Im Hafttrakt einer früheren DDR-Untersuchungshaftanstalt eröffnete im Februar 2019 ein Lernort. Er liegt versteckt im Gebäudekomplex der Schulverwaltung und doch verkehrsgünstig nur wenige Schritte vom Alexanderplatz. Das Bildungsangebot richtet sich vor allem an Schulklassen, einmal im Monat finden öffentliche Führungen statt.
In Lernwerkstätten können sich Schülerinnen und Schüler ab der 9. Klasse interaktiv und mediengestützt mit der Geschichte des Ortes und den Haftbedingungen im DDR-Strafvollzug auseinandersetzen. Häftlingsakten, Zeitzeugenberichte und Objekte veranschaulichen den Haftalltag und zeigen, welche Funktion der Strafvollzug in der SED-Diktatur hatte.
Untersuchungshaftanstalt II
Der Gefängnisbau wurde im Innenhof des vormaligen Präsidiums der Volkspolizei errichtet und von 1951 bis 1990 als Untersuchungshaftanstalt II genutzt. Hier wurden Menschen aus politischen Gründen inhaftiert. Mehrheitlich saßen die Gefangenen wegen krimineller Delikte ein. Unter ihnen waren Mörder, Bankräuber und Vergewaltiger, viele wurden wegen Eigentumsdelikten wie Diebstahl oder Betrug in Haft genommen. Der Hafttrakt erstreckte sich über acht Etagen und hatte 140 Zellen.
Von der Haftanstalt zur Filmkulisse
1990 wurden die letzten Untersuchungshäftlinge entlassen oder in andere Haftanstalten verlegt. Nach einer Teilmodernisierung nutzte die Polizei die sechste Etage bis 1996 als Polizei- und Abschiebegewahrsam. Andere Etagen des Hafttraktes dienten als Filmkulisse, etwa für Produktionen wie „Männerpension“ oder „Das Leben der Anderen“. Mehr als zehn Jahre stand der Hafttrakt danach leer. In den umliegenden Gebäudekomplex zog Anfang 2010 die Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie ein.
Ausbau zum Erinnerungsort
Der Lernort Keibelstraße ist im ersten Obergeschoss des ehemaligen Gefängnisses untergebracht. Laut Beschluss des Berliner Senats soll künftig der gesamte Hafttrakt für die Öffentlichkeit zugänglich und zu einem Erinnerungsort ausgebaut werden. Der Berliner Aufarbeitungsbeauftragte unterstützt und begleitet die Vorbereitungen zu diesem Vorhaben. Seit Juni 2021 liegt eine Machbarkeitsstudie vor, die zeigt, dass die Räume im Innenhof des früheren Präsidiums der Volkspolizei zu einem authentischen und zeitgemäßen Ort der Vermittlung entwickelt werden können.