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Fotos: Berlin Neukölln
Neukölln ist ein Westberliner Urgestein mit versteckten Perlen, aber auch mit dunklen Ecken. mehr
Berlin-Neukölln hat sich zum hippen Szene-Viertel gemausert. Wo Touristen ihr Neukölln finden.
Neukölln ist in! Mindestens einmal im Monat schwärmt ein überregionales Magazin von der Aufbruchstimmung in Berlins einstigem Problembezirk. Tatsächlich hat Neukölln mit seiner erwachenden Kulturszene besonders jungen Berlin-Touristen einiges zu bieten. Schon seit 1999 gibt es zum Beispiel beim Festival 48 Stunden Neukölln ein Wochenende lang Theater, Lesungen und mehr zu sehen. Rund um den Reuterkiez ist eine lebendige Clubszene gewachsen und selbst in weiter entfernten Nebenstraßen öffnen kleine Galerien und Kneipen.
Seinen kritischen Ruf hat der Stadtteil allerdings nicht ohne Grund: Laut dem Berliner Quartiersmanagement gibt es in keinem anderen Stadtteil so viele Gegenden, die von Armut und sozialer Benachteiligung geprägt sind. Spätestens der Hilferuf der Lehrer der Rütli-Schule im Jahr 2006 machte den Stadtteil bundesweit berühmt.
Glücklicherweise ziehen Problembezirke immer auch Kreative an, weil die Mieten lange billig waren. Heute sind hier aber längst nicht nur Künstler zu Hause. Auf einer Tour durch Neukölln entpuppt sich der Bezirk mitunter als verkanntes Idyll. Es gibt verwunschene Gärten, Kopfsteingassen und historische Fachwerkhäuser. Fast ländlich wirkt Neukölln rund um den Richardplatz und die alte Rixdorfer Schmiede südlich der Sonnenallee. Das passt so gar nicht zum alten Schmuddel-Image Neuköllns.
Besonders in Nord-Neukölln, an der Grenze zu Kreuzberg zwischen Landwehrkanal und Sonnenallee, hat sich der Bezirk in den vergangenen Jahren gewandelt. Kreuzkölln nennen deshalb manche Berliner die Gegend, eine Art Hybrid-Kiez also. Und mittendrin: die Weserstraße. Dort reiht sich heute eine Kneipe an die nächste. Die Gäste sind junge Hauptstadttouristen, Backpacker und Studenten. Sie suchen in Neukölln das, was sie von Berlin erwarten: eine lässige Abgeranztheit, neue Musik, Läden mit Oma-Möbeln und ohne Tapeten.
Zum Mythos des jungen Berlins passt auch der «Hüttenpalast». In dem Kreuzköllner Hotel übernachten die Gäste nicht in Zimmern, sondern in Wohnwagen und kleinen Holzhütten in einer alten Fabrikhalle. Die Weserstraße runter liegt einer der Läden, die man erst auf den zweiten Blick als Kneipe erkennt: das «Gelegenheiten». Früher hingen in der ehemaligen Fleischerei Würste und Speck, jetzt sitzen dort junge Menschen mit verfilzten Haaren und Cordhosen und trinken Bier. Und wie um die neue Unbeschwertheit des Stadtteils in Worte zu fassen, hat jemand mit rotem Lippenstift an der Scheibe die Lyrikerin Hilde Domin zitiert: «Ich setzte den Fuß in die Luft, und sie trug.»
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