Der Löffel des Konditors – Neue Stolpersteine in Wilmersdorf

Löffel mit der Gravur „MORITZ DOBRIN’S CONDITOREI“

Der Löffel mit der Gravur „MORITZ DOBRIN’S CONDITOREI“

_von: Helmut Lölhöffel, Stolpersteine-Initiative Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf_

Ein silberner Kaffeehauslöffel ist nach ungefähr 85 Jahren zu der Familie zurückgekehrt, der er gehört. Nun bewahrt ihn Josie Dobrin in London auf, die Urenkelin von Moritz Dobrin, aus dessen Café am Kurfürstendamm in Berlin der Löffel einst verschwand. Seitdem wurde er im Haushalt der Berliner Familie Scholz verwendet.

Am 2. Juli 2014 sind an der Hagenstraße 19 in Berlin-Grunewald zwei Stolpersteine zum Gedenken an Moritz und Helene Dobrin verlegt worden. Anwesend waren Urenkelinnen aus London und Montpellier sowie Verwandte aus Jerusalem und London. Der heutige Hauseigentümer Wolfgang Burat hat das Schmuckstück liebevoll renoviert und hieß die Familie der einstigen Besitzer willkommen.

Der Löffel mit der Gravur „MORITZ DOBRIN’S CONDITOREI“

Seit Jahrzehnten hatten Barbara Scholz und ihre Tochter Alexandra einen Löffel in der Küchenschublade, auf dem eingraviert ist: MORITZ DOBRIN’S CONDITOREI. Um 1930 muss es gewesen sein, als Käthe Oetzel, die 1913 geborene Großmutter von Alexandra Scholz, eines Tages diesen Löffel mit nach Hause brachte. Sie hatte ihn geschenkt bekommen oder vielleicht gemopst – niemand weiß das so genau. Jeden falls forschte Alexandra Scholz nach, wer sich wohl hinter dem Namen Dobrin verbirgt und kam darauf, dass diese Bäckerfamilie mehrere Kaffeehäuser und Konditoreien in Berlin besaß. Aus einem dieser Geschäfte musste der Löffel stammen. Alexandra Scholz und die Stolpersteine-Initiative fanden bald den Kontakt zur Familie Dobrin nach Jerusalem und London.

Moritz Dobrin wurde 1872 in Schlochau (Westpreußen) geboren. Verheiratet war er mit Helene Dobrin, geb. Leiser, „einer wunderhübschen, blauäugigen Frau“, genannt „Leni“, geboren 1878 in Leipzig. Sie bekamen drei Kinder: Lily, Ruth und Max.

Hagenstraße 19, hier wohnten die Dobrins

Wie sein 1876 geborener Bruder Isidor war Moritz in der Jüdischen Gemeinde aktiv. Sie gehörten zu den Gründern der Synagoge in Grunewald und waren Vorstandsmitglieder eines Jüdischen Altersheims. Beide waren Bäcker und Konditoren, Moritz besaß sechs Cafés, darunter eins am Kurfürstendamm 202. Er kaufte 1919 in der Hagenstraße ein Wohnhaus mit Garten und Park. Dieses Haus befand sich in der Nähe der Villa des SS- und Polizei-Chefs Heinrich Himmler, eines der Hauptverantwortlichen für den Holocaust.

Nachdem in der Pogromnacht 1938 ihre Geschäfte zerstört worden waren und ihr Vermögen geraubt wurde, mussten Dobrins ihr Haus verkaufen und zogen zu seinem Bruder Isidor und dessen Frau Rosalie, die in der Nähe, in der Koenigsallee 34 A, wohnten. Auch zum Gedenken an sie, die 1943 in Auschwitz ermordet wurden, sind Stolpersteine verlegt.

Moritz und Helene Dobrin

Moritz und Helene Dobrin wurden am 5. August 1942 vom Bahnhof Grunewald ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Helene Dobrin ist dort am 14. April 1944 ums Leben gekommen. Moritz Dobrin arbeitete in der Bäckerei und war schließlich unter den 1.200 Glücklichen, die mit einem geheimen Sondertransport aus Theresienstadt am 3. Februar 1945 in die Schweiz gelangten. Er ist am 23. Mai 1951 in London gestorben.

Josie Dobrin, eine der Urenkelinnen von Moritz und Helene Dobrin, sagte nach der Verlegung der Stolpersteine: „We are lucky enough to have now – thanks to Alexandra and Barbara – a spoon from Moritz Dobrin’s café. We are so grateful to you for initiating today. On behalf of all the Dobrins, we thank you for helping us to honour the memory of Moritz and Helene. We know they suffered hardship in their lives but hope that they would be happy and proud, that through us, their legacy lives on.”

_Stolpersteine-Initiative_
_Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf_
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