleitet.



Studie Circular Economy Berlin Titelblatt

*Großes Interesse an zirkulärem Bauen
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„Wir haben in Berlin im Rahmen der Challenge 13 Matches erreicht, standortübergreifend 23 – Zahlen, die uns positiv überrascht haben“, erklärt Dina Padalkina. „Nun ist spannend, wie viele dieser Stränge in die Umsetzung kommen und ob das vorhandene Potenzial ausgeschöpft wird.“ Das Projekt hatte auch international regen Zulauf: Rund ein Drittel der Unternehmen und Organisationen, die sich beteiligt haben, kommen aus dem Ausland. „Für uns war immer besonders spannend zu hören, welche Bedürfnisse die einzelnen Akteurinnen und Akteure haben – um die Projekte besser darauf zuzuschneiden und auch um zu sehen, wo es bisher sehr wenig Lösungsangebote gibt“, so Padalkina. „Uns ist beispielsweise aufgefallen, dass ein großes Interesse an zirkulärem Bauen besteht, die Industrie in diesem Bereich aber bisher nur wenige Innovationen vorantreibt.“ Was die zukünftigen Schritte betrifft, arbeitet Circular Berlin an zwei weiteren Projekten im Zusammenhang mit der Industrie, die vom MPI unterstützt werden. Zum einen wollen sie den spezifischen Berliner Cluster wie Optik, Photonik und Materialwissenschaften genauer untersuchen, um die Kreislaufwirtschaft mit technologischen Lösungen zu ermöglichen. Zum anderen konzentrieren sie sich auch darauf, neue Kompetenzen im Bereich der Kreislaufwirtschaft an Berufsschulen aufzubauen.



Was Padalkina besonders motiviert, ist die Community, die für das Thema zirkuläres Wirtschaften brennt: „Ich lerne so viele engagierte Menschen kennen, die nach vorn schauen, anpacken, mitgestalten wollen und auch Mut machen. Zirkuläres Wirtschaften in die Praxis zu bringen ist oftmals kompliziert und langwierig, man sieht nicht schnell Ergebnisse.“ Zumal Gespräche über den Klimawandel oftmals bedrückend seien. „Circular Economy-Akteurinnen und Akteure geben mit ihren Ideen und ihrem Engagement Hoffnung, weil sie ganz konkrete Veränderungsmöglichkeiten sehen und umsetzen. Auch wenn nicht eine oder einer allein Antworten auf alle Komplexitäten geben kann: Einen Beitrag leisten, das kann sie oder er trotzdem.“