Veranstaltungsreihe 2015: Vor 25 Jahren: Deutsche Einheit und Ende des Kalten Krieges

Das erste Halbjahr 1990 war die Zeit der Entscheidungen. Die Supermächte gingen zur Kooperation über. Die baltischen Länder, Polen, Ungarn und die Tschechoslowakei suchten Anschluss an den Westen. Das Ende der Teilung Europas wurde absehbar. Damit stand auch die Herstellung der deutschen Einheit wieder auf der Tagesordnung.
Der Zentrale Runde Tisch in der DDR kontrollierte die Modrow-Regierung und bereitete freie Wahlen vor. Der 18. März 1990 wurde zur Abstimmung für die deutsche Einheit. Die “Allianz für Deutschland” erzielte 48 Prozent und die SPD 21,8 Prozent der Stimmen. Das “Bündnis 90” mit vielen Gegnern der Einheit brachte es auf 0,9 Prozent. Die SED/PDS erhielt 16,4 Prozent.
Die erste frei gewählte Volkskammer leistete vorzügliche Arbeit. Eine Große Koalition setzte den Wählerwillen um und bereitete die deutsche Einheit vor. Die Bundesregierung half nach Kräften. Auf der internationalen Ebene unterstützten zunächst nur die USA, dann aber auch die Sowjetunion und schließlich Frankreich den Einigungsprozess.
Die Vernichtung von Stasi-Unterlagen ging nach dem “Sturm auf die Stasi” im Januar 1990 munter weiter. Weder der Runde Tisch noch die Volkskammer konnten alte Stasi-Seilschaften stoppen. Auch die Bundesregierung fürchtete die Öffnung der Archive. Die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion am 1. Juli 1990 machte aber den Einheitsprozess unumkehrbar.

28. Januar 2015

Die veränderte Welt Anfang 1990:
Deutsche Frage, europäische Einigung und internationale Beziehungen

Am 2. Dezember 1989 hatten Georg Bush sen. und Michael Gorbatschow auf Malta den Kalten Krieg für beendet erklärt. An die Stelle von Konfrontation trat Kooperation. Die Teilung Europas hatte sich erledigt. Die Länder Ostmitteleuropas suchten den Schulterschluss mit dem Westen. Damit stellte sich auch die deutsche Frage. Vor dem Hintergrund einer veränderten Welt schien erstmals seit 1945 die Herstellung der deutschen Einheit möglich.

Expertengespräch:
  • Prof. Dr. Eckhard Jesse (Politikwissenschaftler, Chemnitz)
  • Prof. Dr. Wilfried Loth (Historiker, Essen)

Moderation:
Dr. Gerhard Sälter (Historiker, Berlin)

In Kooperation mit der Stiftung Berliner Mauer

4. März 2015

Vom Runden Tisch zur Volkskammer

Einen Monat nach dem Mauerfall fand auf Initiative der ostdeutschen Opposition am 7. Dezember 1989 die erste Sitzung des Zentralen Runden Tisches statt. Unter der Moderation von Kirchenvertretern saßen sich Repräsentanten der alten kommunistischen Diktatur (SED/PDS, CDU, LPD, NDPD usw.) und der neuen demokratichen Opposition (SDP/SPD, Neues Forum, IFM, Demokraticher Aufbruch, Demokratie Jetzt etc.) gegenüber. Der Runde Tisch tagte wöchentlich, seine Sitzungen wurden vom DDR-Fernsehen live übertragen, und er entwickelte sich zu einer Art zweiter Kammer, die Modrows SED-Regierung kontrollierte. Wiederholt gab es heftige Kontroversen zur Stasi-Auflösung. Daneben wurde die erste freie Volkskammer-Wahl am 18. März 1990 vorbereitet.

Begrüßung:
Prof. Dr. Marie-Luise Recker (Frankfurt/M.)

Referat:
Prof. Dr. Werner J. Patzelt (Dresden)

Podiumsdiskussion:
  • Fred Ebeling (Demokratischer Aufbruch)
  • Martin Gutzeit (SDP)
  • Gerd Poppe (IFM / Bündnis 90)
  • Marion Walsmann (CDU)
  • Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Moderation:
Johann Legner (Journalist)

In Kooperation mit der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien sowie der Robert-Havemann-Gesellschaft

25. März 2015

2 + 4 – Der Weg zur Einheit

Bei der KSZE-Konferenz am 13. Februar 1990 in Ottawa wurde die Aufnahme von Zwei-Plus-Vier-Gesprächen (zwei deutsche Staaten, vier alliierte Siegermächte) beschlossen. Bei Tagungen im Mai in Bonn, im Juni in Ost-Berlin, im Juli in Paris und im September 1990 in Moskau ging es um die Zukunft Deutschlands. Anfangs unterstützten nur die USA, dann auch die UdSSR und schließlich ebenfalls Frankreich die Schaffung der Einheit. Der Zwei-Plus-Vier-Vertrag bildete dann den internationalen Rahmen der deutschen Einigung, trat an die Stelle eines Friedensvertrages und verhalf dem vereinten Deutschland zur Souveränität. Mit der Lösung jahrzehntelang im Kalten Krieg umstrittener Fragen gelang ein Meisterstück internationaler Diplomatie.

Expertengespräch:
  • Markus Meckel (letzter DDR-Außenminister, Berlin)
  • Dr. Dieter Kastrup (Staatssekretär im Auswärtigen Amt 1990-1995, Bonn)
  • Dr. Emmanuel Droit (Historiker, Berlin)

Moderation:
Prof. Dr. Hermann Wentker (Historiker, Berlin)

In Kooperation mit der Stiftung Berliner Mauer

29. April 2015

Die gewählte Volkskammer

Die gewählte Volkskammer musste zunächst die Grundlagen für ihre Arbeit schaffen – von der Geschäftsordnung über Änderungen der Verfassung bis zur Überprüfung der Abgeordneten auf eine Stasi-Tätigkeit. Das ermöglichte eine große Koalition der Parteien, die für die rasche Herbeiführung der deutschen Einheit standen (CDU/DSU/DA, SPD und Liberale). In einer Grundsatzerklärung, die an Klarheit alle Stellungnahmen des Bundestages übertraf, wurde die Mitverantwortung für die NS-Verbrechen übernommen und die Oder-Neiße-Grenze bestätigt. Die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion am 1. Juli 1990 machte den Einigungsprozess unumkehrbar. Am Ende stand der Einigungsvertrag. Allein die Überleitungsbestimmungen zählten 339 Druckseiten. Die “Kammer” war extrem fleißig, kreativ und zielstrebig. Kein anderes deutsches Parlament leistete Vergleichbares.

Begrüßung:
Prof. Dr. Marie-Luise Recker (Frankfurt/M.)

Referat:
Dr. Bettina Tüffers (Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien)

Podiumsdiskussion:
  • Dr. Dagmar Enkelmann (Die Linke)
  • Dr. Paul Krüger (CDU)
  • Werner Schulz (Bündnis 90/Grüne)
  • Rolf Schwanitz (SPD)
  • Dr. Bettina Tüffers

Moderation:
Dr. Helge Heidemeyer (Historiker)

In Kooperation mit der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien

27. Mai 2015

Der deutsch-deutsche Umgang mit der Stasi 1990

Nach dem 15. Januar 1990 wurde die Vernichtung von Stasi-Unterlagen fortgesetzt. Im Zuständigkeitsdickicht der Normannenstraße blieben dabei Stasi-Generäle bestimmend. Im Frühjahr realisierte die Bundesregierung, dass abgehörte Telefonate und illegal beschaffte Unterlagen auch sie betrafen (Oktoberfest-Attentat, Parteispendenaffäre, NSA-Aktivitäten). Es kam zu deutsch-deutschen Verhandlungen. Die Bundesregierung wollte den Verzicht auf kompromittierende Veröffentlichungen, Stasi-Generäle verlangten Straffreiheit. Die westdeutschen Sicherheitsorgane billigten eine Amnestie. Die verhinderte die SPD in der Volkskammer. Es folgte ein deutsch-deutscher Streit um den Zugang zu den Akten.

Film-Trailer:
“Stasi-Generäle fordern Amnestie” – SPIEGEL TV 1991

Kurz-Referat:
Dr. Klaus Bästlein (Referent beim Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen)

Podiumsdiskussion:
  • Johann Legner (1990 Fernseh-Journalist, Autor)
  • Jens Möller (1990 Abgeordneter der Volkskammer (SPD), Präsident des Brandenburgischen Verfassungsgerichts)
  • Dr. Eckart Werthebach (1990 Mitarbeiter im Bundesinnenministerium und Berater der DDR-Regierungskommission zur Stasi-Auflösung, später Berliner Innensenator)
  • Dr. Stefan Wolle (1990 Mitarbeiter des Komitees zur Auflösung des MfS, Historiker)

Moderation:
Hans-Hermann Lochen (Ministerialrat im Bundesjustitzministerium a.D.)

In Kooperation mit der Robert-Havemann-Gesellschaft, der Stiftung Berliner Mauer und dem DDR-Museum

11. Juni 2015

Die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion

Der wirtschafltiche Niedergang der DDR führte nach dem Fall der Mauer zu einer stetig wachsenden Abwanderung in die Bundesrepublik. Das östliche Wirtschaftssystem COMECON löste sich auf. Die DDR-Wirtschaft war aber den Bedingungen des Weltmarktes nicht gewachsen. Wirtschaftlich konnte das Land nur mit Transferleistungen aus dem Westen stabilisiert werden. Um die Abwanderung zu bremsen, sollte eine rasche Einführung der D-Mark in der DDR erfolgen. Dies war nur im Rahmen einer Wirtschafts- und Sozialunion möglich, durch die der deutsche Einigungsprozess unumkehrbar wurde. Am 1. Juli 1990 erfolgte die Einführung der D-Mark in der DDR. Danach kam es bald zum Zusammenbruch vieler Betriebe. die bisher unbekannte Arbeitslosigkeit stieg rapide an. Die Menschen erlebten “Segen und Fluch” der Marktwirtschaft.

Begrüßung:
Dr. Robert Grünbaum (stv. Geschäftsführer der Bundesstiftung Aufarbeitung)

Grußwort:
Dr. Rainer Sontowski (Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie)

Kurzvortrag:
Prof. Dr. Werner Abelshauser (Universität Bielefeld)

Podiumsdiskussion:
  • Dr. Johannes Ludewig (Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium a. D. (CDU))
  • Prof. Dr. Richard Schröder (1990 SPD-Fraktionsvorsitzender in der Volkskammer)
  • Werner Schulz (1990 Volkskammerabgeordneter (Bündnis 90))
  • Prof. Dr. Werner Abelshauser

Moderation:
Ulrike Herrmann (Wirtschaftsjournalistin (die tageszeitung))

In Kooperation mit der Bundesstiftung Aufarbeitung, dem Bundeswirtschaftsministerium und der Robert-Havemann-Gesellschaft

30. September 2015

Aus zwei mach eins – die Einheit:
Kultur und Gesellschaft

Kultur und Gesellschaft in Deutschland hatten sich über 40 Jahre getrennt und doch aufeinander bezogen entwickelt. Mit der deutschen Einheit trafen unterschiedliche Lebenswelten aufeinander. In Berlin waren Neugier und Konfrontation am größten. Die Stadt erwachte zu neuem Leben. Wie sollte mit dem DDR-Erbe umgegangen werden? Was würde aus West-Berlin, der “Insel im Roten Meer”, werden? Welche Chancen boten sich für die Metropole im Zentrum Europas?

Kurzreferat:
Freya Klier (Autorin, Ausstellungs- und Filmemacherin, Berlin)

Podium:
  • Dr. Christine Bergmann (Bürgermeisterin und Bundesministerin a. D., Berlin)
  • Prof. Dr. George Turner (Senator a. D., Berlin)
  • Martin Hoffmann (Graphiker, Berlin)

Moderation:
Prof. Dr. Axel Klausmeier (Direktor der Stiftung Berliner Mauer, Berlin)

In Kooperation mit der Robert-Havemann-Gesellschaft und der Gedenkstätte Berliner Mauer

21. Oktober 2015

Auf dem Weg nach Europa:
Die deutsche Einheit im internationalen Kontext

Am 16. November 1989 beglückwünschte die Sozialistische Fraktion im Europäischen Parlament die Bevölkerung der DDR zum Fall der Mauer. Gleichzeitig wurden Perspektiven für die Aufhebung der Teilung Deutschlands und Europas in Freiheit aufgezeigt. Zu dieser Zeit strebte Bundeskanzler Helmut Kohl noch eine Konföderation der beiden deutschen Staaten an (10-Punkte-Programm). Und weite Teile der DDR-Opposition setzten sich mit dem Aufruf “Für unser Land” für den Fortbestand der DDR ein.
Die von den europäischen Sozialdemokraten aufgezeigten Perspektiven erwiesen sich als tragfähig: Im Mai 1990 begannen die 2+4-Gespräche (zwei deutsche Staaten und vier Alliierte). Die Interessen Polens wurden besonders berücksichtigt. Der 2+4-Vertrag bildete den internationalen Rahmen der deutschen Einheit und trat an die Stelle eines Friedensvertrages. Gleichzeitig eröffneten sich Beitrittsmöglichkeiten für die osteuropäischen Staaten zur EU. Die Teilung Europas wurde in Freiheit aufgehoben.

Referat:
Markus Meckel (letzter Außenminister der DDR, Berlin)

Podium:
  • Prof. Dr. Karsten Brüggemann (Universität Tallinn)
  • Norbert Gansel (langjähriger Bundestagsabgeordneter und Oberbürgermeister, Kiel)
  • Prof. Dr. Étienne Francois (FU Berlin)

Moderation:
Dr. Jörg Morré (Direktor des Deutsch-Russischen Museums, Berlin)

In Kooperation mit dem Deutsch-Russischen Museum Berlin-Karlshorst

18. November 2015

Gescheitert? –
Die juristische Aufarbeitung des SED-Unrechts

Die juristische Aufarbeitung des SED-Unrechts ist umstritten. Zwar stößt die Rechtsprechung gegenüber den “Mauerschützen” weithin auf Zustimmung. Sie erhielten – wenn sie nicht im Exzess handelten – Freiheitsstrafen auf Bewährung. Wer als Offizier den Schießbefehl weitergab, erhielt bis zu fünf Jahren Gefängnis. Und Egon Krenz ist als einer der Befehlsgeber zu sechseinhalb Jahren verurteilt worden. Das Sprichwort “Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen” fand hier keine Bestätigung.
In anderen Bereichen fällt die Bilanz der Strafverfolgung unbefriedigender aus. So wurden die Verbrechen im DDR-Strafvollzug kaum geahndet. Auch Verfahren gegen die Stasi blieben eine Ausnahme. Wegen “Zersetzung” wurde nicht einmal Anklage erhoben, obwohl sie als schwere Körperverletzung zu qualifizieren ist. Und insbesondere belastete DDR-Richter und -Staatsanwälte kamen erstaunlich glimpflich davon. Wieso herrschte hier bei der Strafjustiz nach 1990 offensichtlich “Beißhemmung”?.

Kurzvortrag:
Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier (Präsident des Bundesverfassungsgerichts a. D., München)

Podium:
  • Staatsanwalt Dr. Matthias Bath (Berlin)
  • Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier
  • Prof. Dr. Rainer Schröder (Humboldt-Universität zu Berlin)
  • Dr. Falco Werkentin (Soziologe und Justizforscher, Berlin)

Moderation:
Hans-Hermann Lochen (Ministerialrat im BMJ a. D., Berlin)

In Kooperation mit dem Forum “Recht und Kultur im Kammergericht” und der Robert- Havemann-Gesellschaft

2. Dezember 2015

Ende des Kalten Krieges?
Friedensdividende aufgebraucht?

Das Ende des Kalten Krieges vor 25 Jahren bedeutete auch ein Ende der Hochrüstung in Ost und West. Damit wurden beträchtliche volkswirtschaftliche Ressourcen für friedliche Zwecke frei. Das war die Friedensdividende. Doch sie scheint mittlerweile aufgebraucht. Denn die Einbindung Russlands in eine gesamteuropäische Friedensordnung ist misslungen. Die Annektion der Krim bedeutete einen offenen Bruch des Völkerrechts. Und der asymmetrische Krieg im Osten der Ukraine bleibt gefährlich. Ein neues imperiales Machtstreben scheint sich in Russland durchgesetzt zu haben. Der Westen reagierte mit Sprüchen über Russland als “regionale Macht”. Doch vom Baltikum über Polen bis nach Rumänien wurde Angst erzeugt. Weltgeltung wird mittlerweile auch im Nahen Osten demonstriert. Längst ist ein neuer Rüstungswettlauf im Gange. Von einer Neuauflage oder Fortsetzung des Kalten Krieges ist die Rede. Wiederholt sich also die Geschichte? Oder ist ein solches Erklärungsmuster zu einfach?

Podium:
  • Dr. Emmanuel Droit (Centre Marc Bloch, Berlin)
  • Prof. Dr. Krzysztof Ruchniewicz (Universität Wroclaw)
  • Prof. Dr. Bernd Stöver (Universität Potsdam)
  • Dr. Krisztián Ungváry (Budapest)
  • Prof. Dr. Alexander Vatlin (Lomonossow-Universität Moskau)

Moderation:
Harald Asel (RBB-Inforadio)

In Kooperation mit dem Deutsch-Russischen Museum, der Gedenkstätte Berliner Mauer und dem RBB-Inforadio