Masterplan Industriestadt Berlin 2022–2026
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In 90 Sekunden: Der Masterplan Industriestadt Berlin
MPI-Projekt werden
Bild: Hans Christian Plambeck
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Leitgedanke des MPI
Der MPI ist ein klares Bekenntnis der beteiligten Akteurinnen und Akteure zur Industriestadt Berlin. Als Instrument moderner Industriepolitik bietet er einen Rahmen für Maßnahmen und Initiativen zur Stärkung und Unterstützung der Industrie in der Stadt. Ausgangspunkt ist das gemeinsame Verständnis, dass eine starke Industrie die Basis für eine solide wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Berlin bildet. Ein besonderer Fokus des MPI liegt auf den Bedarfen der Industriestadt in der Transformation und der Vereinbarkeit der sozialen, ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit.
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Erstellungsprozess
Der erste Masterplan Industriestadt Berlin wurde bereits 2010 erarbeitet. Der aktuelle Masterplan (2022 bis 2026) ist damit die vierte Version des Strategiepapiers. Er wurde in einem dialogorientierten Prozess mit Hilfe von Fachinterviews, Gremiensitzungen und Workshopformaten entwickelt. Dabei waren Berliner Industrieunternehmen über die Kammern und Verbände, die relevanten Senatsressorts, die Wirtschaftsfördergesellschaft des Landes, Gewerkschaften, Hochschulen und Forschungsinstitutionen, weitere Netzwerke sowie das Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg eingebunden.
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Umsetzungsstruktur
Für eine erfolgreiche Umsetzung des Masterplan Industriestadt Berlin arbeiten alle industriepolitisch relevanten Akteurinnen und Akteure eng in einem dynamischen Prozess zusammen. Um gezielter und schneller auf sich verändernde Rahmenbedingungen reagieren zu können, besteht der Masterplan Industriestadt aus zwei Teilen: einem Strategiepapier und einem Aktionsplan mit MPI-Projekten.
Wichtiger Impulsgeber ist das Netzwerk Industriepolitik (NIP), in dem Kammern, Verbände, Gewerkschaften und Fördereinrichtungen des Landes organisiert sind (siehe Übersicht über die Umsetzungsstruktur). Es begleitet den Masterplan auf seinem Weg und dient als Ideengeberin bei der Gestaltung der strategischen Herausforderungen im Rahmen der Weiterentwicklung des Stratgiepapiers.
Der Steuerungskreis Transformation der Berliner Industrie (SKIP) bei dem Regierenden Bürgermeister lenkt als übergeordnetes Gremium die strategische Ausrichtung des MPI. Er begleitet die transformativen Entwicklungsprozesse in der Berliner Industrie und platziert Entscheidungs- und Handlungserfordernisse. Unter Beteiligung der leitenden politischen und wirtschaftlichen Akteurinnen und Akteure steht der Steuerungskreis vor dem Hintergrund aktueller wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Herausforderungen für die Verbindung einer aktiven und aktivierenden Industriepolitik und für deren Begleitung durch den MPI.
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Transformationslinien
Die Berliner Industrie befindet sich in einem von globalen Megatrends getriebenen, umfassenden Transformationsprozess. Dieser schließt Entwicklungen wie den Klimawandel, Ressourcenknappheit und den demographischen Wandel ein. Es zeichnen sich drei zentrale transformatorische Schwerpunkte ab:
- die digitale Transformation der Industrie
- die ökologische Transformation der Industrie und
- die Transformation der industriellen Arbeitswelt
Die digitale Transformation der Industrie
Die digitale Transformation ist wesentlicher Treiber zur Optimierung von Entwicklungs- und Produktionsprozessen. Die Verwendung digitaler Technologien beschleunigt die Neu- und Weiterentwicklung von Produkten oder produktbezogenen Services und verkürzt so die Zeit zur Markteinführung. Mit Blick auf den Erhalt bestehender und die Entwicklung neuer industrieller Wertschöpfungsketten im urbanen Raum, bieten neue digitale Geschäftsmodelle sowie digitale Prozessinnovationen besondere Chancen. Diese sind oft kompatibler mit der innerstädtischen Mischnutzung von Flächen als traditionelle Fertigungsprozesse.
Nicht zuletzt können mit Hilfe digitaler Technologien signifikante Effekte bei der Energieeinsparung erzielt und damit zur CO₂-Reduzierung beigetragen werden. Durch die starke Digitalwirtschaft, die hohe Dichte von Technologiegebern – u.a. auch aus dem Bereich Optik und Photonik – und bestehende anwendungsorientierte Kooperationsnetzwerke (z. B. IoT+, AMBER), ist die Industriestadt Berlin bereits sehr gut aufgestellt, um neue Wertschöpfungsmodelle anzuziehen und zu binden.
Es ergeben sich jedoch auch technologieübergreifende Herausforderungen im Bereich der IT- und Cybersicherheit und der digitalen Resilienz von Industrieunternehmen. Schließlich bestehen insbesondere in kleinen und mittelständischen Betrieben weiterhin Herausforderungen beim Digitalisierungsgrad grundlegender Betriebsprozesse.
Die ökologische Transformation der Industrie
Mit Blick auf das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 und die weitreichende gesellschaftliche Werteorientierung hin zur ökologischen Nachhaltigkeit, ist die grüne Transformation der Industrie unabdingbar. Zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der Berliner Industrie in Zeiten steigender Energiepreise und geopolitischer Unsicherheiten ist eine weitestgehend unabhängige, auf regenerativen Rohstoffen basierende Energieversorgung zentral. Dies stellt die Politik und Industrie weltweit vor tiefgreifende Herausforderungen. Mit dem Aufbau der notwendigen Infrastrukturen sowie der Entwicklung und Adaption der erforderlichen Technologien gehen hohe Investitionskosten einher.
Die Dekarbonisierung spielt insbesondere im Bereich der Energieversorgung und der Mobilität eine wesentliche Rolle in der Industriestadt Berlin. Hervorgehobene Chancen bestehen hier u. a. für Unternehmen als Entwickler und Anbieter entsprechender Technologien z. B. im Bereich der Wasserstoffanwendungen. Potenziale ergeben sich auch beim Einsatz von Maßnahmen zur Ressourcenschonung und den Übergang zur zirkulären Wirtschaft. Im Vordergrund stehen dabei Technologien und Lösungen wie Leichtbau, Miniaturisierung, nachhaltiges Produktdesign zur Erleichterung der Wiederverwertung sowie verschiedene Produkt- und Prozessinnovationen, die eine ressourcenschonende Fertigung ermöglichen.
Die Transformation der industriellen Arbeitswelt
Die Transformation der industriellen Arbeitswelt birgt durch neu entstehende Berufsbilder und sich verändernde Arbeits- und Organisationsmodelle Chancen für Unternehmen sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zugleich. Die verschiedenen bereits genannten Megatrends und Transformationsprozesse generieren einerseits komplexe Fragestellungen und Unsicherheiten. Andererseits verändern sie die Lebens- und Berufswelt und wirken sich sowohl rasant als auch nachhaltig auf Berufs- und Qualifikationsprofile der Beschäftigten in der Industrie aus.
Neben der kontinuierlichen Identifikation von branchenspezifischen Anforderungen und Qualifizierungsbedarfen gilt es, übergreifend passende Formate für das lebenslange Lernen zu entwickeln und Fortbildung als integralen Bestandteil des Arbeitslebens zu verstehen. Gleichzeitig können Prozessinnovationen und digitale Fertigungstechnologien wesentlich zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen beitragen sowie den Herausforderungen des Fachkräftemangels begegnen. Damit dies gelingen kann, müssen Teilhabe- und Mitbestimmung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als Aspekt von immer schneller werdenden Veränderungsprozessen mitgedacht werden.
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Handlungsfelder
Ausgehend von den drei Transformationslinien und den darin definierten strategischen Anforderungen wurde der Handlungsrahmen für den MPI 2022-2026 weiterentwickelt (siehe schematische Darstellung des Handlungsrahmens). Dabei wurden die folgenden Handlungsfelder definiert:
I INNOVATION
Ziele
- Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit, Ressourcen- und Energieeffizienz der Berliner Industrie durch den verbesserten und beschleunigten Zugang zu neuen Technologien
- Ausbau, Verstetigung und Skalierung von Transferstrukturen für innovative industrielle Anwendungen durch neue Vernetzungsformate (z. B. zwischen Digitalwirtschaft und Industrieunternehmen)
- Stärkung der Technologiesouveränität und Abbau von Abhängigkeiten in globalen Lieferketten
Handlungsschwerpunkte
- Aufbau von Strukturen und Angeboten für die Entwicklung, die Erprobung und die Adaption von neuen Technologien
- Schaffung von Transparenz über Technologieanbieter und Sensibilisierung für neue industrielle Anwendungen und Lösungen – auch unter Einbeziehung von Betriebsrätinnen und Betriebsräten als Know-how-Trägerinnen und Know-how-Träger
- Initiierung gezielter Vernetzungs- und Transferangebote für industrielle KMU
- Entwicklung von Unterstützungsstrukturen und Pilotprojekten im Bereich relevanter Schlüsseltechnologien, unter anderem Leichtbau und Additive Fertigung
- Ausbau niedrigschwelliger Angebote für industrielle KMU in den Feldern Digitalisierung und Nachhaltigkeit
II KOMPETENZEN
Ziele
- Identifikation von Kompetenzbedarfen in Industrieunternehmen und Deckung durch innovative Aus- und Weiterbildungsangebote
- Entwicklung und Bewerbung moderner Berufsbilder in der urbanen Industrie
- Etablierung und Förderung von Kompetenzerwerb und Weiterbildung im Betrieb als agilen Prozess entlang der Erwerbsbiografie
Handlungsschwerpunkte
- Entwicklung von Formaten zur Vernetzung von Bildungsträgern und der Industrie
- Schaffung von Transparenz über Weiterbildungsangebote und -initiativen gegenüber Unternehmerinnen und Unternehmern, Fachkräften sowie Betriebsrätinnen und Betriebsräten
- Entwicklung innovativer Formate zur Sensibilisierung von (Berufs-)Schülerinnen und (Berufs-)Schülern für Industrieberufe
- Nutzung von Clusterstrukturen und Netzwerken zur frühzeitigen Erkennung zukünftiger qualifikatorischer Bedarfe
- Fortlaufender Abgleich der Bedarfe der Industrie mit der wissenschaftlichen Ausbildung an Hochschulen und Universitäten
- Aufbau von bedarfsorientierten Weiterbildungsverbünden und -programmen
III RAHMENBEDINGUNGEN
Ziele
- Verankerung von Bedarfen der Industrie in den relevanten Strategien und Konzeptionen des Landes
- Entwicklung von klimaneutralen, klimafolgenangepassten und integrierten Industriestandorten
- Aufrechterhaltung des Entwicklungskonzepts für den produktionsgeprägten Bereich (EpB) bei der Sicherung und Entwicklung von Gewerbeflächen
Handlungsschwerpunkte
- Entwicklung und Unterstützung von grünen Standorten – sowohl im Bestand als auch im Kontext neuer Standorte und Campusprojekte
- Unterstützung des Aufbaus von Reallaboren und Testfeldern als Experimentierräume in der Industriestadt
- Rückkopplung mit den zuständigen Ressorts und Fachreferaten im Kontext von insbesondere:
- dem weiteren Breitbandausbau und der Einführung des 5G-Mobilfunkstandards
- der Entwicklung einer klimagerechten und wettbewerbsfähigen Energieversorgung – der Berücksichtigung des Wirtschaftsverkehrs im Rahmen der Mobilitätswende
- der Sicherung von Gewerbeflächen im urbanen Raum
IV KOMMUNIKATION UND VERNETZUNG
Ziele
- Intensivierung des Austauschs zu industriebezogenen Themen und Aktivitäten zwischen relevanten Akteurinnen und Akteuren auf allen Ebenen
- Sichtbarmachung der Stärken und Potenziale der Industriestadt nach innen und außen – insbesondere mit Blick auf die drei Transformationslinien
- Stärkung der Rolle des MPI als Kooperationsplattform
Handlungsschwerpunkte
- Entwicklung zielgerichteter Formate zur Vernetzung industrierelevanter Akteurinnen und Akteuren
- Schaffung einer Schnittstelle zu Unternehmensnetzwerken mit industriellen Schwerpunkten
- Schärfung bzw. Ausbau der industriebezogenen Marketing-Aktivitäten
- Vertiefung des Austauschs und der Zusammenarbeit mit den relevanten Akteuren im Land Brandenburg