SFZ Schwerpunkt Phonologische Bewusstheit für Kinder mit geringen Deutschkenntnissen

Das Training Phonologischer Bewusstheit für Kinder mit geringen Deutschkenntnissen

Buch Das mehrsprachige Klassenzimmer

In welcher Hinsicht profitieren Kinder mit einer anderen Herkunftssprache von einem Training phonologischer Bewusstheit?

Weil die Lernvoraussetzungen von Schülerinnen und Schüler mit geringen Deutschkenntnissen oft schwer zu ermitteln sind, ist es notwendig, den Prozess der Alphabetisierung mit den Voraussetzungen für den Erwerb des Lesens und Schreibens, der Phonologischen Bewusstheit, zu beginnen. Doch auch, wenn die Schülerinnen und Schüler bereits phonologische Bewusstheit entwickelt haben, hat das Training für sie einen weiteren Vorteil: Sie werden für die lautlichen Besonderheiten der deutschen Sprache sensibilisiert.
Für Lehrerinnen und Lehrer ist es hilfreich, sowohl die Besonderheiten der deutschen Sprache als auch der unterschiedlichen Herkunftssprachen zu kennen, um die Schülerinnen und Schüler bei der Wahrnehmung, Artikulation und Verschriftlichung deutscher Laute unterstützen zu können.
Da die Trainings so aufgebaut sind, dass mit kurzen, lautreinen Wörtern begonnen wird, ist das Hineinhören in die deutsche Sprache erleichtert. So können sich die Schülerinnen und Schüler schrittweise an die deutsche Besonderheit der Konsonantenhäufung (z. B. im Wort „Strumpf“) herantasten.
Auch auf die Einzellaute bezogen erfolgt eine Annäherung von leicht zu hörenden Lauten zu schwierigeren. Die Hörmuster der jeweiligen Herkunftssprache sind ausschlaggebend dafür, welche Laute schwerer zu erkennen und zu realisieren sind. Türkische Schülerinnen und Schüler haben z. B. Schwierigkeiten mit der Aussprache des weichen ch-Lautes, den sie häufig als /sch/ sprechen. Lautgebärden mit Bezug zum Artikulationsort bieten sich als Unterstützung an.
Eine Sensibilisierung auf der Lautebene wirkt sich auch förderlich auf andere Bereiche aus, wie Wortakzent, Satzintonation und Sprachrhythmus. Diese sind für die Einschätzung der Sprachkompetenz durch Muttersprachler wesentlich. Auch auf der Ebene der Grammatik ist es von Vorteil, wenn z. B. Wortendungen besser erkannt werden können.
Für Schulkinder gibt es Trainings, die das Schreiben und Lesen einbeziehen, wie z. B. das Training von Forster/Martschinke. Hier geht es neben dem Durchgliedern der Wörter um den Aufbau eines Schreibwortschatzes. Mit diesem morphematischen Wissen kann sich Rechtschreibsicherheit entwickeln.

Was muss beim Training phonologischer Bewusstheit mit dieser Zielgruppe beachtet werden?

Anders als bei Schülerinnen und Schülern mit der Erstsprache Deutsch ist es notwendig, die Wörter des Trainings einzuführen und für jede Übung neu zu präsentieren. Z. B. werden in Silben zu gliedernde Wörter zunächst ohne Artikel vorgesprochen. Auf der Suche nach Reimwörtern kann mit Alternativpaaren gearbeitet werden („Was reimt sich: Hose-Berg oder Hose-Rose?“). Häufiges Nachsprechen im Gruppenchor festigt die Wörter und Übungsinhalte und gibt dem einzelnen Kind Sicherheit. Um das Sprachvorbild der Lehrerinnen und Lehrer zu sichern, ist es hilfreich, das Vor- und Nachsprechen mit der Gruppe einzuüben. Schwierigere Wörter mit Konsonantenhäufungen können schrittweise aufgebaut werden: K-Kn-Kno-Knop-Knopf.
Da die Lerngruppen heterogen zusammengesetzt sind, eine hohe Fluktuation aufweisen und regelmäßiger Schulbesuch und Pünktlichkeit häufig erst entwickelt werden müssen, ist es notwendig, das Training entsprechend anzupassen. Die Wiederholung aller Bausteine des Trainings mit der gesamten Gruppe und Angebote zum Selbstlernen können zur Rhythmisierung des Tages beitragen.

Auswahl von Literatur und Trainings

  • Hans Werner Huneke, Wolfgang Steinig (20136): Deutsch als Fremdsprache. Eine Einführung. Berlin, Erich Schmidt Verlag.
  • M. Krifka, J. Błaszcak, A. Leßmöllmann, A. Meinunger, B. Stiebels, R. Tracy, H. Truckenbrodt (Hrsg.) (2014): Das mehrsprachige Klassenzimmer. Über die Muttersprachen unserer Schüler. Berlin, Heidelberg, Springer Verlag.
  • Dr. Eva Lipkowski (2012): Sprache und Unterricht. Eine Beschreibung der deutschen Sprache für Lehrerinnen und Lehrer. Als download verfügbar unter www.uni-due.de/prodaz

Trainingsprogramme zur Förderung Phonologischer Bewusstheit:

  • Maria Forster, Sabine Martschinke (2003³): Leichter lesen und schreiben lernen mit der Hexe Susi. Übungen und Spiele zur Förderung der Phonologischen Bewusstheit. Nürnberg, Auer Verlag.
  • P. Küspert, W. Schneider (1999): Hören, lauschen, lernen. Sprachspiele für Kinder im Vorschulalter. Würzburger Trainingsprogramm zur Vorbereitung auf den Erwerb der Schriftsprache. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht Verlag.
  • Dorothe Metz, Linda Paulina Fröhlich, Franz Petermann (2010): Schulbasierte Förderung der phonologischen Bewusstheit und sprachlicher Kompetenzen. Das Lobo-Schulprogramm. Göttingen, Hogrefe Verlag.
  • Dies. ebda: Für Drachenhäuptlinge. Materialien für Lehrkräfte zum Lobo-Schulprogramm „Schulbasierte Förderung der phonologischen Bewusstheit und sprachlicher Kompetenzen.“
  • Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung Berlin (Hrsg.) (2009): Phonologische Bewusstheit. Berlin.

Angelika Geffert
© Regionales Sprachberaterteam für vorschulische Sprachförderung im SFZ
April 2015