Intersexualität

gelbe Fläche mit einem lila Ring in der Mitte

Begriffserklärung

Unter dem Begriff Intersexualität, auch als Inter* bezeichnet, werden eine Vielzahl unterschiedlicher Erscheinungsformen zusammengefasst. Vereinfacht gesagt weisen intersexuelle Körper Merkmale sowohl des männlichen als auch des weiblichen Geschlechts auf. Diese können sehr vielfältig sein und auch unterschiedliche Ebenen des Körpers betreffen, z. B. die primären und sekundären Geschlechtsmerkmale, die Chromosomen oder die Hormone.

Schätzungen zufolge kommen in Deutschland jährlich zwischen 150 und 340 Kinder auf die Welt, die sich nicht eindeutig dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Selbsthilfevereinigungen kritisieren insbesondere, dass noch immer geschlechtszuweisende Operationen an Neugeborenen vorgenommen werden, obwohl in den meisten Fällen kein medizinischer Notfall vorliegt. Mit dieser Thematik hat sich 2012 auch der Deutsche Ethikrat befasst und diese Praxis der geschlechtszuweisenden medizinischen Eingriffe kritisiert, denn oftmals treten dadurch erst in den Folgejahren, z. B. zu Beginn der Pubertät, massive physische und/oder psychische Probleme auf.

Rechtliche Aspekte

Schon in einem Kirchenbuch der Gemeinde Peterzell bei Alpirsbach von 1653 wurde ein Eintrag gefunden, der auf Intersexualität hinweist. So wurde der Name eines Täuflings nachträglich von Anna zu Hans Jacob geändert, weil “ettlich Tag nach empfangener Tauf mehr männliches alß weibliches Geschlecht gefunden” wurde. Aus anderen Quellen geht hervor, dass Hans Jacob angesehener Bürger des Ortes war, denn er verwaltete drei Jahrzehnte die Gemeindefinanzen und war Pate bei nicht weniger als 18 Taufen.

Im Preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794 gab es schließlich den sogenannten “Zwitterparagraphen”, demzufolge die Eltern bestimmen konnten, in welchem Geschlecht ein Kind mit nicht eindeutigen Geschlechtsmerkmalen erzogen werden soll. Diesem stand jedoch mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein eigenes Wahlrecht zu.

Zum Ende des 19. Jahrhunderts – mit der Einführung eines staatlichen Personenstandswesens in Deutschland – erhielt eine eindeutige Geschlechtszuordnung größere Bedeutung und das Deutungsrecht dafür wurde Mediziner_innen übertragen. Fortan waren nur die Eintragungen männlich oder weiblich möglich, da nach damaliger Rechtsprechung und Literatur der Begriff des “Zwitters” dem deutschen Personenstandsrecht fremd war.

Seit 2013 ist es möglich, den Geschlechtseintrag frei zu lassen, wenn ein Kind nicht eindeutig dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet werden kann. Erst mit dem bahnbrechenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Oktober 2017 wurde der Gesetzgeber verpflichtet, neben männlich und weiblich einen dritten positiven Geschlechtseintrag zu schaffen. Am 22. Dezember 2018 trat dann schließlich das Gesetz zur Änderung der in das Geburtsregister einzutragenden Angaben in Kraft, demzufolge bei Varianten der Geschlechtsentwicklung die Angabe divers in das Geburtsregister eingetragen werden kann. Die Eintragungen im Geburtsregister können durch Erklärung gegenüber dem Standesamt auch nachträglich geändert werden.

Intersex Awareness Day

26. Oktober

Am 26. Oktober wird seit 1996 jährlich – insbesondere in englischsprachigen Ländern – der Intersex Awareness Day (auch als Intersex Solidaritätstag bezeichnet) begangen. Der Tag geht u. a. zurück auf die ersten Proteste der Gruppe “Hermaphrodites with Attitude” in Boston gegen die medizinische Behandlungspraxis gegenüber intergeschlechtlichen Menschen.

Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass das Thema Intergeschlechtlichkeit in der Gesellschaft noch immer wenig sichtbar ist, tabuisiert und/oder exotisiert wird. Die weltweiten Aktivitäten an diesem Tag sollen das Thema Intersexualität in den Fokus rücken und dabei auch die Menschenrechte intergeschlechtlicher Menschen stärken. Insbesonders wird auch darauf hingewiesen, dass geschlechtszuweisende Operationen an Neugeborenen und Kleinkindern nach wie vor stattfinden und noch immer nicht verboten sind.

Impressionen aus vergangenen Jahren

  • Eine Frau und ein Mann hissen eine gelbe Fahne mit lila Kreis.

    Bezirksbürgermeister Jörn Oltmann: “Unser Bezirk steht ganz klar für das Selbstbestimmungsrecht eines jeden Menschen über sich und seinen Körper."; 2023

  • Ein Mann hält eine gelbe Flagge mit lila Kreis an einem Fahnenmast hoch.

    Bezirksbürgermeister Jörn Oltmann: "Unser Bezirk lebt jeden einzelnen Buchstaben von LSBTIQ+. Intergeschlechtliche Menschen sind ein Teil unseres Bezirkes."; 2022

  • Vor einem großen Gebäude mit Uhrenturm weht eine gelbe Flagge mit lila Kreis an einem Fahnenmast.

    Aus Anlass des Intersex Awareness Day weht die Intersex-Flagge vor dem Rathaus Schöneberg. Damit drückt das Bezirksamt seine Solidarität mit intergeschlechtlichen Menschen aus; 2021

  • Eine Frau und ein Mann hissen eine gelbe Fahne mit lila Kreis.

    Justizsenator Dirk Behrendt und Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler hissen gemeinsam aus Solidarität mit intergeschlechtlichen Menschen die Intersex-Flagge vor dem Rathaus Schöneberg; 2019

Weitere Informationen