SFZ Schwerpunkt Mündliches Erzählen

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Mündliches Erzählen in der Grundschule als Mittel zur Sprachförderung

„Erzählen ist wie Tanzen. Im Rhythmus eines Tanzenden bewegt sich der Erzähler auf die Wirklichkeit zu.“ Cesare Pavese

Geschichten zu erzählen ist die älteste Methode überhaupt, wenn es darum geht, Wissen weiterzugeben. Die Situationen, in denen erzählt wird, sind genauso vielfältig wie die Inhalte und die Motive des Erzählens. Die Erzählung kann von etwas selbst Erlebtem handeln, kann aber auch etwas frei Erfundenes oder auch eine Nacherzählung sein. Das Erzählen kann der Unterhaltung, dem Belegen, dem Belehren oder der psychischen Entlastung etc. dienen.

In den letzten Jahren wird immer mehr die Bedeutung des mündlichen Erzählens hervorgehoben und insbesondere Eltern und pädagogischen Fachkräften wird empfohlen, Kindern Geschichten zu erzählen. Und das nicht ohne Grund:

Kinder lieben Geschichten, das gilt insbesondere in dem Alter von etwa vier bis zehn Jahren. Geschichten fesseln und begeistern sie. Diese Begeisterung aktiviert die emotionalen Zentren im Gehirn, die so den Lernprozess erheblich anfeuern. 1

Kinder lernen durch Geschichten mit wahrer Begeisterung. Sie beziehen einen Teil ihres Weltwissens aus einer Vielzahl von Geschichten, aus Erlebniserzählungen, aus Märchen oder andere Geschichten.
So eignet sich mündliches Erzählen auch für die Einführung eines neuen Themas im Sach- und Fachunterricht. Die Kinder werden einer gut erzählten Geschichte fasziniert folgen, gespannt zuhören und die darin enthaltenen Informationen aufsaugen. Eine erzählte Geschichte lässt Raum für die Fantasie und die Kinder erhalten die Möglichkeit, eigene Vorstellungen zum Thema zu entwickeln.

Durch mündliche Erzählungen erwerben Kinder ein allgemeines Textverständnis, denn jeder Text hat ein Geschichtenschema, ein Bauprinzip. Diese Einsichten brauchen Kinder zum Verstehen schriftlicher Texte, sie brauchen sie, um Texte ordnen und wiedergeben zu können und sie brauchen diese Einsichten letztendlich für ihre eigenen Schreibaufgaben.

Durch den Einsatz von Mimik und Gestik und von Requisiten, Bildern sowie anderen zusätzlichen Hilfen wird das Wortverstehen gefördert. So erhalten Kinder die Möglichkeit, ihren Wortschatz zu erweitern. Aber nicht nur neue Wörter werden erworben, auch prägen sich Kinder sprachliche Muster (insbesondere durch die sich wiederholenden Formeln und Wendungen) auf besondere Weise ein. Durch interaktives Erzählen (Miterzählen, Nachspielen und Nacherzählen) können Wortschatz und syntaktische Strukturen gefestigt werden.

Während des Erzählens erzeugt ein guter Erzähler bei den Zuhörenden Bilder im Kopf. Kinder können ihrer Fantasie freien Lauf lassen, in ihrer Auseinandersetzung mit der Geschichte wird die Entwicklung von Fantasie und Kreativität weiter gefördert.

Mündliches Erzählen ist ein Wechselspiel zwischen Erzählen und Zuhören. Da der Erzähler im Kontakt und im Austausch mit dem Zuhörenden ist (durch Nachfragen, Rückmeldungen, …), richtet er seinen Text immer wieder neu auf den Hörenden aus. Über diese dialogische Sprechweise haben Kinder das Sprechen überhaupt gelernt. 2

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1 Vgl.: Hüther, G.: Begeisterung… In: Url: http://www.gerald-huether.de/populaer/veroeffentlichungen-von-gerald-huether/texte/begeisterung-gerald-huether/ (Letzter Aufruf: 2016-02-14)

2 Vgl.: Merkel, J. (2008). In: Merkel, J./ Klein, J. : Geschichten erzählen, erfinden und schreiben. Persen Verlag

Gute-Nacht-Geschichte

Zuhörkompetenzen der Kinder werden durch mündliches Erzählen gefördert.

Die Kinder lernen, sich auf „Wesentliches“ zu konzentrieren und „Unwesentliches“ zu überhören. Sie werden befähigt, den gehörten Text in seiner Gesamtheit als auch im Detail zu verstehen. Notwendig sind Regeln für das aktive Zuhören und vertiefende Übungen zum Zuhören.

Durch das Erzählen von Geschichten werden Kinder angeregt, selbst Geschichten zu erzählen. Im Schluss sollte mündliches Erzählen selbst zum Lerngegenstand werden. Hilfreich sind das Einplanen regelmäßiger Erzählstunden und das Einrichten einer Erzählwerkstatt. Neben einer angenehmen Erzählatmosphäre benötigen Kinder Erzählhilfen, geeignete Sprechanlässe, Methoden und Übungsformen, um die individuelle Erzählfähigkeit anzuregen und weiterzuentwickeln.
Eine besondere Form des Erzählens ist das zweisprachige Erzählen. Diese Form des Erzählens eignet sich insbesondere in Klassen mit Schülern verschiedener Herkunftssprachen.

Beratungs- und Fortbildungsangebot des SFZ zum Thema:

Nach individueller Absprache bietet das Sprachförderzentrum auch Beratungen und Fortbildungsveranstaltungen zum Thema an.
Aus dem Angebot:
- Erzählentwicklung und Förderung
- Mündliches Erzählen kreativ gestalten
- Methoden, Erzählhilfen, Übungsformen
- Welche Geschichten eignen sich zum Erzählen? Wo findet man entsprechende Vorlagen?
- Zweisprachiges Erzählen, selbst erzählen lernen

Lesehund Vorlesenachmittag Heidi Sonntag

TIPPS

Fachliteratur und Praxismaterial

ErzählZeit. Den Kern der Initiative ErzählZeit bilden einjährige Langzeitprojekte in Grundschulen, im Frühförderbereich werden Kindergärten eingebunden. Weitere Informationen unter: http://www.erzaehlzeit.de (letzter Aufruf: 2016-02-14)

Andresen, H. (2011): Erzählen und Rollenspiel von Kindern zwischen drei und sechs Jahren. Eine Expertise der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte. Deutsches Jugendinstitut e.V. (Publikation ist auch unter: www.weiterbildungsinitiative.de erhältlich)

Claussen, C. (2009): Die große Erzählwerkstatt für kleine Geschichtenerfinder. Das Praxispaket zur Entwicklung von Erzählkompetenz und Kreativität. Auer Verlag

Klein, J. / Merkel, J. (2009): Geschichten erzählen, erfinden und schreiben. Eine Anleitung mit Lehrfilm für die Grundschule. Persen Verlag

Koenen, M. (2009): Sprache anfassen. Ein Werkstattbuch. Verlag das Netz

Internetquellen zum Thema Erzählen:

Reich, K.,(Hg.): Methodenpool. In: http://methodenpool.uni‐koeln.de oder http://methodenpool.uni‐koeln.de (letzter Aufruf: 2013‐01‐30)

Merkel, J.: Merkels Erzählkabinett. In: http://www.stories.uni-bremen.de/ (letzter Aufruf: 2016-02-14)

Kinderbuchtipp:

Röckener, A.: Wie geht´s weiter? Bilder & Geschichten zum Weiterspinnen, Moritz Verlag

Dagmar Buchwald
© LLW Sprachbildung im SprachFörderZentrum Berlin Mitte
April 2016