Die Landesbeauftragte für Migration und Integration, Katarina Niewiedzial hat gemeinsam mit der Landesarbeitsgemeinschaft der bezirklichen Beauftragten für Partizipation und Integration ein Positionspapier zur aktuellen Situation an den Berliner Schulen für neu zugewanderte Kinder verfasst und der Bildungsverwaltung zur Verfügung gestellt. Darin wird die Dringlichkeit der Situation beschrieben, eine Reihe von Vorschlägen zur Verbesserung gemacht und eine gemeinsame gesellschaftliche Debatte gefordert. Hier finden Sie Auszüge aus dem Papier, sowie das gesamte Papier zum Download.
“Bildung ist die wichtigste Ressource in unserem Land. Das Recht auf Bildung ist in der Verfassung festgeschrieben, es ist unteilbar. Das Land Berlin ist daher gefordert, allen Kindern und Jugendlichen in Berlin gleichberechtigte Bildungschancen zu ermöglichen – und zwar unabhängig von ihrem sozialen Status, ihrer Herkunft und ihrer jeweiligen aufenthaltsrechtlichen Situation.
Gemeinsam mit den bezirklichen Beauftragten für Partizipation und Integration wende ich mich an Sie, um die Dringlichkeit der aktuellen Situation an den Berliner Schulen aus integrationspolitischer Sicht darzustellen.
In den letzten 12 Monaten haben in Berlin mehr als 40.000 Menschen, die aus der Ukraine vor dem Krieg geflohen sind, dauerhaft Schutz gefunden, Etwa ein Drittel davon sind Kinder und Jugendliche. Dies entspricht einer Zahl von 10.000 bis 15.000 Kindern und Jugendlichen. Hinzu kommen schutzsuchende Menschen auch aus Afghanistan, Syrien oder dem Iran und auch viele asylbeantragende Familien aus Moldawien, Russland oder Georgien. Zwischen zehn und 15 unbegleitete Jugendliche erreichen derzeit täglich im Durchschnitt Berlin; eine Größenordnung, welche eine besondere Herausforderung darstellt.
Wir erkennen ausdrücklich an, dass seit dem Ausbruch des Krieges und ob der gestiegenen Zahlen von Geflüchteten aus der Ukraine die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Forschung im Jahr 2022 mehr als 7.000 zusätzliche Schulplätze geschaffen hat und dass es gelungen ist, mehr als 500 neue Lehrkräfte einzustellen.
Dennoch: Auch wenn der Mangel an Räumlichkeiten und Fachpersonal alle Schulformen betrifft, führt er in den Willkommensklassen zu ungleich drastischeren Zuständen und langfristig negativen Auswirkungen für die neu zugewanderten Kinder und Jugendlichen.
[…]
Die Situation ist sehr ernst. Die Zahlen in Berlin insgesamt sind alarmierend. Jedes Jahr verlassen in Berlin etwa 3.800 Schülerinnen und Schüler die Schule ohne oder mit dem niedrigsten Schulabschluss, der Berufsbildungsreife. Diese Zahlen spiegeln sich auch in der Jugendarbeitslosigkeit wider, welche in Berlin überdurchschnittlich hoch ist. Jugend braucht aber Zukunft, Bildung und Ausbildung sind Voraussetzung dafür.
Als Beauftragte auf Landes- und Bezirksebene fordern wir einen interdisziplinären Bildungsgipfel mit allen relevanten Teilnehmer*innen aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, um sowohl Lösungen für die akuten Probleme zu finden als auch Ideen für ein Schulkonzept zu entwickeln, das auf eine Migrationsgesellschaft ausgerichtet ist. Dabei unterstützen wir gern tatkräftig, auch bei der Schaffung neuer Dialog- und Diskussionsformate. Dafür muss sich die Bildungsverwaltung öffnen – sowohl für neue Ideen als auch für neue Kooperationen. Schule alleine kann die bestehenden Herausforderungen nicht meistern.
Berlin, den 14. Februar 2023
Katarina Niewiedzial
Beauftragte des Berliner Senats für Integration und Migration
Julia Stadtfeld
Beauftragte für Partizipation und Integration des Bezirks Reinickendorf und Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft der Bezirksbeauftragten
Prof. Dr. Thomas Bryant
Beauftragter für Partizipation und Integration des Bezirks Marzahn-Hellersdorf und Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft der Bezirksbeauftragten”