Die
Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:
Das Bezirksamt wird aufgefordert, sich mit anderen Bezirken
und dem Senat zur Entwicklung einer gemeinsamen Berliner Linie bei der
Neuordnung der Jobcenter ins Benehmen zu setzen.
Dabei sollen folgende Kriterien erfüllt werden:
·
Bezirkliche
Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik zu stärken und individuelle, passgenaue
Betreuung sicher zu stellen
·
Leistungserbringung
aus einer Hand zu sichern
·
Transparenz
und klare Zuständigkeiten zu schaffen
·
Bundeseinheitliches
Leistungsrecht und Qualitätsstandards fest zu schreiben
·
Zugang
von ALG-II-EmpfängerInnen zu überregionaler bzw. bundesweiter Vermittlung und
bundesweites Benchmarking zu sichern
·
Vermeidung
zusätzlicher finanzieller Belastungen und Risiken für die Bezirke sowie für das
Land Berlin
Über die Umsetzung ist der BVV bis Ende des
Jahres 2008 zu berichten.
Begründung:
Mit Urteil vom 20.12.2007 hat das
Bundesverfassungsgericht die Arbeitsgemeinschaften nach § 44b SGB II für
verfassungsrechtlich unzulässig erklärt. Nach dem Urteil des BVerfG müssen die
Arbeitsgemeinschaften jedoch spätestens Ende des Jahres 2010 aufgelöst und
durch ein anderes, grundgesetzkonformes Trägermodell ersetzt werden.
Vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales und der
Bundesagentur für Arbeit wurden Eckpunkte eines Modells „Das kooperative
Jobcenter“ vorgelegt, welche eine Neuordnung unterhalb einer Gesetzesänderung
in Form eines zwischen den Trägern der Argen freiwilligen und einvernehmlichen
Überganges vorsehen.
Die Trägevertretung der Argen, also auch des Jobcenters
Friedrichshain-Kreuzberg soll in diesem Modell durch einen
Kooperationsausschuss ersetzt werden, der formal nicht mehr die gleichen Rechte
einer „Verwaltungsspitze“ haben würde.
Eine Berliner Reflexion zwischen Landesebene und
den Bezirken zur bundesweiten Neuregelung sollte vermeiden, vermeintlich
einfachen Lösungen zu folgen. Die Zentralisierung der Jobcenter, d.h. die
Durchführung des SGB II komplett in Bundesverwaltung zu legen, wäre ein
Rückschritt. Die eingeübte Kooperation zwischen Bezirken und der Agenturseite
in den Jobcentern kann zwar auch in Friedrichshain-Kreuzberg weiterhin zu einer
verlässlichen Zusammenarbeit führen. Eine Stärkung der Bundesagentur für Arbeit
und deren direkte Weisungsrechte an die Jobcenter drohen aber, dem Ziel einer
dezentralen und regionalen Arbeitsmarktspolitik entgegen zu laufen. Wenn die
Jobcenter nur noch „eigenverantwortliche Geschäftseinheiten der Agentur für
Arbeit vor Ort“ wären, entscheidet die Zentrale in Nürnberg, wie die Langzeitarbeitslosen
betreut werden und wie die Eingliederungsmittel verwendet werden. Das kann
weder im Sinne der Bezirke, des Landes Berlin, noch im Sinne der Erwerbslosen
sein.
Das oberste Ziel der Neuordnung muss
daher die bürgernahe, den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber verantwortliche und
unbürokratische Betreuung von Langzeiterwerbslosen sein. Das bedeutet
zuallererst, dass die Leistungserbringung wie bisher mindestens unter einem
Dach erfolgen sollte, das eigentliche Ziel bleibt die Hilfe aus einer Hand.
Die Betreuung sollte so qualifiziert,
individuell und passgenau wie möglich, die Arbeitsmarkt- und
Beschäftigungspolitik sollte nur so zentral wie unbedingt nötig - etwa bei der
Vermittlung - sein. Gestaltungsfreiheit vor Ort und eine dezentrale, regionale
Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik sollten die Regel sein.
Die Neuordnung der Betreuung und Vermittlung
Langzeiterwerbsloser darf nicht zu einer stärkeren Belastung strukturschwacher
Bezirke oder des Landes Berlin führen.
Die qualifizierte Betreuung und Vermittlung von
Langzeitarbeitslosen wird auch in Zukunft nur mit einem Maximum an
Zusammenarbeit gelingen. Hierzu gibt es in Friedrichshain-Kreuzberg gute und
erfolgreiche Ansätze. Diese Erfahrungen der Kooperation gilt es zu sichern und
weiter zu entwickeln.
Die
Bezirksverordnetenversammlung beschließt:
Die
DS/0661/III wird in den Ausschuss für Beschäftigung und Jobcenter überwiesen.
09.10.2008
Jobcenter
Die
Drucksache wird von der antragstellenden Fraktion zurückgezogen.