Um lebenslang lernfähig zu bleiben, brauchen wir die Begegnung miteinander. Wir leben in einer Zeit, in der wir als Gesellschaften schneller als je zuvor umlernen müssen, um den globalen Herausforderungen unserer Zeit adäquat begegnen zu können: den Krisen der Migrationswellen aus den letzten Jahren, der COVID-Pandemie und der Post-COVID-Welt, dem Ukraine-Krieg, dem Klimawandel. Und doch sind unsere gesellschaftspolitischen Meinungen heute so stark polarisiert, dass eine Begegnung, geschweige denn Verständigung, oft nicht gelingt.
Unser Zeitgeist erfordert von uns aufs Neue, dass wir an unserer kollektiven Lernfähigkeit arbeiten.
Längst ist durch empirische Studien belegt, dass wir bis ins hohe Alter lernfähig bleiben. Doch als Erwachsene merken wir früher oder später, dass wir nicht mehr so offen für neue Ideen sind wie früher. Was ist der Grund dafür und wie können wir dies überwinden, um lebenslang unsere Horizonte zu erweitern und unsere Persönlichkeit zu entfalten – und dadurch auch auf einer kollektiven Ebene einsichtsvoller zu werden?
Unsere Fähigkeit, Neues dazu zu lernen, bleibt bis ins hohe Alter erhalten. Was sich jedoch verändert, ist unsere Fähigkeit, Ideen zuzulassen, die im Widerspruch zu dem stehen, was wir bisher geglaubt haben.
Die sogenannten Deutungsschemata fungieren wie eine Art Sieb, durch das wir alles filtern, was wir an Input aus der Umwelt bekommen. Fügt sich der Inhalt reibungslos zu dem, was wir bis dahin als wahr geglaubt haben, nehmen wir ihn an. Steht er in Widerspruch zu unseren bisherigen Überzeugungen, lehnen wir ihn (unbewusst) ab. Dadurch gewinnen wir Stabilität, verlieren aber die Chance, veraltete Ideen abzulegen und uns zu erneuern, zu wachsen und im wahrsten Sinne des Wortes vom Leben zu lernen.