Der Berliner Beauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (BAB), Tom Sello, erinnert an die Besetzung des Stasi-Akten-Archivs am 4. September 1990 und ihre Bedeutung für die Entwicklung des Lern- und Erinnerungsortes Campus für Demokratie:
Im Sommer 1990 war das Ministerium für Staatssicherheit (kurz: Stasi) der DDR seit ein paar Monaten Geschichte – die Zukunft der Akten, Fotos, Filme und anderen Hinterlassenschaften der Geheimpolizei war hingegen höchst umstritten. Die Vorschläge reichten von der Vernichtung der Akten über ihren langjährigen Verschluss bis hin zur völligen Offenlegung. So beabsichtigten die Regierungen der Bundesrepublik und der DDR ursprünglich, die Bestände in das Bundesarchiv zu integrieren und mit jahrzehntelangen Sperrfristen zu versehen.
Im Spätsommer 1990 spitzten sich die Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Einigungsvertrages dramatisch zu. Sie gipfelten in einer Archivbesetzung auf dem Gelände der früheren Stasi-Zentrale. Mehr als drei Wochen rangen Besetzerinnen und Besetzer mit Politik und Öffentlichkeit um die Zukunft der Akten.
Am Ende eines Hungerstreiks und täglicher Mahnwachen waren der Verbleib der Akten in Ostdeutschland und die Öffnung für Betroffene in Aussicht gestellt. In einem Zusatz zum Einigungsvertrag wurde vereinbart, dass ein Sonderbeauftragter eine Regelung für den Umgang mit den Akten entwickeln soll. Diese Vereinbarung schaffte die Grundlage für den Aktenzugang, wie wir ihn heute kennen.