Aktuell sind weltweit so viele Menschen auf der Flucht wie noch nie zuvor. Dies ist auch in Berlin Tag für Tag Diskussionsstoff bei den Menschen in dieser Stadt. Angesichts der hohen Zugangszahlen von asylsuchenden Menschen und Kriegsgeflüchteten müssen weitere Unterkunftsplätze geschaffen werden. Seit langer Zeit in der Kritik steht der Bezirk Reinickendorf, der sich angeblich der gesamtstädtischen Solidarität verweigert und die Schaffung neuer Unterkünfte bspw. in Form sogenannter MUF’s nicht befördert.
Bezirksbürgermeisterin Emine Demirbüken-Wegner hat die aktuellen Zahlen sammeln und analysieren lassen und meldet deutlichen Widerspruch zu diesen Anwürfen an: „Wie bereits in den letzten Wochen bekannt wurde, wird das Ankunftszentrum (AKUZ) im Flughafen Tegel bald auf nahezu 8.000 Plätze aufgestockt sein. Längst ist eine Kleinstadt auf dem ehemaligen TXL entstanden. Wer sich vor Ort umschaut, stellt fest: es handelt es sich dabei nicht mehr um ein reines Ankunftszentrum. Menschen, nein, ganze Familien leben bereits seit mehreren Monaten in den Leichtbauhallen und werden dort auch weiterhin auf unbestimmte Zeit bleiben müssen. Die Kapazitäten des Ankunftszentrums für Asylsuchende auf dem ehemaligen Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik-Gelände werden ebenso ausgebaut. Hier werden mehr als 2.000 Plätze vor allem in Traglufthallen geschaffen. Auch hier beträgt die Verweildauer mittlerweile mehrere Wochen. Hinzu kommen noch 1.300 Flüchtlinge, die sich in verschiedenen Einrichtungen, wie Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften befinden. Weitere geschätzte 1.500 Geflüchtete sind in Hotels, Hostels und zweckentfremdeten Bürogebäuden untergebracht.“
Demirbüken-Wegner verweist zudem darauf, dass seit Sommer 2023 durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familien über 200 Plätze in fünf Aufnahmeeinrichtungen für unbegleitete minderjährige Geflüchtete im Bezirk Reinickendorf in privaten Einrichtungen geschaffen wurden. „Somit werden bald mehr als 13.000 geflüchtete Menschen jeglichen Alters in verschiedenen Einrichtungen in Reinickendorf untergebracht sein.“
Damit liegt der Bezirk berlinweit an der Spitze und steht vor immensen Herausforderungen. „Mit der Entscheidung der Senatsebene, die Menschen am TXL mit einer Reinickendorfer Meldeadresse zu versehen, ist der Bezirk in der Verantwortung für Kitaplätze, Jugend-, Gesundheits- und Sozialbetreuung. Reinickendorf vergibt bspw. als einziger Bezirk Kitagutscheine und Unterhaltsvorschussbescheinigungen für die Kriegsgeflüchteten im AKUZ Ukraine/TXL. Wir werden als Bezirk im Durchschnitt zwei bis drei Mal in der Woche zum Thema Kinderschutz in den Ankunftszentren gerufen.“
Dank des über Grenzen hinausgehenden Engagements der Mitarbeitenden im Bezirksamt stemmt man sich gegen diese objektive Überforderung der bezirklichen Einrichtungen und Angebote. Trotz dieser Situation ist der Bezirk mit anstehenden finanziellen Einsparungen konfrontiert. Mit dramatischen Kürzungen des bezirklichen Integrationsfonds oder dem Auslaufen der Sondermittel für das AKUZ-Ukraine-TXL wird die Situation für den Bezirk nicht mehr zu leisten sein. Mittel für Personalaufstockungen im Bezirksamt und eine ausreichende finanzielle Ausstattung für integrative Angebote sind dringend notwendig. Menschen im Land Berlin müssen menschengerecht untergebracht werden und teilhaben können. Ein Dach über dem Kopf allein reicht nicht aus. Integration findet vor Ort im Bezirk statt und braucht ein personelles und finanzielles Fundament. Das Bezirksamt ist der Auffassung, dass die vorhandenen Standorte aus Gründen der Sozialinfrastruktur, des Mangels an Kitaplätzen, an Jugendeinrichtungen und der feststellbaren Überlastung des interkulturellen Bevölkerungsmix nicht weiter ausgebaut werden können. Die Bezirksbürgermeisterin im Resümee ihrer Analyse: „Uns fliegt hier kurz über lang in einigen Ortsteilen der Bezirk um die Ohren. Ich mag die Vorwürfe gegen Reinickendorf nicht mehr hören. Von wegen Verweigerung: Reinickendorf ist bald berlinweit an der Spitze in der Unterbringung für Geflüchtete!“