Gelebte Vielfalt in Tempelhof-Schöneberg

Interview zur LSBTT*IQ-Community mit Dr. Ann-Kathrin Biewener

Seit dem 1. Mai 2017 hat Tempelhof-Schöneberg als erster Bezirk Berlins die Stelle der Beauftragten für queere Lebensweisen und gegen rechtsextremismus eingerichtet. Wichtigstes Ziel im Rahmen der
vielfältigen Aufgaben ist es, das Leben der LSBTT*IQ-Community im Bezirk sichtbar zu machen und gegen Diskriminierung vorzugehen.

Welche Art von Diskriminierungen erfahren LSBTT*IQ-Personen?

Die gesellschaftlichen Diskriminierungen erfolgen ganz unterschiedlich. Das beginnt bei Beschimpfungen und endet in körperlicher Gewalt. Diese Diskriminierungserfahrungen haben oft etwas mit Ausgrenzungen von der heteronormativen Gesellschaft zu tun. Unser Bezirk stellt sich dem entgegen,
weil einfach alle dazugehören, egal wen man liebt. Daher machen wir z. B. mit Kampagnen auf die Vielfältigkeit des Bezirks aufmerksam.

Konzertreihen wie „Schönheit gegen Gewalt“, das schwul-lesbische Straßenfest, das Hissen der Regenbogenfahne und die Stelle der Beauftragten für queeres Leben sind ebenfalls Antworten auf Diskriminierungen.
Unser Motto dabei: Sichtbarkeit und Ansprechbarkeit führen zu mehr Toleranz und Vielfalt.

„Es zeichnet unseren Bezirk aus, dass er queere Lebensweisen in allen Ortsteilen sichtbar macht und fördert.“
Dr. Ann-Kathrin Biewener

Was bedeutet queer und welchen Bezug gibt es zum Bezirk und den einzelnen Ortsteilen?

Queer wird als Begriff benutzt, um sich von der Heteronormativität abzugrenzen. Darunter verstehen sich Menschen, die der LSBTT*IQ-Community angehören. Sie definieren sich also als lesbisch, schwul, bisexuell, transsexuell, trans, intersexuell, queer.*

Die LSBTT*IQ-Szene ist verstärkt im Regenbogenkiez im Schöneberger Norden bemerkbar. Dennoch zeichnet es unseren gesamten Bezirk aus, dass er queere Lebensweisen in allen Ortsteilen sichtbar macht und fördert.

Können Sie Beispiele für Orte außerhalb des Regenbogenkiez´ nennen, an denen queere Lebensweisen sichtbar gemacht und/oder gefördert werden?

Oft findet sich das Thema bei Antigewaltprojekten wieder. Aber auch Volkshochschule und Bibliotheken machen das Thema in den anderen Ortsteilen von Tempelhof-Schöneberg sichtbar. Im Rahmen des „Frauenmärz“ gab es zum Beispiel die Lesung über das transsexuelle Leben von Nora Eckert in der Bezirkszentralbibliothek „Eva-Maria-Buch-Haus“.

Die vhs fördert als Lern- und Begegnungsort gelebte Vielfalt und befähigt mit vielen Kursen zur gesellschaftlichen Teilhabe. Wir arbeiten daran, Zugangsbarrieren abzubauen, um eine ganzheitliche Öffnung der VHS zu ermöglichen. Wo sehen Sie Chancen für die vhs und wo wäre noch Handlungsbedarf?

Die vhs ist ein wichtiger Ort, um sich weiterzubilden und darüber hinaus mit vielen verschiedenen Menschen in Kontakt zu kommen. Bei den gemeinsamen Kursen der vhs ist es egal, welche Herkunft oder welche geschlechtliche Identität man hat. Das ist die Stärke der VHS, die zu mehr gelebter Vielfalt führt. Für die Zukunft kann ich mir eine noch engere Zusammenarbeit von Projekten vor Ort und der vhs vorstellen.

Welche Projekte, Netzwerke o. ä. können Sie unseren Leser*innen empfehlen, die sich näher mit Genderthematiken beschäftigen möchten?

Berlin ist eine bunte Stadt. Aus der Vielfalt der Projekte empfehle ich die mobile AnDiApp der Landesstelle für Gleichbehandlung und gegen Diskriminierung (LADS). Hier erfährt man viel Informatives zum Thema Diskriminierung. Oder das Interkulturelle Frauenzentrum S.U.S.I., das Regenbogenfamilienzentrum Berlin, das schwule AntiGewalt Projekt Maneo oder die Frauenkneipe Begine.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft in Bezug auf Ihre Arbeit?

Ich wünsche mir, dass Akzeptanz, Toleranz und Vielfalt weiterhin gelebte Begriffe in unserem Bezirk sind.

Die Fragen wurden von Dr. Ann-Kathrin Biewener, Referentin für Sexarbeit beantwortet. Sie ist die Vertreterin der Beauftragten für queere Lebensweisen und gegen Rechtsextremismus im Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg.