Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei Einstellungen gem. §§ 87.1 und 88.1 PersVG

Mitbestimmungsrecht des PR bei Einstellungen gem. §§ 87.1 und 88.1 PersVG

Der PR und das Einstellungsverfahren

Das Personalvertretungsgesetz (PersVG) schreibt dem Personalrat eine Reihe von Mitbestimmungsrechten (§79 PersVG) zu. Unter anderen ist das Mitbestimmungsrecht bei Einstellungsverfahren eines der zentralen Einflussmöglichkeiten bei wesentlichen personalrechtlichen Angelegenheiten im öffentlichen Dienst. In den Paragraphen 87.1 und 88.1 (jeweils für Angelegenheiten der Arbeitnehmer*innen und andererseits für Beamt*innen) heißen die ersten Mitbestimmungsangelegenheiten lapidar „Einstellung“. Der Vorgang der Einstellung findet allerdings in vier Phasen statt, bei denen der Personalrat einbezogen werden muss. Zunächst müssen Stellen im öffentlichen Dienst, also auch im Bildungsbereich, öffentlich ausgeschrieben werden. Zweitens ist ein transparentes Auswahlverfahren unter den Bewerber*innen durchzuführen, in dessen Anschluss die Behörde den Beschäftigtenvertretungen entsprechende Einstellungsvorlagen zur Mitbestimmung vorzulegen hat. Schließlich gehört zur Einstellung auch die Eingruppierung der unter Vertrag genommenen neuen Tarifbeschäftigten. Auch hier prüft der Personalrat eingehend, denn dabei geht es immerhin um das korrekte, der Qualifikation entsprechende Entgelt, gemäß der geltenden Tarifverträge. Zur „Einstellung“ gehören also
  • die Ausschreibung,
  • ein Auswahlverfahren,
  • die Einstellungsvorlage zur Mitbestimmung und
  • die Eingruppierung.

Die Stellenausschreibung

Für Einstellungen an den allgemeinbildenden Schulen sind freie Stellen erforderlich, die von der Senatsverwaltung Bildung, Jugend und Familie ausgeschrieben werden. Diese Ausschreibungen müssen alle Informationen, Qualifikationsanforderungen und Kriterien beinhalten, um eine entsprechende Zielgruppe anzusprechen, aus der heraus sich Kandidat*innen für konkrete Stellen bewerben können. Die Senatsverwaltung legt die Ausschreibungen für Lehrkräfte, für weiteres pädagogisches Personal (Erzieher*innen, Betreuer*innen, Pädagogische Unterrichtshilfen) für Sekretär*innen, für Verwaltungsleiter*innen, für Psycholog*innen und für technisches Personal dem Gesamtpersonalrat zur Mitwirkung vor. Die nun bestätigten Ausschreibungen erscheinen dann im Amtsblatt des Landes Berlin und auf den digitalen Plattformen der Senatsverwaltung.
Unbefristete Stellen für Lehrkräfte sind für sog. Laufbahnbewerber*innen und Quereinsteiger*innen ausgeschrieben. Laufbahnbewerber*innen sind voll ausgebildete Lehrkräfte, die also über ein zweites Staatsexamen im Lehrkräfteberuf verfügen.
Menschen, die in diesem Berufsfeld eine eigene neue Perspektive sehen und über ein Hochschulexamen auf Master- oder Diplom-Niveau mit einem Fach der Berliner Schule verfügen, haben die Möglichkeit als Quereinsteiger*innen den Vorbereitungsdienst für die Lehrkräftelaufbahn zu absolvieren.
Um den derzeitigen gewaltigen Bedarf zu decken, muss das Land Berlin in großem Umfang auch sog. LovL (Lehrkräfte ohne volle Lehrbefähigung) für befristete Stellen ansprechen. Bewerber*innen können sich digital auf der BEOv Plattform eintragen. BEO heißt „Bewerbung und Einstellung Online“, das V steht für „Vertretung“.
Die Ausschreibungen für Lehrkräfte (außer bei sog. PKB-Verträgen) erfolgen im Land Berlin zurzeit ohne eine konkrete Anbindung an den Arbeitsplatz. Ausschreibungen für andere an den allgemeinbildenden Schulen beschäftigte Berufsgruppen sind zumindest an Bezirke oder speziell an konkrete offene Stellen an den Schulen geknüpft.

Ralf Böttcher

Auswahlverfahren

Das Auswahlverfahren

Das Grundgesetz, die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, schreibt für Stellenbesetzungen im öffentlichen Dienst eine Bestenauslese vor [Art. 33(2)GG: „Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.“
Dieses Prinzip liegt den Auswahlverfahren für die Besetzung von freien Stellen an öffentlichen Schulen zugrunde.

In früheren Zeiten, einige erfahrenere Kolleg*innen können sich gegebenenfalls noch erinnern, fanden Einstellungs- und Auswahlgespräche an den Schulen selbst statt, die sog. „schulscharfen Einstellungsverfahren“. Bei diesen stellten sich mehrere Kandidat*innen für eine der wenigen zur Verfügung stehenden Stellen vor und hofften sehr, Berücksichtigung zu finden. Auch heute finden derartige Auswahlverfahren für gut nachgefragte Stellen an Schulen- grundsätzlich unter Teilnahme der Beschäftigtenvertretungen- statt.
Bei dem derzeit übergroßen Bedarf der Schulen an Lehrkräften, an weiterem pädagogischen Personal (Erzieher*innen, Pädagogische Unterrichtshilfen, Betreuer*innen,…) und an sonstigem Personal werden in der Regel sog. “Castings” durchgeführt. Bei diesen regionalen Auswahlverfahren treffen dringend benötigte Bewerber*innen für Stellen an den Schulen auf die versammelten Schulleitungen.
Die Bewerber*innen stellen sich in fünf- bis zehnminütigen Präsentationen nach vorgegebenen Profilkategorien vor. Im Laufe der Veranstaltung entscheiden sich die Schulleitungen, entsprechend ihres Fächerbedarfs, dann für geeignete Kandidat*innen. Am Ende des Castings bezeichnen die Schulleiter*innen der Schulaufsicht ihre personellen Vorstellungen. Die zuständigen Schulräte teilen, ausgehend von den Bedarfen, den Schulen die gecasteten Bewerber*innen zu. Für die Ausfertigung der Arbeitsverträge setzen sich die Schulleitungen mit den ausgewählten Kandidat*innen in Verbindung und im besten Falle kommen die neuen Kolleg*innen dann auch an den Schulen an.
Die Beschäftigtenvertretungen, also auch der Personalrat sind mit je einer Vertreterin / einem Vertreter während der Veranstaltung anwesend und dokumentieren, für die spätere sachgerechte Wahrnehmung des Mitbestimmungsrechtes, relevante Informationen zu den Kandidat*innen und zu Auswahlentscheidungen der Schulleitungen und der Schulaufsicht- selbstverständlich immer unter Wahrung des Prinzips der Vertraulichkeit.

Ralf Böttcher

Die Einstellungsvorlage zur Mitbestimmung der Beschäftigtenvertretungen

Ein formal korrekt ablaufendes Auswahlverfahren ist dem Gesetzgeber so wichtig, dass seit den 70er Jahren die Beschäftigtenvertretungen den konkreten Einstellungen zustimmen müssen, damit diese zustande kommen. Die Schulleitungen erstellen dafür einen sog. Laufzettel, der alle wesentlichen Einstellungsbedingungen enthält und fügen dieser Vorlage (zur Mitbestimmung der Frauenvertretung, ggf. der Schwerbehindertenvertretung und des Personalrats) eine ziemlich umfassende Anlage an.

In dieser Dokumentation müssen
  • eine Berufsbiographie des/der Kandidat*in,
  • Berufs- und Qualifikationszertifikate (Kopien),
  • vor allem bei befristeten Verträgen eine Vergleichsliste mit der Aufführung weiterer Kandidati*innen für die Stelle (sog. BEOv-Liste),
  • ein darauf gründender Auswahlvermerk der Schulleitung und
  • eine Auflistung von Vorbeschäftigungszeiten für eine korrekte und faire Eingruppierung

enthalten sein.

Nur auf der Grundlage einer solchen Dokumentation ist es dem Personalrat und den anderen Beschäftigtenvertretungen möglich, sachgerecht prüfen zu können, dass das vom Grundgesetz geforderte Auswahlverfahren [gem. Art. 33(2)GG] nachvollziehbar und korrekt abgelaufen ist.
Praktisch läuft dies so ab, dass die Personalratsmitglieder die eingehenden Vorlagen sichten, begutachten und gegebenenfalls bei der Schulaufsicht oder den Schulleitungen offene Fragen besprechen und klären. Auf dieser Grundlage entscheidet das Gremium dann auf der wöchentlichen Sitzung über Zustimmung oder Verweigerung der Mitbestimmung bei jeder einzelnen Einstellungsvorlage. Dies kann, vor allem vor dem Schuljahreswechsel, sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Denn bei dem großen Einstellungsbedarf der Schulen können für eine Sitzung bis zu 80 ! Vorlagen auf der Tagesordnung zu finden sein.
Erst mit den gegengezeichneten Einstellungsvorlagen können dann von der Personalstelle die neuen Arbeitsverträge ausgefertigt werden (Am Rande bemerkt: Natürlich auch für die Personalstelle eine riesige Herausforderung, weshalb die Kolleg*innen in der Flottenstraße besonders am Schuljahresende kaum zu erreichen sind).
Damit ist der Vorgang der Einstellung (gem. § 87.1 PersVG) noch nicht abgeschlossen, denn die neu eingestellten Kolleg*innen dürfen und müssen eine korrekte Eingruppierung erfahren, damit am Ende des Monats auch das Geld stimmt. Auch hier ist der Personalrat in der Mitbestimmung.

Ralf Böttcher

Die Eingruppierung

Wenige Tage nach der Einstellung erhalten Beschäftige ein Schreiben der Personalstelle mit zahlreichen Informationen. Darunter eine ganz Wichtige: Wieviel Geld bekomme ich? Aber anstatt einen Betrag mit einem Eurozeichen zu erhalten, wird man fast erschlagen von Zahlen mit Paragraphen, Abkürzungen und Verweisen auf Tarifverträge. Dahinter verbirgt sich die Zuordnung zur passenden Stelle in den Entgelttabellen. Da im öffentlichen Dienst auch die Gehälter öffentlich bekannt sind, kann sie jede*r selbst einsehen. Hilfreich ist da z.B. die Seite des unabhängigen Internet-Portals für den Öffentlichen Dienst.
Mit dem ersten Schreiben kommt meist auch die Benachrichtigung, dass die Prüfung der Stufenzuordnung nicht abgeschlossen sei und die Beteiligung der Beschäftigtenvertretungen noch ausstehe. Und da kommt der Personalrat erneut ins Spiel.
Mitglieder des Gremiums, die sich in die Materie intensiv eingearbeitet haben, prüfen die Richtigkeit der Entgeltgruppe, dessen Grundlage der erworbene Abschluss ist. Handelt es sich um ein Diplom einer Universität oder einer Fachhochschule? Gab es eine Zusatzqualifikation für pädagogische Unterrichtshilfen? Ist eine 1987 in Ljubljana abgeschlossene Ausbildung mit aktuell erreichbaren Qualifikationen vergleichbar? Diese und viele weitere Fragen klären unsere „Spezialisten“ in Zusammenarbeit mit der Personalstelle, der Senatsverwaltung und vor allem den Beschäftigten. In der wöchentlichen Sitzung werden dann die Eingruppierungsvorlagen dem Gremium vorgestellt und der Personalrat kann so sachgerecht von seinem Mitbestimmungsrecht Gebrauch machen.
Neben der Entgeltgruppe prüft der Personalrat auch die Stufenzuordnung. Hier geht es um die bereits erlangte Berufserfahrung. Generell gilt die Faustformal, je mehr Berufserfahrung, umso höher die Erfahrungsstufe, desto höher das Gehalt. Sowohl die Personalstelle als auch der Personalrat achten dabei besonders auf die Art und den Umfang vorheriger Beschäftigungen. Hat etwa ein*e Verwaltungsleiter*in vorher in einer Firma gleichwertige Arbeiten absolviert, muss diese auch für die neue Tätigkeit an der Schule angerechnet werden. Bei einer Sportlehrkraft, die jahrelang Kinder im Verein trainierte, wird dies mit zumindest 50 Prozent anerkannt. So bunt die Berufsbiografien der Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind, so verschieden sind auch die Möglichkeiten der Stufenzuordnung.

Arne Schaller

Wegen des Bearbeitungsaufwands aller Beteiligten (Personalstelle, Schulaufsicht, Frauenvertretung und Personalrat) können einige Wochen vergehen. Durch personelle Engpässe in der Behörde leider manchmal auch Monate. Sollte es einmal deutlich länger dauern, ist es wichtig, dass Beschäftigte ihre korrekte Zahlung der Bezüge gegenüber der Personalstelle geltend machen. Dies sollte spätestens sechs Monate nach Vertragsbeginn geschehen, da nur Ansprüche innerhalb dieser „finanzwirksamen Zeit“ bewilligt werden. Sollte es noch länger dauern, gibt es keinen Grund zur Sorge: Ist die Geltendmachung erst einmal gestellt, zählt alles ab diesem Zeitpunkt mit hinein.

Arne Schaller