SFZ Schwerpunkt Phonologische Bewusstheit in der Kita

Warum ist die Förderung der phonologischen Bewusstheit in der KITA so wichtig?

Material Hören, lauschen, lernen

Was ist phonologische Bewusstheit?

Eine der Fähigkeiten, die ein Kind benötigt um Sprache zu erwerben, ist die Fähigkeit, aus dem Strom der gesprochenen Sprache, einzelne Wörter und Laute zu unterscheiden und zu erkennen. Die Fähigkeit, Strukturen der Lautsprache zu erkennen und mit Sprachelementen zu handeln, wird in der Fachliteratur als die phonologische oder die phonematische Bewusstheit bezeichnet (Vgl. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik). Man unterscheidet dabei die phonologische Bewusstheit im weiteren und im engeren Sinne.
Die phonologische Bewusstheit im weiteren Sinn bezieht sich zum einen auf die Fähigkeiten des Hin- und Zuhörens sowie des Erkennens und Unterscheidens von Reimen und Silben.
Die phonologische Bewusstheit im engeren Sinn beinhaltete die Fähigkeit, einzelne Laute aus dem Wortganzen herauszuhören, An- und Auslaute zu erkennen und Laute zu Wörtern zusammenzusetzen bzw. zu zerlegen.

Material Holta di Polta

Warum sollte die phonologische Bewusstheit gefördert werden?

In den letzten Jahren nimmt der Anteil von Kindern mit sprachlichem Förderbedarf trotz vermehrter Anstrengungen der Pädagoginnen und Pädagogen eher zu als ab. Eine Überflutung des Alltagslebens mit auditiven Reizen, steigendem Medienkonsum und einem Mangel an selbsttätigem sprachlichen Handeln führt dazu, dass der überwiegende Teil der Kinder kaum noch die Gelegenheit hat, sich bewusst mit dem Klang und dem Aufbau von gesprochener Sprache auseinanderzusetzen. Die Anregungsarmut, falsche Sprachvorbilder, ein hinzukommender Zweit- oder Mehrspracherwerb können „umgebungsbedingte Sprachauffälligkeiten“ zur Folge haben, die wiederum Ursache für schulischen Misserfolg sein können.
Dass die phonologische Bewusstheit eine wichtige Vorläuferfähigkeit zum Erwerb der Schriftsprache darstellt, ist weitgehend bekannt. Aus eigenen Erfahrungen im Kita- und Schulalltag wissen wir aber auch, dass Kinder mit sprachlichen Auffälligkeiten von der Förderung der phonologischen Fähigkeiten beim Spracherwerb grundsätzlich profitieren. Das bewusste Hinhören erleichtert den Kindern das Einhören in eine Sprache, das gilt besonders auch für die zwei- und mehrsprachig aufwachsenden Kinder. So unterstützt der Aufbau phonologischer Fähigkeiten sowohl die Verbesserung artikulatorischer als auch den Erwerb der grammatikalischen Kompetenzen.
Berücksichtigt man die Tatsache, dass der Erwerb von lautsprachlichen Kompetenzen bei Schuleintritt weitgehend abgeschlossen ist und der Schriftspracherwerb mit Schuleintritt beginnt, kommt der Förderung der phonologischen Bewusstheit besonders im letzten Jahr vor Schuleintritt eine besondere Bedeutung zu. Nicht ohne Grund wird der phonologischen Bewusstheit also sowohl im Berliner Sprachlerntagebuch als auch in diversen Verfahren zur Ermittlung der Lernausgangslage zum Schuleintritt große Beachtung geschenkt.

Lobo-Kindergartenprogramm

Wie kann die phonologische Bewusstheit gefördert werden?

Voraussetzung für die oben benannten positiven Effekte ist eine regelmäßige und konsequente Förderung zum Aufbau der phonologischen Bewusstheit.
Bereits im Kleinkindalter kann mit der Förderung der phonologischen Bewusstheit begonnen werden.
Spiele zur bewussten Wahrnehmung von Alltagsgeräuschen, zum Richtungshören oder das altbekannte Spiel „Hänschen, Hänschen piep einmal“ bereiten Kindern jeden Alters großen Spaß. Aber auch Fingerspiele, Kniereiter, Rhythmus-, Bewegungs- und Klatschspiele sowie das Singen von Liedern dienen der Erweiterung der phonologischen Fähigkeiten und können vielfältig in den Alltag eingebaut werden.
Im letzten Kitajahr vor Eintritt in die Schule sollten dann gezielte Übungen zur Förderung der phonologischen Bewusstheit durchgeführt werden. Dabei sollte mit Übungen zur Förderung der phonologischen Bewusstheit im weiteren Sinne begonnen werden. Das sind Übungen zum Erkennen von Reimpaaren, selbst Reimwörter finden, Wörter in Silben zerlegen (Sprechen in Robotersprache) bzw. Silben zu Wörtern zusammensetzen. Erst dann begibt man sich auf die Lautebene. In verschiedenen Übungen sollen Kinder erkennen lernen, dass Wörter mit unterschiedlichen Lauten beginnen können, sie sollen einfache Laute am Anfang und am Ende von Wörtern erkennen. Manche Kinder beginnen von allein die Position von bestimmten Lauten zu bestimmen (Fatme: „ In meinem Namen hört man in der Mitte ein /a/.“)

Für das letzte Kitajahr und die Schulanfangsphase gibt es mittlerweile eine ganze Reihe von Materialien und speziellen Programmen zur Förderung der phonologischen Bewusstheit:

  • Küspert, P. / Schneider, W.: Hören, lauschen, lernen – Würzburger Trainingsprogramm zur Vorbereitung auf den Erwerb der Schriftsprache
  • Fröhlich, L. P. / Metz, D. / Petermann, F.: Förderung der phonologischen Bewusstheit und sprachlicher Kompetenzen – Das Lobo-Kindergartenprogramm
  • Fröhlich, L. P. / Metz, D. / Petermann, F.: Schulbasierte Förderung der phonologischen Bewusstheit und sprachlicher Kompetenzen – Das Lobo-Schulprogramm
  • Frank, A. / Kirschhock, E.-M. / Martschinke, S.: Der Rundgang durch Hörhausen
    - Erhebungsverfahren zur phonologischen Bewusstheit
  • Forster, M. / Martschinke, S.: Diagnose und Förderung im Schriftspracherwerb – leichter lesen und schreiben lernen mit Hexe Susi
  • Christiansen, Ch.: Wuppis Abenteuerreise durch die phonologische Bewusstheit
  • Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung: Bildung für Berlin – Phonologische Bewusstheit (Grüner Ordner)
  • Auch für ältere Schulkinder geeignet sind:
  • Arends, M.: Holta di Polta – Pädagogisch-therapeutisches Übungsmaterial zur Förderung der phonologischen Bewusstheit
  • Hollbach, W.: Hörtraining zur Entwicklung der phonologischen Bewusstheit
Buch Diagnose und Förderung im Schriftspracherwerb

Wann kann die phonologische Bewusstheit gefördert werden?

Grundsätzlich können Übungen zur Wahrnehmung von Geräuschen, das Singen von Liedern und Reim- und Klatschspiele vom ersten Tag des Kitaeintritts durchgeführt werden.
Mit einer gezielten und kontinuierlichen Förderung der phonologischen Bewusstheit sollte jedoch erst im letzten Kitajahr begonnen und in der Schulanfangsphase weitergeführt werden. Aber auch bei älteren Kindern mit sprachlichen Auffälligkeiten oder beim Fremdspracherwerb konnten in der Praxis gute Erfahrungen mit entsprechenden Fördermaßnahmen gemacht werden. Hier sollten die Förderinhalte jedoch an das Alter der Schüler angepasst werden.
Die Übungen sollten regelmäßig, also mehrmals wöchentlich in kurzen Sequenzen von 15 – 20 Minuten durchgeführt werden, entweder entsprechend der Vorgaben durch die oben benannten Programme oder z.B. im Morgenkreis. Auch innerhalb von Unterrichtsstunden haben sich Übungen zur phonologischen Bewusstheit als wiederkehrendes Ritual als zweckmäßig und effektiv erwiesen. Die Förderung der phonologischen Bewusstheit sollte jedoch nicht die einzige sprachförderliche Aktivität in der Kita und der Schule sein.

Literaturauswahl

  • Fröhlich, Linda Paulina; Metz, Dorothee; Petermann, Franz: Förderung der phonologischen Bewusstheit und sprachlicher Kompetenzen, Hogrefe Verlag, Göttingen 2010
  • Küspert, Petra; Schneider, Wolfgang: Hören, lauschen, lernen, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co.KG, Göttingen 2006
  • Schmidt, Marc: Gezielte Förderung lautsprachlicher Kompetenzen, Verlag modernes lernen, Dortmund 2012

Heike Schimkus
© Regionales Sprachberaterteam für vorschulische Sprachförderung im SFZ
April 2015