Care-Arbeit ist Frauenarbeit! - oder nicht?

Pressemitteilung vom 25.02.2022

Wir alle sind in unserem Lebensverlauf auf die fürsorgliche Zuwendung und Versorgung anderer angewiesen: Das gilt für Neugeborene ebenso wie für Kinder im Vor- und Grundschulalter, aber auch als junge Erwachsene, als Berufstätige, bei Krankheit oder Behinderung und schließlich als ältere Menschen profitieren wir im Alltag immer wieder von der Care-Arbeit anderer; Gesundheit, Wohlbefinden, Lebensqualität und gesellschaftliches Miteinander hängen davon ab.

Diese Care-Arbeiten und die Mental Load werden vor allem von Frauen und Mädchen getragen – unbezahlt oder unterbezahlt. Dadurch bleibt ihnen weniger, manchmal gar keine Zeit für Erwerbsarbeit, zur Aus- und Fortbildung, und sie verfügen deshalb über weniger oder kein eigenes Einkommen. Weltweit übernehmen Frauen täglich mehr als 12 Milliarden Stunden unbezahlte Sorgearbeit (Oxfam-Studie 2020). Würden diese auch nur mit dem Mindestlohn bezahlt, wäre diese Summe 24 Mal größer als der Umsatz der Tech-Riesen Apple, Google und Facebook zusammen. Und das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands würde um circa ein Drittel höher ausfallen, als in den bisherigen Gesamtrechnungen ausgewiesen wird (Wirtschaft und Statistik 2/2016). Aber private Care-Arbeit spielt für diese ökonomische Kennziffer, die als ‘Wohlstandsmaß’ einer Nation gilt, keine Rolle, dabei ist sie das Fundament jeglichen Wirtschaftens. Trotzdem können Unternehmen ganz selbstverständlich darauf zurückgreifen, ohne sich an den Kosten zu beteiligen. Hier zeigt sich, wie eng Care- und Klima-Krise verknüpft sind: in beiden Fällen werden Ressourcen zur individuellen Gewinnmaximierung ausgebeutet, die Folgen aber trägt die Gesellschaft.

Ökonomen und Wirtschaftsweise thematisieren es nur selten: Der Care-Sektor ist der größte Wirtschaftszweig, und auch hier gilt: die bezahlte Pflege- und Fürsorgearbeit wird weltweit zu zwei Dritteln von Frauen geleistet. In Deutschland ist der Frauenanteil sogar noch höher: 2019 lag er in den medizinischen Berufen, im Rettungsdienst und in der Pflege bei 84,2%, in der Kinderbetreuung sogar bei 89,6%. Hinzu kommt, dass die Arbeitsbedingungen und Löhne in den weiblich konnotierten Sorgeberufen mitnichten dem hohen Anforderungsprofil und den vielfältigen Versorgungsleistungen entsprechen, die dort täglich erbracht werden.

Zum Equal Care Day am 1. März fordert die Equal Care Day Initiative daher Entscheidungsträger*innen in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik dazu auf, sich für eine faire Verteilung von Sorgearbeit, Einkommen und Vermögen und entsprechende Rahmenbedingungen einzusetzen. Von der Bundesregierung fordern sie, die bestehenden Gesetze und Vereinbarungen endlich umzusetzen und sich weltweit für die ideelle und finanzielle Anerkennung und eine faire Verteilung von Sorgearbeit stark zu machen. Care- und Klimakrise sowie die aktuellen Erfahrungen der Coronavirus-Pandemie müssen Anlass sein, das heutige Wirtschaftsmodell gründlich zu überdenken und nachhaltig zu verändern!

Der Bezirksbürgermeister und die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte unterstützen voll und ganz die Forderungen von www.equalcareday.de zur Care-Arbeit:
1. Anerkennung und Wertschätzung
2. Faire Verteilung
3. Strukturelle Unterstützung und Rahmenbedingungen

Alle Informationen und Forderungen zum Equal Care Day