Kulturstaatsministerin Claudia Roth hat sich an diesem Montag mit der Ortsgeschichte der Stasi-Zentrale. Campus für Demokratie in Berlin-Lichtenberg vertraut gemacht. Anlässlich des 33. Jahrestags der Erstürmung des Stasi-Geländes tauschte sie sich am Ort des Geschehens mit den Berliner Senatoren Andreas Geisel, Dr. Klaus Lederer, Daniel Wesener und dem Berliner Beauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (BAB), Tom Sello, über Entwicklungsperspektiven für das Areal aus. An dem Gespräch nahmen auch der Präsident des Bundesarchivs, Prof. Dr. Michael Hollmann, und Vizepräsidentin Alexandra Titze sowie der Geschäftsführer der Robert-Havemann-Gesellschaft (RHG), Dr. Olaf Weißbach, teil. Der Termin war auf Einladung der Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des Ausschusses für Kultur und Medien im Deutschen Bundestag, Katrin Budde, und der Abgeordneten des Europäischen Parlaments, Dr. Hannah Neumann, zu Stande gekommen. Beide nahmen ebenfalls am Austausch teil.
Bundesregierung und Berliner Senat haben in ihren jeweiligen Koalitionsverträgen die Weiterentwicklung des Geländes, das bis heute in großen Teilen von baulichen Missständen geprägt ist, festgeschrieben. Die Repräsentanten von Bund und Land bekräftigten heute den dezidierten Willen, dass Areal gemeinsam weiterzuentwickeln. Dem zukünftigen Archivzentrum zur SED-Diktatur des Bundesarchivs und dem Forum Opposition und Widerstand (FOW) werden dabei die Funktion von Ankerprojekten zugeschrieben. Mit Blick auf letzteres Projekt betonte Katrin Budde: „Das Forum Opposition und Widerstand ist ein Bundesprojekt. Dazu gibt es einen Bundestagsbeschluss.“
Um das Vorhaben zu unterstützen, fördert der Berliner Aufarbeitungsbeauftragte ein Projekt der RHG, das verschiedene Immobilien im Campus für Demokratie auf ihre Tauglichkeit als Standort für das FOW untersucht. In den Blick genommen wird dabei auch eine der größten Herausforderungen bei der Geländeentwicklung, der vormalige Kultur- und Versorgungstrakt des MfS an der Normannenstraße Ecke Ruschestraße.
Hintergrund Forum Opposition und Widerstand (1945 – 1990)
Die Robert-Havemann-Gesellschaft verfolgt als Verein das Ziel, ein Forum Opposition und Widerstand umzusetzen. Inhaltlicher Schwerpunkt des Projektes ist die Vermittlung der vielseitigen Geschichte von Regimegegnerschaft in der SBZ und der DDR und ihre grenzüberschreitenden Verflechtungen. Bereits 2019 hat der Bundestag die Bundesregierung aufgefordert, zusammen mit dem Verein eine Dauerausstellung zur Oppositions- und Widerstandsgeschichte zu erstellen (Drucksache 19/10613). Im September 2022 legte die Robert-Havemann-Gesellschaft eine Machbarkeitsstudie vor, die ein bauliches, betriebswirtschaftliches und gestalterisches Konzept präsentiert. Die ehemalige Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg wird als Standort favorisiert. Die Mittel zur Durchführung der Studie wurden vom Deutschen Bundestag zur Verfügung gestellt, der sich auf einer Sitzung des Ausschusses für Kultur und Medien am 9. November 2022 intensiv mit der Studie beschäftigt hat. Abzurufen ist die Studie unter:
https://www.havemann-gesellschaft.de/beitraege/forum-opposition-und-widerstand-1945-1990/ (https://www.havemann-gesellschaft.de/beitraege/forum-opposition-und-widerstand-1945-1990/)
Hintergrund Archivzentrum zur SED-Diktatur
Auf Beschluss des Bundestages wird auf dem Areal Stasi-Zentrale. Campus für Demokratie in Berlin-Lichtenberg ein Archivzentrum zur SED-Diktatur entstehen. Darin werden alle vom Bund verwalteten Akten zur DDR an einem Ort gebündelt. Neben den aktuell auf dem Gelände archivierten Stasi-Unterlagen werden dann auch Unterlagen der zentralen DDR-Behörden und der Stiftung Parteien und Massenorganisationen in der DDR (SAPMO) am Ort verfügbar sein. Der entsprechende Bundestagsbeschluss ist Teil des Konzepts für die dauerhafte Sicherung der Stasi-Unterlagen (BT-Drucksache 19/12115). Auch der Berliner Senat unterstützt die Ansiedlung des Archivzentrums in seinem Beschluss “Entwicklung des Campus für Demokratie in Lichtenberg“ (Senatsbeschluss S-2885/2020).
Hintergrund Campus für Demokratie
Bis Januar 1990 hatte die Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR ihren Sitz in Berlin-Lichtenberg. Mit dem Sturm auf die Stasi-Zentrale wurde der SED ihr wichtigstes Machtinstrument endgültig entrissen. Seitdem formen Bundesinstitutionen mit ihren Angeboten und zivilgesellschaftliche Initiativen mit ihren Projekten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur den Campus für Demokratie. Die Bundesregierung bekennt sich in ihrem Koalitionsvertrag zur „Weiterentwicklung der ehemaligen Stasi-Zentrale in Berlin zum Campus für Demokratie“ (S. 125). Auch der Berliner Senat und das Abgeordnetenhaus Berlin bekennen sich dazu, den „‘Campus für Demokratie‘ in Lichtenberg auf den Weg [zu] bringen“ (Drucksache 18/0916). Am 5. Dezember 2022 befasste sich der Ausschuss für Kultur und Europa des Berliner Abgeordnetenhauses mit dem Campus für Demokratie.