LSBTQIA*

Ansprechpersonen für LSBTQIA* links Frau Karl, rechts Herr Liebig

Ansprechpersonen für LSBTQIA* Frau Oberstaatsanwältin Karl und Herr Staatsanwalt Liebig

Angriffe – ganz gleich, ob verbal oder physisch – auf andere, weil diese vermutlich oder tatsächlich homo-, bi-, trans- oder intersexuell sind oder kein sonstiges, der heteronormativen Sichtweise entsprechendes Leben führen, gefährden die Demokratie.

Jede Strafanzeige, die wegen solcher Vorfälle erstattet wird, trägt zur Sichtbarmachung des gesellschaftlichen Handlungsbedarfs und damit aber auch zum Schutz der Betroffenen bei. Und dies unabhängig davon, ob ein Tatverdächtigter ermittelt werden kann oder nicht.

Um das Vertrauen der Betroffenen und Hilfesuchenden in unsere Arbeit zur Bekämpfung von Hasskriminalität aufgrund der geschlechtlichen Identität und der sexuellen Orientierung zu stärken, gibt es bei uns Kontaktpersonen speziell für diesen Deliktsbereich. Und in einer Spezialabteilung haben wir Arbeitsabläufe etabliert, die diesem Ziel Rechnung tragen.

Wir arbeiten dafür nicht nur eng mit der Polizei, sondern auch mit zivilgesellschaftlichen Akteur:innen wie beispielsweise dem schwulen Antigewaltprojekt MANEO, dem Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) und anderen NGOs zusammen.

Außerdem bilden sich die beiden Ansprechpersonen als Multiplikatoren auf Fortbildungen und in Seminaren fort, nehmen an Podiumsdiskussionen und Konferenzen teil und werben so für ihre Arbeit. Auch bei öffentlichen Veranstaltungen wie dem „lesbisch-schwulen Straßenfest“ oder dem Christopher-Street sind sie – meist noch mit weiteren Kolleginnen und Kollegen – vertreten.

Die Betroffenen erhalten über den Verfahrensstand durch die Staatsanwaltschaft Berlin jederzeit Mitteilung.

Einige Straftaten, unter anderem Beleidigungen, können nur mit einem Strafantrag verfolgt werden und müssten ohne diesen eingestellt werden. Auf das zwingende Erfordernis weisen die Dezernent:innen die Betroffenen gesondert hin.

Bei manchen Straftaten besteht die theoretische Möglichkeit das Verfahren wegen des fehlenden öffentlichen Interesses aus Opportunitätsgründen einzustellen oder die Betroffenen auf den Privatklageweg zu verweisen. Dies ist jedoch anders bei Fällen die in der Spezialzuständigkeit geführt werden. Das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung wird hier durch die Dezernent:innen mit der gebotenen Sorgfalt geprüft und regelmäßig bejaht.

Ansprechpersonen

Oberstaatsanwältin Ines Karl und Staatsanwalt Marc-Alexander Liebig sind die Ansprechpersonen für LSBTQIA* bei der Staatsanwaltschaft Berlin.

Sie nehmen Strafanzeigen auf, beantworten Fragen zum Ermittlungs- und Strafverfahren, vermitteln Betroffene und Hilfesuchende an das zuständige Fachkommissariat des Berliner Landeskriminalamts und stellen – wenn die Betroffenen das wünschen – Kontakt zu passenden Hilfsorganisationen her.

Handhabung der Verfahren

Zur Bekämpfung von Hasskriminalität aufgrund der geschlechtlichen Identität und der sexuellen Orientierung haben die Ansprechpersonen in den letzten Jahren Abläufe etabliert, um den Betroffenen solcher Straftaten mit der besonders gebotenen Sensibilität gerecht werden zu können.

Einige Verfahren, etwa wegen Beleidigungen, können nur verfolgt werden, wenn binnen drei Monaten durch die Verletzten ein Strafantrag gestellt worden ist. Andernfalls sind den Strafverfolgungsbehörden die Hände gebunden. Um das zu verhindern, weisen die Dezernent:innen die Betroffenen auch von sich aus noch einmal gesondert auf die Notwendigkeit der Stellung eines Strafantrags hin.

Bei anderen Straftaten, etwa einfachen Körperverletzungen, kann ein fehlender Strafantrag auch dadurch ersetzt werden, dass die Staatsanwaltschaft ein „besonderes öffentliches Interesse“ an der Strafverfolgung bejaht. Im Bereich der Hasskriminalität ist die Bejahung des „besonderen öffentlichen Interesses“ die Regel. Denn diese sind nicht nur einen Angriff auf ein Individuum, sondern auf eine gesamte gesellschaftliche Gruppe – und damit demokratiegefährdend.

Bei manchen Straftaten sieht die Strafprozessordnung zudem die Möglichkeit vor, dass die Staatsanwaltschaft das „öffentliche Interesse“ an der der Strafverfolgung verneint. Das Verfahren würde dann eingestellt und es bliebe der oder dem Verletzten selbst überlassen, strafrechtlich gegen die oder den Beschuldigten vorzugehen. Auch hier: Im Bereich der Hasskriminalität geht die Staatsanwaltschaft grundsätzlich davon aus, dass ein „öffentliches Interesse“ an der Strafverfolgung besteht und verweist die Verletzte deshalb nicht auf den sogenannten „Privatklageweg“.

Auch sogenannte „Opportunitätsentscheidungen“ knüpfen an das „öffentliche Interesse“ an: Verfahren können wegen Geringfügigkeit eingestellt werden, wenn kein öffentliches Interesse vorliegt; und sie können gegen eine Auflage (beispielsweise Zahlungen eines Geldbetrages an eine gemeinnützige Organisation oder das Ableisten von mehreren Stunden gemeinnütziger Arbeit – eingestellt werden, wenn diese Auflagen geeignet erscheinen, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen.

Durch die grundsätzliche Annahme, dass im Bereich der Hasskriminalität ein „öffentliches Interesse“ an der Strafverfolgung besteht, ist nur ausnahmsweise Raum für Verfahrenseinstellungen wegen Geringfügigkeit. Und die Hürde dafür, das öffentliche Interesse durch Erfüllung von Auflagen beseitigen zu können, liegt hier deutlich höher.

Schließlich wurde etabliert, dass die Betroffenen solcher Straftaten über den Verfahrensstand durch die Staatsanwaltschaft Berlin jederzeit Mitteilung erhalten. Dies betrifft insbesondere auch den Ausgang eines etwaigen gerichtlichen Strafverfahrens – obwohl eine solche Mitteilung strafprozessual eigentlich nur vorgesehen wäre, wenn die Betroffenen eine solche ausdrücklich beantragen.