Ein historischer Überblick über Neu-Tempelhof

Lieber Leserin, lieber Leser,
für alle, die neugierig auf die Geschichte des Bezirkes Tempelhof-Schöneberg sind und sich seine einzelnen Stadtteile genauer ansehen möchten und auch für diejenigen, die beruflich oder als Nutzer_in mit Architektur und Denkmalpflege zu tun haben, wollen wir an dieser Stelle die Gartenstadt Neu-Tempelhof vorstellen.

Die eigene Wohnung, der Kiez, die Stadt in der wir leben, bildet im globalen Dorf den Ort der eigenen Geschichte und Identifikation. Insofern ist er ohnehin für uns unverwechselbar, aber wir möchten diese Besonderheit doch gern auch in Architektur und Stadtplanung wiedergespiegelt sehen. Dazu kann und sollte Jede/r etwas beitragen und ich bedanke mich herzlich bei Jenen, die sich für die Qualität ihrer Stadt einsetzen – in diesem Fall bei denen, die sich für die Gartenstadt Neu-Tempelhof engagieren. Auf ihre Anregungen hin haben wir die folgenden Beiträge entwickelt.

Das Tempelhofer Feld, um das es uns hier geht, ist ein mehr als gewöhnlicher Acker. Es ist ein geschichtlich bedeutender und einzigartiger Ort.

1722 hielt der preußische König Friedrich I. hier seine ersten militärischen Paraden ab. Die müssen so erfolgreich verlaufen sein, dass man sich zu einer jährlichen Folgeveranstaltung auf den Tempelhofer Äckern entschloß. 150 Jahre lang dauerte die Fremdnutzung an, die nicht nur zu Lasten der Bauern, die große Ernteausfälle hinnehmen mussten, ging. Sie verhinderte auch ein städtebauliches Zusammenwachsen der Gemeinde Tempelhof mit Berlin. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Übungen nach Döberitz und Zossen verlagert. Für landwirtschaftliche Nutzungen war das Gelände, welches Anfang des 19. Jahrhunderts vom Militär erworben worden war, inzwischen nicht mehr zu gebrauchen. Das Tempelhofer Feld wurde jedoch durch neue Nutzer_innen erobert: Die Berliner_innen pilgerten allsonntäglich zum Picknicken und sonstigem Amüsemang hierher.

Das weite Feld brachte auch andere auf neue Nutzungsideen. Die aufkeimende Luftfahrt entdeckte das freie Gelände ebenfalls für ihre Bedürfnisse. Hier fanden die ersten Flugversuche von Otto Lilienthal, den Brüdern Wright und Graf Zeppelin statt. 1923 erbaute man auf dem östlichen Geländeteil den ersten, bescheidenen Berliner Flughafen: zwei Schuppen und ein hölzernes Verwaltungsgebäude.

Noch vor dem 1. Weltkrieg entschied man sich zur Errichtung einer Gründerzeitbebauung auf dem westlichen Tempelhofer Feld. 1912/13 realisierte man die ersten Blöcke im Bereich der Manfred-von-Richthofen-Straße / Dudenstraße. Der Krieg und die ihm folgende Inflation verhinderten die weitere Umsetzung der dichten Wohnbebauung.

Dass heute eine Gartenstadt und keine Mietskasernen das Bild Neu-Tempelhofs prägen, ist auf den Staatssekretär Professor Dr. Dr. Adolf Scheidt zurückzuführen, der sich für eine aufgelockerte und mit Gärten durchsetzte Bauweise engagierte. Ursprünglich waren 2000 Einfamilienhäuser für Kriegsheimkehrer geplant, die durch eine mehrgeschossige Wohnanlage, ähnlich wie eine Stadtmauer, umschlossen werden sollte. Tatsächlich wurden nur ca. 1000 Eigenheime gebaut. Die verbleibenden Flächen wurden in den 20 er und 50 er Jahren bebaut. Der Reformanspruch an ein gesundes Wohnen mit viel Licht, Luft und Sonne wurde auch hier umgesetzt.
1920/21 begann man mit der Planung. “Eigener Herd ist Goldes wert” heißt es in einer Verkaufsbroschüre aus dem Jahre 1925. Die zentrale, verkehrsgünstige und doch grüne Lage wird hier neben vielen anderen Vorzügen hervorgehoben.

Ihre damalige Attraktivität haben die Eigenheime, aber auch die später errichteten Wohnanlagen bewahren können, so dass Neu-Tempelhof seit Jahrzehnten ein gefragter Wohnort in grüner und zentraler Lage ist.
Den meisten Eigentümern und Mietern in der Gartenstadt Neu-Tempelhof sowie in den Wohnanlagen der 20 er und 50 er Jahre ist bekannt, dass der Bezirk seit über zehn Jahren auf der Grundlage einer Erhaltungsverordnung diese städtebaulich bedeutende Siedlung mit ihren typischen Merkmalen erhält und behutsam weiterentwickelt. Die erzielten Erfolge, nämlich der Rückgang einer baulichen Überformung sowie bewusste Rekonstruktionen des ursprünglichen Erscheinungsbildes, können sich sehen lassen!

Ein besonderer Dank gilt den Eigentümern_innen, die mit ihren baulichen Veränderungen der historischen Gestaltung ihres Hauses wieder näher gekommen sind.

Die folgenden Informationen sollen Sie umfassend über die “Verordnung über die Erhaltung baulicher Anlagen und der städtebaulichen Eigenart des Gebietes Neu-Tempelhof im Bezirk Tempelhof von Berlin” vom 29. August 1991 informieren. Darüber hinaus möchten wir Ihnen im Einzelnen darstellen, was verändert werden kann und was nicht und wollen Sie schließlich auf einen Spaziergang durch die Gartenstadt
mitnehmen.

Viele nützliche Informationen und Spaß an unserer kleinen Geschichte von Neu-Tempelhof wünscht Ihnen

Ihre

Dr. Elisabeth Ziemer
Bezirksstadträtin für Gesundheit,
Stadtentwicklung und Quartiersmanagement