HABITATE - Ausstellung im Schloss Biesdorf
Pressemitteilung vom 02.03.2022
Ausstellung HABITAT im Schloss Biesdorf, Alt Biesdorf 55, 12683 Berlin ab Sonntag, dem 13. März bis Montag, dem 6. Juni 2022.
Soft Opening am Sonntag, dem 13. Februar 2022 von 14:00 – 21:00 Uhr
Ausstellung mit Arbeiten von:
Costantino Ciervo, Lioba von den Driesch, Stefan Fahrnländer, Helga Franz, Susanne Hegmann, Andreas Greiner, Christina Paetsch, Gert Pötzschig, Christine Schulz, Thomas Wrede
Klimaveränderung, das Verschwinden von Tier- und Pflanzenarten, der Verlust von Lebensräumen und Ressourcen sind zentrale Themen unserer Gegenwart. Komplexe wissenschaftliche Untersuchungen zu Ursachen und Folgen dieser Entwicklungen ergründen mögliche Handlungsfelder um diese Prozesse zu verlangsamen. Initiativen und Aktionsprogramme wachsen zu globalen Netzwerken mit dem Ziel eine für alle lebenswerte Zukunft zu schaffen.
Dem analytischen Blick der Wissenschaft und den politischen Aktionen und Programmen stellt die Ausstellung „Habitate“ jetzt zehn künstlerische Positionen gegenüber, der ursprüngliche Habitatsbegriff wird im Kontext des individuellen künstlerischen Arbeitens erweitert. In Installationen, Videoarbeiten, Fotografien, Objekten und Zeichnungen verorten Künstlerinnen und Künstler politische und ökonomische Verflechtungen im komplexen Verhältnis zwischen Mensch und Natur mit Themen wie Verlust, Bedrohung und Verdrängung aber auch Erhalt, Schutz und Schönheit fragiler Lebensräume, teils fragmentarisch, teils mit ausgeprägter Intention. Ein großer Teil der gezeigten Werke wurde für die Ausstellung im Schloss Biesdorf neu entwickelt.
Künstlerische Positionen der Ausstellung:
Costantino Ciervo zeigt die Wandarbeit „Mare Nostrum“ und die mehrteilige Installation mit alten Nähmaschinen „Sew in the Sea“. In beiden Arbeiten geht es um das Sterben Geflüchteter im Mittelmeer. In animierten Videos werden ein poetischer Text von
Marco Mantello sowie recherchierte Daten von Schiffsunglücken in signalroter Farbe in die Meeresoberfläche „gestickt“.
Lioba von den Driesch zeigt in der Ausstellung die Videoarbeit „ene mene mu“, Animationen, die das Verschwinden von Arten im Hinblick auf persönliche Kindheitserinnerungen in Szene setzen. Mit Wasser auf eine Schiefertafel gezeichnete Lebewesen verschwinden unwiederbringlich durch das Aufheizen des Steins.
Stefan Fahrnländer, der Tradition des europäischen Tafelbildes verpflichtet, arbeitet mit sehr heutigen Techniken, die einem Diskurs verpflichtet sind, in dem die Kategorie des „Malerischen“ nicht mehr an die überkommenen Modi der Malerei zurückgebunden wird. Erinnerungsbruchstücke des ersten Maschinenzeitalters mit seinen Dampfmaschinen, gezeichnet mit vielfältigen heutigen Möglichkeiten des digitalen Zeitalters, lassen eintauchen in sinnlich wahrnehmbare Formen, in denen die Idee zum Prinzip Heimat und anderen wichtigen aktuellen Fragestellungen aufscheint.
Helga Franz wendet in ihren neuen Arbeiten den Begriff des Habitats auf ökonomisch initiierte Verflechtungen und zugleich mentale Verortungen an. Ihre Objekte und Installationen fragen nach der Endlichkeit natürlicher Ressourcen. Die Künstlerin zeigt drei installativ verbundene Arbeiten. Mehr als 100 Kilo schwer lagern die an einen geologischen Bohrkern erinnernden massiven Zylinder aus Bienenwachsen horizontal auf gebogenem Panzerglas in der Arbeit „Cera flava trichromatisch“. Die kinetischen Installationen „bigelb“ und „Leguminosenschreiber schwarz“ arbeiten mit den seit Jahrtausenden durch die Menschheit genutzten Nahrungsquellen Linsen und Honig.
Andreas Greiner arbeitet mit zeitbasierten Skulpturen unter Einbeziehung dynamischer und unkontrollierbarer Variablen. Zu seiner Praxis gehört es, sich mit möglichen Erweiterungen von klassischen Parametern in der Bildhauerei auseinanderzusetzen. Inhaltlich konzentriert er sich auf den Einfluss anthropogener Eingriffe in die Form und Evolution von „Natur“. In der im Schloss Biesdorf gezeigten Videoarbeit wird mithilfe eines Deep-Learning Algorithmus, der mit Tausenden Bildaufnahmen von Wäldern gespeist wurde, ein digitaler Wald neu entstehen. Die künstliche Intelligenz erweitert den menschlichen Blick und ermöglicht über ihre spezifische Ästhetik ein neues Reflektieren über das Verhältnis von Mensch, Natur und Technik, jetzt und in Zukunft.
Susanne Hegmann betreibt Spurensuche im Habitat ihres eigenen Lebens: Neben der Anreicherung von Bildern und Gegenständen mit persönlicher Geschichte präsentiert sie in ihrem Raum auch eine assoziative Auseinandersetzung mit Natur, Kunst und Künstlichkeit, Natur und ihrem Abbild – sowohl dem direkten, photographischen, vermeintlich objektiven, in Gestalt einer wandfüllenden Fotoleinwand, als auch dem daraus abgeleiteten subjektiven in Form einer Zeichnung. Da die Spuren sich allesamt in Oberflächen einschreiben, ist der ganze Raum außerdem eine Versuchsanordnung über den Bildcharakter von Oberflächen (und seiner Genese) – mit einer lässig hingeworfenen Gedanken-Skizze zur Zähmung von Kunst und Natur in dieser Galerie.
Christina Paetsch beschäftigt sich mit Wahrnehmungsprozessen im Spannungsfeld von Ekel und Schönheit, von Natur und Künstlichkeit. Ihre Werke arbeiten mit dem Prinzip der Collage in den Aktionsfeldern Fotografie, Video und Installation. Die aktuellen Arbeiten im Schloss Biesdorf beschäftigen sich mit Gefangenschaften in fiktiven Lebensräumen. Eine Installation aus großformatigen Fotos gepaart mit einem Duschvorhang hinter dem einem Gugelhupf seine letzte Stunde schlägt. Kaninchen in Käfighaltung, sowie verzweifelte Marshmallows hinter Gittern.
Im Rahmen der Ausstellung ist auch ein Bild von Gert Pötzschig zu sehen (Leihgabe aus dem Museum Utopie und Alltag, Alltagskultur und Kunst aus der DDR, Beeskow/Eisenhüttenstadt). Das malerische Werk Gert Pötzschigs ist von Landschafts- und Stadtansichten geprägt. Das Ölbild „Tagebaulandschaft 1“ entstand 1986 in der ehemaligen DDR und zeigt die aufgerissene Erde eines Tagebaues in verschwommenem, fast romantischen Licht.
Christine Schulz greift in ihren ortsspezifischen Installationen aus unterschiedlichen Materialien wie Metall, Plexiglas und Leuchtkästen, aktuelle Fragestellungen zu unserer Kultur auf. Dazu verwendet sie neben den raumgreifenden Konstruktionen selbstgefilmte Aufnahmen und gefundene Bilder aus dem Internet und aus Spielfilmen. In ihrer aktuellen Installation stehen Bilder und Filme von Primaten im Fokus.
Seit 2018 arbeitet der Fotograf Thomas Wrede an verschiedenen Werkreihen über das Abschmelzen der alpinen Gletscher. Hierbei interessieren ihn besonders die mit Vliesabdeckungen verhüllten Gletscher. Die großformatigen Fotografien im Oktogon des Schlosses Biesdorf sind an dem in der Schweiz gelegenen Rhone Gletscher mit seiner Gletscherhöhle (2.300 Hm) entstanden und zeigen spannungsreiche Detailansichten vom Inneren und vom Äußeren des Gletschers.
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