Wenckebach-Klinikum

Denkmal des Monats Juli 2012 - In Schinkels Sinne

  • Wenckebach 3

    Eingang Wenckebach-Klinikum - Der Besucher wird am Eingang des Geländes von einem dreigeschossigen Verwaltungsbau und zwei Pförtnerhäuschen empfangen -

  • Wenckebach 2

    Büste von Karel Frederik Wenckebach - In den 1950er-Jahren wurde das ehemalige Lazarett nach dem Wiener Internisten Karel Frederik Wenckebach benannt. Geehrt wird er durch eine Büste im Eingangsbereich des Klinikgeländes -

  • Wenckebach 1

    Block A - Ökonomiegebäude - Das Ökonomiegebäude bildet das funktionale und architektonische Zentrum des Denkmalkomplexes Wenckebach-Klinikum -

  • Wenckebach 4

    Wenckebach Ziegelsteinfassade - Die sparsame Dekorierung der Ziegelsteinfassade macht den besonderen Reiz der Architektur aus -

Tempelhofer Wenckebach-Klinikum

Gemeinsam mit der Unteren Denkmalschutzbehörde im Bezirk stellt die Berliner Woche ab sofort regelmäßig ein „Denkmal des Monats“ vor. Für den Juli macht das Tempelhofer Wenckebach-Klinikum am Metzplatz den Anfang.
Eigentlich will man hier nicht hin. Krankenhäuser sind Orte, die man meist nur aufsucht, wenn es nicht anders geht. Umso schwieriger also die Aufgabe für Architekten, trotzdem Anlagen zu schaffen, in denen man sich so wohl fühlt wie eben möglich. Die die praktischen Funktionsansprüche erfüllen und den Patienten trotzdem einen annehmbaren Lebensraum auf Zeit bieten.

In Tempelhof haben die Berliner Architekten Martin Gropius – Großonkel des Bauhaus- Gründers Walter Gropius – und Heino Schmieden ihre Aufgabe in den 1870er-Jahren mit der Orientierung an der Backstein-Optik Karl-Friedrich-Schinkels gelöst. Zwischen 1875 und 1878 entstanden nach ihren Plänen im Karree zwischen Wenckebach-, Albrecht-, Friedrich-Wilhelm- und der heute aufgehobenen Werbergstraße als südliche Verlängerung der Templerzeile die Ursprungsbauten des 2. Garnison-Lazaretts. Also dem heutigen Wenckebach-Klinikum, das vom Klinikkonzern Vivantes betrieben wird. Das Gelände war ideal, weil es einerseits außerhalb der Stadt, andererseits schon damals verkehrstechnisch gut erschlossen war.

Gropius und Schmieden haben eine Anlage entworfen, die sich durch die lose Verteilung der einzelnen Bauten in einer parkähnlichen Grünfläche auszeichnet, die untereinander trotzdem in sinnvoller Verbindung stehen. Der Besucher wird am Metzplatz von einem dreistöckigen Verwaltungsgebäude empfangen. Dahinter schließt sich eine symmetrische Anlage an, in deren Zentrum ein Ökonomiegebäude und einem 21 Meter hohen Turm steht. Der Turm beinhaltet den Schornstein einer Dampfkesselanlage und einen Wasserbehälter. Auch durch die große Uhr im oberen Bereich ist der Turm der architektonische Höhepunkt der Anlage. Zu beiden Seiten sind jeweils zwei Krankenblocks platziert und durch gedeckte Gänge miteinander verbunden. Den östlichen Abschluss der Anlage bildeten früher drei einstöckige Pavillons, von dem heute nur noch der südliche erhalten ist. Dahinter wurde das Gelände in den 1930er-Jahren durch eine als Mehrflügelanlage errichtete Absonderungs- und Nervenabteilung bis zur Colditzstraße erweitert.Die Ursprungsarchitektur wirkt besonders durch ihre rötliche Ziegeloptik, die als herausragendes Beispiel der Backsteinbaukunst in Berlin gilt. Die roten Backsteinfassaden sind sparsam verziert, indem sie durch gelbe Backsteine gegliedert werden. Bei den mehrstöckigen Bauten trennt ein ornamentierter Fries aus Tonplatten die Geschosse. Die in Tempelhof realisierte Architektur von Gropius und Schmieden wurde in den Folgejahren beispielhaft für krankenhausbauten beispielsweise in Königsberg, Küstrin und Düsseldorf.

Und sie wird auch in Tempelhof bis heute geschätzt. Vivantes richtet in einem früheren Empfangsgebäude an der Wenckebachstraße derzeit ein Hospiz ein und lässt den Bau dafür denkmalgerecht sanieren. Auch der Architekt dieses aktuellen Umbaus, Claus Dege, versucht dabei einen Ort zu schaffen, der den Besuchern ihren Aufenthalt so angenehm wie nur möglich macht. „Wir bringen in den Räumen unterschiedliche Farbkonzepte zum Einsatz, arbeiten viel mit Licht und schaffen den Besuchern auch im Freien Aufenthaltsmöglichkeiten“, so der Architekt. Die Atmosphäre der Anlage und die Optik der inzwischen 140 Jahre alten Gebäude stehen dabei nach wie vor im Mittelpunkt. Einfach, weil sie so schön sind.

Ralf Liptau für die „Berliner Woche“
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