Die U-Bahnlinie 4
Tempelhof-Schöneberg. Gemeinsam mit der Unteren Denkmalschutzbehörde des Bezirksamts stellt die Berliner Woche regelmäßig ein Denkmal des Monats vor. Im April trifft es die U-Bahnlinie 4, seit über 100 Jahren eine Besonderheit im Berliner Nahverkehrsnetz.
Heute sticht sie vor allem wegen ihrer besonderen Kürze heraus: Die lediglich 2,9 Kilometer lange U-Bahnlinie 4 verkehrt nur zwischen fünf Bahnhöfen und war so lange Zeit die kürzeste U-Bahnlinie der Hauptstadt. Wenn die momentane Stummellinie U55 an die U5 angebunden sein wird, wird das auch wieder so sein. Seit ihrer Eröffnung im Jahr 1910 ist die Linie 4 nie verlängert worden und verkehrt so nach wie vor nur in Schöneberg. Kein Zufall: Schließlich war es die – durchaus selbstbewusste – damals noch eigenständige Stadt, die mit der heutigen U4 die erste kommunale U-Bahnlinie in ganz Deutschland bauen ließ. Zwar waren vorher Gespräche mit der Berliner Hochbahngesellschaft, dem Betreiber der anderen Berliner Linien, geführt worden. Weil sich das Unternehmen von der kurzen Strecke allerdings keine Rendite versprach, winkten die dortigen Verantwortlichen ab. Schöneberg baute also selbst.
Der Bau der U-Bahn war nur eines mehrerer Großprojekte, die die Stadt damals neu definierten. Zwischen 1908 und 1910 entstand die Linie fast zeitgleich mit dem Rathaus. Den Aushub beider Baustellen verwendeten die Bauleute gleich weiter: Zur Trockenlegung des sumpfigen Erdreichs auf dem Gelände des heutigen Rudolph-Wilde-Parks.
Der Bau der Linie 4 stand auch im Zusammenhang mit der enormen Bautätigkeit im Bayerischen Viertel. Schließlich waren es genau dessen gutbürgerliche Neubewohner_innen, die sich mit der Bahn komfortabel zwischen Nollendorf- und Innsbrucker Platz bewegen können sollten. Der U-Bahnhof Innsbrucker Platz hieß damals übrigens noch Hauptstraße, der heutige Bahnhof Rathaus Schöneberg trug den Namen Stadtpark.
Noch heute prägt die fünf Stationen ihr weitgehend ähnliches Aussehen. Gemeinsame Merkmale sind beispielsweise die Decken mit offenen, runden Kappen, die grauen Fliesen an den Wänden und die Stahlstützen, deren Verzierungen an allen Bahnhöfen gleich ist. Eine Ausnahme bildet in diesem Zusammenhang freilich der U-Bahnhof Nollendorfplatz. Die Linie 4 hielt ursprünglich nicht an der heutigen Stelle, sondern in einem eigenen Bahnhof unterhalb der Motzstraße. Auch die ursprünglichen Bahnhofsausgänge mit mächtigen Natursteinaufbauten haben sich deutlich von anderen Bahnhöfen abgesetzt. Erhalten sind hiervon allerdings nur noch die Aufgänge am Viktoria-Luise-Platz.
Die Linie 4 wird ihren Charakter als Berlins Babylinie übrigens weiterhin behalten. Während die ursprünglichen Planungen Verlängerungen in beide Richtungen bis zur Friedrichstraße im Norden und dem Südgelände am unteren Ende des Bezirks vorsahen, wurde in den vergangenen Jahren höchstens noch über eine Verlängerung zum Magdeburger Platz in Tiergarten gesprochen. Die Bezirksverordnetenversammlung äußerte erst im vergangenen Jahr erneut den Wunsch danach – und bekam vom Senat eine Abfuhr. Der sieht eine Verlängerung derzeit für „nicht vordringlich.“ Die U4 bleibt also in Schöneberg.